Spionage-Skandal: Geheimdienst-Kontrolleure stoppen BND-Überwachung

Andreas Frischholz
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Spionage-Skandal: Geheimdienst-Kontrolleure stoppen BND-Überwachung
Bild: Daniele Devoti | CC BY 2.0

Die G10-Kommission hat zwei vom Bundesnachrichtendienst (BND) beantragte Überwachungsmaßnahmen nicht genehmigt. Hintergrund ist der Streit um die Freigabe der NSA-Suchbegriffe, berichtet die Tagesschau unter Berufung auf Informationen des ARD-Hauptstadtstudios.

Mit diesem Schritt wollen die Geheimdienst-Kontrolleure demnach den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Bereits vor zwei Wochen hatten die Mitglieder der G10-Kommission angekündigt, Anträge des BND solange restriktiver zu behandeln, bis das Kanzleramt einen Einblick in die Liste mit den NSA-Suchbegriffen (Selektoren) gewährt. Da das bislang nicht passiert ist, wurden nun die beiden Überwachungsmaßnahmen gestoppt. Eine soll sich mit illegalen Waffenexporten befasst haben, doch laut dem Bericht der Tagesschau wurden diese vor zwei Wochen ohnehin nur befristet genehmigt.

Sowohl die parlamentarischen Kontrollgremien als auch die Opposition fordern nach wie vor, dass die Liste mit den NSA-Suchbegriffen freigegeben wird. Auf diese Weise will man nachvollziehen, welche Ziele der BND im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes ausspioniert hat. Denn bis dato ist immer noch nicht klar, auf welche europäischen Firmen und Politiker es die NSA nun genau abgesehen hatte.

Doch das Kanzleramt blockt die Anfragen bislang ab und verweist auf die fehlende Zusage der US-Regierung – obwohl mittlerweile mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass diese auch nicht erfolgen wird. Die Sorge ist, dass die amerikanischen Dienste die Kooperation mit dem BND einschränken. So soll die NSA bereits vor einigen Wochen die gemeinsame Internet-Überwachung im Standort Bad Aibling eingestellt haben. Und laut einem Bericht der Bild sollen die amerikanischen Geheimdienste die Zusammenarbeit bei einem Projekt gestoppt haben, dass den Einsatz der Bundeswehr im Irak betrifft. Der Grund: Durch die Aufklärungsarbeit des NSA-Ausschusses im Bundestag würden zu viele als geheim klassifizierte Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen.

Geheimdienst-Streit kein Thema für G7-Gipfel

Trotz des diplomatischen Ärgers soll der Streit jedoch nicht auf dem G7-Gipfel thematisiert werden, der am Wochenende in Bayern stattfindet. So erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) laut einem Bericht von Heise online, sie wolle mit US-Präsident Barack Obama nicht über die Herausgabe der NSA-Suchbegriffe sprechen. Stattdessen betonte Merkel erneut, wie wichtig die Kooperation zwischen deutschen und amerikanischen Diensten sei: „Auch wenn wir unterschiedliche Auffassungen in einigen Fragen haben und diese Punkte klären müssen, ist und bleibt die Partnerschaft mit den USA in unserem ureigenen deutschen Interesse.

Ob die parlamentarischen Kontrollgremien einen Einblick in die NSA-Suchbegriffe erhalten, will Merkel zudem erst dann entscheiden, wenn die entsprechende Anfrage des Kanzleramts offiziell von der US-Regierung abgelehnt wurde. Für diesen Fall arbeitet die Bundesregierung mittlerweile auch an einer Kompromisslösung: Ein Sonderermittler soll Einsicht in die NSA-Suchbegriffe erhalten und dann die parlamentarischen Kontrollgremien und den NSA-Ausschuss über die Erkenntnisse informieren. Von der Opposition wird dieser Vorschlag allerdings abgelehnt. Ob die US-Regierung bei diesem Manöver mitmacht, ist bislang nicht bekannt.

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