Smartphones: Provider wollen Mobil-Werbung blockieren

Andreas Frischholz
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Smartphones: Provider wollen Mobil-Werbung blockieren

Im Kampf mit den Internetriesen wie Apple, Google und Yahoo wollen die Mobilfunkanbieter künftig zu harten Bandagen greifen. So berichtet die Financial Times, dass mehrere Netzbetreiber planen, künftig Online-Werbung im Mobil-Bereich zu blockieren.

Die Namen der entsprechenden Mobilfunkanbieter werden allerdings nicht genannt. So heißt es in dem Bericht lediglich, dass eines der Unternehmen rund 40 Millionen Kunden haben soll. Und von einem europäischen Mobilfunkbetreiber hat die Financial Times erfahren, dass dessen Rechenzentren bereits mit dem Werbeblocker ausgestattet wurden und dieser noch vor Ende dieses Jahres aktiviert werden soll.

Die Technologie wurde von dem israelischen Start-up Shine entwickelt. Mit dieser soll sich verhindern lassen, dass Webseiten und Apps auf mobilen Begleitern wie etwa Smartphones die meisten Werbeformen laden. Lediglich „In-Feed“-Anzeigen, die etwa von sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter eingesetzt werden, sollen nicht von der Blockade-Software betroffen sein. Advertorials, d.h. Werbung, die im Design der Seite gehalten und in die normalen Inhalte eingebunden ist, naturgemäß ebenfalls nicht.

Sollten die Mobilfunkanbieter die Pläne tatsächlich umsetzen, könnte das erhebliche Folgen für Werbegiganten wie Google und werbefinanzierte Internetdienste haben – weswegen das Vorhaben auch als „die Bombe“ beschrieben wird. Denn die Bedeutung von Mobil-Werbung ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. So wird in diesem Jahr mit Umsätzen von rund 69 Milliarden US-Dollar gerechnet, womit sich die Summe binnen zwei Jahren mehr als verdreifacht hat.

Diese Entwicklung könnte allerdings ein jähes Ende haben, wenn die Angaben von Shine zutreffen. Demnach sollen bereits Ende dieses Jahres weltweit mehr als zehn Millionen Mobil-Nutzer die Option erhalten, Werbeeinblendungen zu blockieren. „Wenn die Anzahl wächst, könnte das verheerende Auswirkungen für die Online-Werbebranche haben“, sagte Roi Carthy, der Marketing-Vorstand von Shine.

Laut dem Bericht der Financial Times bestätigte zumindest ein europäischer Mobilfunkanbieter, dass mehrere Provider bereits Ende dieses Jahres die Werbeblocker einführen wollen. Allerdings ist noch nicht abschließend geklärt, wie diese in der Praxis aussehen sollen. Derzeit tendieren die Mobilfunkanbieter offenbar zu der Lösung, Nutzern den werbefreien Mobil-Zugang optional anzubieten – wahrscheinlich gegen eine zusätzliche Gebühr.

Machtkampf zwischen Netzbetreibern und Internetriesen

Mit der Werbeblocker-Bombe zielen die Mobilfunkanbieter vor allem auf Branchengrößen wie Apple, Google und Yahoo. Denn seit Langem lautet der Vorwurf: Die Netzbetreiber müssten die Investitionen für den Breitbandausbau stemmen, doch die Gewinne würden letztlich nur marginal ausfallen. Die großen Profiteure wären hingegen die Internetunternehmen, die – auch aufgrund der schnellen Netze – Milliardenbeträge erwirtschaften.

Daher wollen die Netzbetreiber auch die Internetdienste zur Kasse bitten. Diese weigern sich allerdings. Beispielhaft für diese Haltung ist etwa die Aussage von Netflix-Chef Reed Hastings im Oktober 2014: „Wir sollten nicht für eure Netze zahlen müssen, wenn ihr nicht für unsere Inhalte zahlt.

Die Fronten sind also verhärtet. Dementsprechend wird der Mobil-Werbeblocker von den Netzbetreibern als Druckmittel interpretiert, um die Internetdienste wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen. Wenn Google etwa keine Mobil-Werbung mehr ausliefern könne, sinken die Umsätze. Und damit wäre der Konzern eher bereit, einer Abgabe an die Netzbetreiber zuzustimmen, so das Kalkül. So wäre es etwa denkbar, die Online-Werbung von Google zunächst nur „für eine Stunde oder einen Tag“ zu blockieren, heißt es etwa in dem Bericht der Financial Times.

Sowohl rechtlich als auch politisch sind diese Pläne allerdings äußerst fragwürdig. Im Vergleich zu den herkömmlichen Werbeblockern handelt es sich bei diesem Vorhaben um einen Verstoß gegen die Netzneutralität. Denn es ist der Mobilfunkanbieter – und nicht der Nutzer –, der mit einer Blockade-Software in den Datenverkehr eingreift. Es bestehen also erhebliche Zweifel, ob sich diese Form der Werbeblocker mit den Netzneutralitätsvorgaben in Europa und den USA vereinbaren lassen.

Außerdem verweist ein Google-Sprecher auf die Folgen für die Internetwirtschaft. Demnach würden Nutzer für einen mobilen Internetzugang zahlen, um auf Internetdienste wie Apps, Videostreams und Chats zugreifen zu können. Und viele dieser Angebote würden durch Werbeeinnahmen finanziert und damit erst ermöglicht werden.

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