Internet: Glasfasernetze stoßen in wenigen Jahren an die Grenzen

Norman Wittkopf
109 Kommentare
Internet: Glasfasernetze stoßen in wenigen Jahren an die Grenzen
Bild: Mike Seyfang | CC BY 2.0

Mit dem immer weiter steigenden Datenverkehr im Internet nähert sich auch der Tag, an dem die verfügbare Bandbreite bestehender Glasfasernetze ausgelastet ist. Diesem Umstand hat sich vor wenigen Tagen die Royal Society gewidmet und Lösungsansätze präsentiert, die über das Verlegen neuer Leitungen hinausgehen.

Wie auch Kupferleitungen bieten Lichtleiter keine unbegrenzte Datenübertragungsrate und sind ebenfalls von Eigenschaften wie Frequenzen und dem Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) abhängig. Bisher ließ sich diese Tatsache bei Glasfaserleitungen immer durch eine Signalverstärkung umgehen, jedoch sei mittlerweile ein Punkt erreicht, an dem das nicht mehr funktioniere, so Andrew Ellis von der Aston University, der die Fachtagung organisiert hatte. Die Leitung wird schlicht und einfach ab einer gewissen Lichtintensität übersättigt und das Signal irgendwann unbrauchbar.

Auf dem Treffen der Gelehrtengesellschaft in London waren verschiedene Professoren und andere Experten zugegen, darunter auch René-Jean Essiambre vom französisch-amerikanischen Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent, der die Kapazitätsgrenze auf 100 Terabits pro Sekunde schätzt. Die Backbone-Netze auf Glasfaserbasis könnten dieses Limit seiner Meinung nach bereits in fünf Jahren erreichen.

Vor allem die fortschreitende Verbreitung von Video-on-Demand-Diensten und neue Technologien mit hohem Datenaufkommen, wie das Streaming von Material mit 8K-Auflösung, sind die Ursache für die starke Auslastung. Doch muss es abseits vom Netzausbau nicht zwangsläufig nötig sein auf Regulierung oder Datensparsamkeit zu setzen, um dem nahenden Limit zu entgehen. So wurden unter anderem zwei Konzepte auf der Fachtagung vorgestellt, die das Problem anderweitig angehen.

Polina Bayvel vom University College London präsentierte eine Technik, die Verzerrungen bei hohen Signalstärken kompensieren soll. Durch eine permanente Analyse auftretender Interferenzen bei den Lichtsignalen wird festgestellt, auf welche Art und Weise das Licht verzerrt wurde und der Gegenstelle auf Empfangsseite ermöglicht eine entsprechende Fehlerkorrektur vorzunehmen.

David Richardson von der University of Southampton wiederum forscht an neuen Glasfasern, die mehrere Kerne zur Datenübertragung bündeln, also quasi viele Leiter in einem verkörpern. Diese sind aufgrund der winzigen Kernstrukturen zwar schwieriger zu fertigen und müssen ihre Form zudem über kilometerlange Distanzen weitestgehend bewahren, können aber wesentlich mehr Daten verarbeiten.

Derartige Techniken sollen laut Andrew Ellis der Schlüssel sein, um die Kapazitätsgrenzen auszuweiten. Der Ausbau und die Kommerzialisierung der Methoden könnten dem allerdings noch einen Strich durch die Rechnung machen. Andrew Lord, Forscher beim britischen Telekommunikationsanbieter BT, sieht hingegen keine „Krise“ auf das Internet zukommen. Er vertraut auf den Einfallsreichtum der Wissenschaftler und dass diese die an sie gestellten Erwartungen weiterhin erfüllen.