Vpro V700 im Test: Gut gedacht, schlecht gemacht

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Max Doll
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Alltagserfahrungen

Bei den von Vpro verbauten Kailh Yellow (PG1511) handelt es sich um mechanische Taster mit linearer Charakteristik. die am einfachsten als Kompromiss zwischen Red und Black-Modellen, die sowohl von Cherry als auch Kailh angeboten werden, beschreiben lassen. Typisch für Taster beider Hersteller im Allgemeinen ist der vier Millimeter lange Federweg, wobei der Signalpunkt bereits nach rund zwei Millimetern Wegstrecke erreicht wird.

Das Auslösen eines Signals erfordert bei schwarzen Versionen beider Hersteller einen Kraftaufwand von 60 Gramm während bei roten MX-Modulen von 45 Gramm benötigt wird. Die gelben Kailh-Taster ordnen sich mit einem Widerstand von 50 Gramm also zwischen den MX-Varianten ein, liegen damit aber nicht höher als die roten Modelle des gleichen Herstellers. Das Erfassen eines Signals wird wie bei allen linearen Tastern nicht taktil, also weder durch eine akustische noch eine haptische Rückmeldung markiert. Ob ein Signal übertragen wurde, lässt sich daher nur auf dem Bildschirm erkennen.

Eigene Stabilisatoren erschweren den Kappenwechsel
Eigene Stabilisatoren erschweren den Kappenwechsel

Durch diese Abstimmung lassen sich die gelben Taster auch als lineare Alternative zu den taktilen brauen Schaltern mit einem Widerstand von 55 Gramm am Signalpunkt betrachten; ein Wert, der in der Regel bei Rubberdome-Tastaturen anzutreffen ist. Prinzipiell macht Vpro Spielern ein verlockendes Angebot, die zwar lineare Taster mit gleichmäßig ansteigendem Widerstand bevorzugen, aber weder mit den leichtgängigen roten noch mit den schwarzen MX-Tastern optimal zurechtkommen. Im Alltagseinsatz fallen die Kailh Yellow insofern zunächst positiv auf: Sie ermüden die Finger im Selbstversuch weniger stark als die eher schwergängigen schwarzen Taster, stellen aber nicht derart hohe Anforderungen an die Treffsicherheit wie rote Modelle – als Kompromisslösung verzeihen die Yellows auch nicht perfekt getroffene Kappen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine subjektive Einschätzung; Taster-Charakteristiken werden individuell unterschiedlich empfunden.

Vpro V700 (Kailh Yellow)

Prinzipiell eine gelungene Abstimmung, die von der qualitativen Umsetzung zunichte gemacht wird. Dem durchwachsenen Ruf von Kailh werden zumindest die in der Vpro V700 verbauten Modelle gerecht. Bereits die akustische Präsenz der Taster bleibt mit einem hellen, metallischen Pingen der Feder nachhaltig im Bewusstsein. Das auf der Audio-Aufnahme noch unterrepräsentierte, weil noch gedämpfte Nachhallen tritt bei jedem einzelnen Taster der V700 gleichermaßen in Erscheinung. Vor allem beim Arbeiten zehrt die penetrante Dauerbeschallung in akustisch auffälligen, hohen Klangfrequenzen nachhaltig an den Nerven, was die Taster als ernsthafte Alternative zu MX-Modellen disqualifiziert. Bei Spielen hält sich der Effekt noch in Grenzen, bleibt aber wahrnehmbar. Für 75 Euro sind Eigenschaften wie diese inakzeptabel.

Wie bei Kailh üblich steigt der Widerstand einer Taste zudem mitunter an, wenn die Kappe am äußeren Rand betätigt wird – ein Phänomen, das zuvorderst größere, aber noch nicht stabilisierte Kappen betrifft. Ursächlich ist offenbar das leichte Ankippen der Kappe, welche zur Verkantung des darunter liegenden Sliders führt. Das Phänomen tritt nicht immer in Erscheinung, führt aber zu einer insgesamt inhomogenen Nutzererfahrung, die MX-Tastern ebenso wie das metallische Nachhallen fremd ist. Von der günstigen Art scheinen die Kappen selbst zu sein: Bei der Demontage mit Kappenzieher zerbrach ein Teil der Kreuzaufnahme. Trotz noch unbeeinträchtigter Funktion wirkt dieser Umstand kaum beruhigend.

