Designierter BSI-Präsident: Selbst das Innenministerium kritisiert Lobby-Vergangenheit

Andreas Frischholz
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Designierter BSI-Präsident: Selbst das Innenministerium kritisiert Lobby-Vergangenheit
Bild: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Die Kritik an dem designierten BSI-Präsidenten Arne Schönbohm reißt nicht ab. Dessen Lobby-Vergangenheit ist nicht nur Netzaktivisten und Oppositionspolitkern ein Dorn im Auge, selbst innerhalb des Innenministeriums – das für die Ernennung des BSI-Präsidenten zuständig ist – war der Kandidat lange Zeit umstritten.

Dass Schönbohm zum neuen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ernannt werden soll, hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) in der letzten Woche angekündigt. Am 1. Februar soll er die Nachfolge von Michael Hange antreten, der die BSI-Führungsetage altersbedingt verlässt. Bedeutend ist die Personalie, weil die Behörde praktisch die zentrale Anlaufstelle für die IT-Sicherheit in Deutschland ist.

Innenministerium genervt von Schönbohms Lobby- und Beratertätigkeiten

Daher ist es auch umso erstaunlicher, dass mit Schönbohm nun ein Kandidat vorgestellt wurde, der in der Öffentlichkeit bis dato weniger durch technische Kompetenz aufgefallen ist, sondern vielmehr durch Lobby- und Beratertätigkeiten – also kurz „Cyber-Bullshiting“, wie es die CCC-Sprecherin Constanze Kurz formuliert. Zu seinen Aktivitäten zählt etwa auch der Vorsitz in dem Verein „Cybersicherheitsrat Deutschland“, der im August 2012 gegründet wurde, um „Unternehmen, Behörden und politische Entscheidungsträger im Bereich Cyber-Sicherheit zu beraten“.

Und genau dieser Verein ist es auch, den Mitarbeiter im Innenministerium als Affront auffassen, wie der Spiegel in der aktuellen Ausgabe meldet. Das liegt allein schon an der Namenswahl, denn erst 17 Monate zuvor hatte die Bundesregierung den „Nationalen Cyber-Sicherheitsrat“ gegründet, der dem Innenministerium untersteht. Zudem sparte Schönbohm auch nicht mit Kritik. So sei das IT-Sicherheitsgesetz der Bundesregierung seiner Ansicht nach ein Fehlschlag. „Eigentlich ist das Bundesinnenministerium mit seinem Kampf gegen Cyberattacken gescheitert“, so der Kommentar von Schönbohm in einem Interview mit der Welt.

Dementsprechend verärgert reagierten Mitglieder des „Nationalen Cyber-Sicherheitsrats“, als Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen den Verein von Schönbohm im Frühjahr als „wichtige Institution“ bezeichnete. Danach lautete die Vorgabe von dessen Ministerialdirigenten, der für den Cyber-Sicherheitsrat der Bundesregierung zuständig ist: „Jegliche Aufwertung des Vereins, beispielsweise durch die Unterstützung von Veranstaltungen“, müsse unterbleiben. Eine klare Abgrenzung soll sichergestellt werden.

Scharfe Kritik von Opposition und Netzaktivisten

Zwar verteidigt ein Sprecher des Innenministeriums die Ernennung von Schönbohm mit seiner „fachlichen Expertise“. Doch sowohl innerhalb des BSI als auch unter Oppositionspolitiker und Netzaktivisten ist er weiterhin äußerst umstritten. Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, erklärte etwa auf Anfrage des Spiegel: Dass in diesen Zeiten ein „Lobbyist aus der Privatwirtschaft“ an die Spitze des BSI gesetzt wird, ist „nicht nur eine Taktlosigkeit, es zeugt von massiver Ahnungslosigkeit des Innenministers“.

Ähnlich fällt die Einschätzung von CCC-Sprecherin Constanze Kurz in einem Beitrag für Netzpolitik.org aus. Trotz der immer „wieder geäußerten Kritik am BSI war doch bisher unumstritten, dass das Amt einer der wenigen Horte technischer Expertise in Regierungsnähe war – auch an der Amtsspitze“. Doch mit Schönbohm ändere sich das nun, weil dessen primäre Qualifikation bis dato aus dem „Verkauf teurer, aber oft überflüssiger Lösungen an Regierungen“ bestehe. Daher sei seine Ernennung ein fatales Signal in einer Zeit, in der die IT-Sicherheit generell unter einer Vertrauenskrise leide.