BND-Skandal: Möglicher Kompromiss zwischen Regierung und Bundestag

Andreas Frischholz
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BND-Skandal: Möglicher Kompromiss zwischen Regierung und Bundestag
Bild: Marga en Johan van de Merwe | CC BY 2.0

Im Streit um die Frage, wer Einsicht in die Liste mit den NSA-Suchbegriffen erhält, nähern sich Bundesregierung und Bundestag an. Sofern ein Ermittlungsbeauftragter vom Parlament ernannt wird, handele es sich bei dem Vorschlag um einen potentiellen Kompromiss, erklärt Bundestagspräsident Norbert Lammert im Spiegel.

Bei dem Sonderermittler handelt es sich nach den Vorstellungen der Bundesregierung um eine Person, die anstelle der parlamentarischen Kontrollgremien und des NSA-Ausschusses einen Einblick in die Liste mit den NSA-Suchbegriffen erhalten soll. In dieser Form ist die Idee für Lammert allerdings nicht akzeptabel. Er halte es für abwegig, dass der Ermittlungsbeauftragte allein von der Bundesregierung bestellt wird. Stattdessen könne er sich vorstellen, dass der Bundestag zwei Personen mit der Aufgabe betraut – und dabei wird einer von der großen Koalition und einer von der Opposition ernannt.

Grundsätzlich finde ich die Überlegung, einen oder mehrere Ermittlungsbeauftragte einzusetzen, durchaus diskussionswürdig“, so Lammert. Erstaunlich ist, dass dieser Vorschlag von Vertretern der Opposition nicht direkt abgelehnt wird. So signalisiert etwa Linken-Fraktionschef Gregor Gysi auf Twitter, dass man über die vom Parlament ernannten Ermittlungsbeauftragten sprechen könne.

Die Kernfrage ist nur: Darf ein Sonderermittler bei der Aufklärung des BND-Skandals mehr Rechte – und damit auch Dokumente – erhalten als die parlamentarischen Kontrollgremien? Laut einem Gutachten vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags, das dem Spiegel vorliegt, lautet die Antwort: Nein. Demnach wäre es rechtswidrig, wenn das Kanzleramt die Liste mit den NSA-Suchbegriffen einem Sonderermittler vorlegt, doch dem NSA-Ausschuss die Einsicht verweigert. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um als geheim klassifizierte Dokumente handelt. Denn letztlich sei der Sonderermittler nur eine Hilfsperson des Parlaments und könne dementsprechend nicht die Arbeit eines Untersuchungsausschuss ersetzen.

Keine Lösung für Dilemma der Regierung in Sicht

Das Problem für die Bundesregierung ist allerdings, dass der Sonderermittler auf diese Weise seinen Zweck verfehlt. Denn auf der einen Seite fordern die parlamentarischen Kontrollgremien, dass das Kanzleramt einen Einblick in die Liste mit den NSA-Suchbegriffen gewährt, die der BND in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist hatte. Auf der anderen Seite stehen allerdings die US-Behörden, die dem Kanzleramt die Zustimmung für diesen Schritt verweigern – und offenbar mit Konsequenzen drohen, falls das Kanzleramt doch die Liste mit den NSA-Suchbegriffen an die Parlamentarier übermittelt. Mit dem Sonderermittler wollte man nun dieses Dilemma auflösen. Wenn dieser allerdings nicht der einzige Aufklärer ist, der Einblick in die Liste mit den Suchbegriffen erhält, wäre der Versuch hinfällig.

Entgegen einiger Meldungen soll es bislang allerdings noch zu keinen Einschränkungen bei der Kooperation der Geheimdienste gekommen sein. So antwortete der im Kanzleramt für die Geheimdienste zuständige Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz, dass er Berichte über eine eingeschränkte Zusammenarbeit zwischen US-Geheimdiensten und Bundeswehr im Irak nicht bestätigen könne (PDF-Datei). Es gebe allerdings „deutliche Anzeichen“, dass die Art und der Umfang der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit von „wichtigen Partnern“ auf den Prüfstand gestellt werden. Der Grund wären unter anderem die Medien-Enthüllungen im Umfeld des NSA-Ausschusses. „Verloren gegangenes Vertrauen ist schon jetzt spürbar“, tatsächliche Einschränkungen werde man aber womöglich erst später feststellen, so Fritsche.

Ob sich die Parlamentarier von solchen Aussagen beeindrucken lassen, ist allerdings zweifelhaft – zu groß sind die Missstände beim BND, die im Rahmen der Aufklärungsarbeit bekannt wurden. So gesehen ist es wenig verwunderlich, wenn Bundestagspräsident Lammert mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht rechnet. Wenn im Streit zwischen den Aufklärern und dem Kanzleramt „keine überzeugende Lösung gefunden wird“, könne man davon „beinahe sicher ausgehen“, sagte Lammert im Spiegel.

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