Abseits der Taster ist die Verarbeitung der V700 ausreichend. Die Handballenauflage von dezenterer Ausführung unterstützt immerhin kleinere Hände etwas oder bietet den Daumen eine Ablage – wie bei den meisten integrierten Auflagen fehlt es an Fläche. Als gute Idee erweist sich die Programmierung der Tastatur in einer zweiten Ebene, die über den „Gaming Mode“ aktiviert wird. So lässt sich ein Kernfeature der V700 bei Bedarf tatsächlich auch sinnvoll nutzen - was zeigt, dass das Problem der Tastatur nicht das Konzept, sondern dessen Umsetzung ist.

Negativ überraschen kann die V700 nicht nur durch ihre kommunikativen Taster, sondern auch im Bereich des Key-Rollover. Aus dem angekündigten N-Key-Rollover der ersten Pressemitteilung wird beim vorliegenden Exemplar der Tastatur ein Wert von Zwei, wobei auf Verpackung und Homepage jeder Hinweis auf den ursprünglich kommunizierten Wert fehlt. Dort findet sich mittlerweile nur noch die Ankündigung von unspezifischem „Anti Ghosting“, das keine konkreten Resultate verspricht.

2-Key-Rollover („KRO“, Anzahl gleichzeitig zu betätigender Tasten)
2-Key-Rollover („KRO“, Anzahl gleichzeitig zu betätigender Tasten)

Anstatt theoretisch sämtliche Taster gleichzeitig betätigen zu können, sind es also nur zwei Schalter, deren korrekte Erfassung die V700 als untere Schranke garantiert. Im Regelfall überträgt die Vpro zwar vier bis sechs Eingaben plus Modifier korrekt, allerdings unterscheidet sich dieser Wert nicht von günstiger Rubberdome-Technik – mechanische Tastaturen bieten im Allgemeinen stets zumindest 6-KRO im Rahmen der USB-Spezifikation. Dies soll auch die V700 bieten, allerdings erst nach einem Firmware-Update, welches in den kommenden vier bis sechs Wochen erscheinen wird, wie Vpro auf Nachfrage von ComputerBase ankündigte.

Software

Das Zusammenspiel aus dem bereits in der Spielemaus V900 eingesetzten Vpower3-ARM-Prozessor und der Software erlaubt es Nutzern, 106 der 108 Tasten mit Makros oder Verknüpfungen in fünf Profilen neu zu programmieren. Das funktioniert solide, bleibt hinsichtlich der Features, etwa dem Im- und Export von Profilen oder den Freiheiten bei Aufnahme und Abspielen von Makros, hinter Konkurrenzprodukten zurück. Wie auch die Nutzerführung der Software schränkt die Umsetzung den Einsatz aber nicht ein, für die meisten Anwender wird das Gebotene völlig ausreichen.

Dem an sich simplen und übersichtlichen Aufbau der Software stehen jedoch einige Designentscheidungen gegenüber, die den Bedienkomfort unnötig verkomplizieren. So lassen sich zwar Tasten zur Neuprogrammierung anklicken und damit auswählen, der Makro-Editor erlaubt Änderungen jedoch nur umständlich über separate Bedienfelder. Grundsätzlich wäre es förderlicher, wenn die Eingabemöglichkeiten und -strukturen sich an den von Betriebssystemen bekannten Standards orientieren würden. Warum sich Profile zwar benennen lassen, die Bezeichnung aber erst nach deren Aufruf angezeigt wird, ist ebenso unverständlich wie der Konflikt der Software mit der Nutzerkontensteuerung von Windows, die bei jedem Systemstart eine Bestätigung einfordert.

Vpro V700 – Gaming Software v.1.0.2
V700 Gaming Software v.1.0.2
Konfigurierbar Primärtasten vollständig: Makros,
Programm- und Dateiverknüpfungen,
(Maus-)Tastenbelegung, Medien- und Lautstärkesteuerung
Makrotasten nur Medienplayer- und Mute-Taste
Beleuchtung Nein
Gaming-Modus Windows-Taste
Makros Anzahl Unbegrenzt
Länge Unbegrenzt
Wiedergabe Hardware
Ausgabe Einmalig, mehrfach, bis oder während Tastendruck
Vorlagen Nein
Im-/Export Ja
Makro-Aufnahme Editor Ja
Verzögerung Keine, feste/reale Abstände
Editieren Ja
Profile Anzahl 5
Benennung Nein
Autostart Ja, eine .exe
Im-/Export Nein
Besonderheiten
25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.