Selfpublishing: Autoren organisieren fingierte Rezensionen über Facebook

Michael Schäfer
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Selfpublishing: Autoren organisieren fingierte Rezensionen über Facebook

Das Segment der selbst verlegten Bücher steuert auf den ersten Vertrauensverlust zu. So sollen Autoren in der jüngeren Vergangenheit systematisch positive Rezensionen untereinander ausgetauscht haben, ohne die Bücher überhaupt gelesen zu haben. Für die Glaubwürdigkeit der Branche ist diese Entwicklung fatal.

Dies berichtet der Buchreport. Als Hauptanlaufstelle für das Netzwerk soll eine als geheim deklarierte Facebookgruppe mit dem Namen „E-Book-Rezensionen Austausch“ gedient haben. Laut Gruppenbeschreibung dient diese „einzig und allein dem Zweck, Rezensionen für E-Books auszutauschen“, berichtet das Fachmagazin für den Buchhandel in seiner Printausgabe weiter.

In der Gruppe finden sich eine Vielzahl von Aufrufen zur Abgabe von Rezensionen – immer mit dem Angebot, für jede verifizierte positive Kritik den Autor ebenfalls mit einer positiven Bewertung zu unterstützen. Viele Aufrufe sind mit einem Vermerk von anderen Autoren versehen, dass diese das Buch bewertet haben. Die Bewertungen werden in verschiedenen Formen vorgenommen, mal als reine Vergabe von Punkten oder Sternen, mal mit einem kurzen Rezensionstext. Dennoch darf davon ausgegangen werden, dass die Bücher nur in den wenigsten Fällen auch wirklich einen Leser gefunden haben.

Das diese Praxis zu einem nicht zu unterschätzenden Vertrauensverlust führen kann, darüber ist sich auch der Selfpublisher-Verband bewusst. Im Interview drückt der Geschäftsführer des Interessenverbandes Daniel Isberner sein Unverständnis über den Vorgang aus, der seiner Meinung nach nicht nur Autoren schadet, sondern auch Lesern, die „nicht mehr in der Lage sind, sich ein klares Bild von einem Buch zu machen“. Isberner sieht dieses Verhalten einiger Autoren jedoch nicht stellvertretend für den gesamten Selfpublishing-Bereich. Ihm sei allerdings bewusst, dass mittlerweile eine ganze Branche entstanden ist, die sich auf positive Bewertungen bei diversen Händlern spezialisiert habe. Die Bezeichnung Rezension hätten diese Beiträge allerdings nicht mehr verdient.

Nicht nur Selfpublisher haben mit diesen Freundschaftsdiensten zu kämpfen. Amazon, prominente Anlaufstelle für gekaufte Bewertungen, geht aktuell gerichtlich gegen ausgewählte Anbieter vor (Klageschrift als PDF-Datei). So wird der Betreiber der Webseite buyazonreviews.com beschuldigt, Rezensionen auf Amazon in einem Bereich von 19 bis 22 US-Dollar angeboten zu haben, abhängig vom jeweils gewählten Paket. Auch gegen buyamazonreview.com, bayreviews.net und buyreviewsnow.com hat der Versandhändler Klage erhoben. Die Dienstleister sollen dabei oftmals recht einfallsreich vorgegangen sein: Da Amazon verifizierte Rezensionen nur bei tatsächlich versendeter Ware ermöglicht, soll buyazonreviews.com Anbieter der Produkte, die bewertet werden sollten, dazu angehalten haben, leere Pakete an teilnehmende Rezensenten zu verschicken.

Laut Amazon würden solche gekauften Bewertungen das Vertrauen ihrer Kunden belasten und somit die Marke Amazon beschädigen. Nicht verboten ist auf Amazon hingegen die Abgabe von Bewertungen gegen die Überlassung des zu bewertenden Produktes, sofern das Fazit der Bewertung nicht vorgegeben wird. Firmen, mit Vine aber auch der Händler selber, fördern dieses Vorgehen seit Jahren.

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