HTC Vive: Erfahrungen nach sieben Tagen in der virtuellen Realität

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Jan-Frederik Timm (+2)
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Controller- und Headset-Tracking

Als sehr gut hat sich über die letzten sieben Tage das Tracking von Headset und Controllern erwiesen. Anfängliche Irritationen konnten durch das Schließen der Jalousien bei einfallendem Sonnenlicht gänzlich abgestellt werden, seitdem erfolgt die Erfassung der Bewegungen des Spielers über alle drei Ankerpunkte einwandfrei (Valve rät, auch Spiegel aus dem Zimmer zu verbannen). Die Geschwindigkeit, mit der Kopf oder Arme bewegt werden, spielt dabei keine Rolle. Das ist durchaus beachtlich, werden in einigen Spielen mit Pistole oder Schwert doch hohe Geschwindigkeiten erreicht.

Neue VR-Controller
Neue VR-Controller

Einzig und allein beim Start eines neuen Spiels hängt die Synchronisation von Zeit zu Zeit noch: Dann finden sich die Controller nicht exakt dort, wo sie in der virtuellen Welt dargestellt werden. Sobald sie gefunden und leicht bewegt worden sind, stimmt die Position wieder. Nur mit einer Haltung der Redakteure hatte selbst die gegenüberliegende Aufstellung der Basisstationen ein Problem: Wenn beide Controller direkt neben das Headset gehoben werden. Von praktischem Nutzen ist das allerdings nicht.

Spieler sollten sich allerdings daran gewöhnen, die Controller einzuschalten, bevor sie das Headset aufsetzen – nur dann werden sie in der virtuellen Welt auch angezeigt.

Viel mehr Pixel bleiben zu wenig

Mit einer kombinierten Auflösung von 2.160 × 1.200 Pixeln löst die HTC Vive deutlich höher auf als die vielen Enthusiasten bekannte Oculus als Development Kit 2 (DK2), die Pixel bleiben in Spielen aber weiterhin jederzeit sichtbar. Je heller die Fläche oder je Stärker der Kontrast zwischen zwei aneinander grenzenden Flächen, desto deutlicher fällt das auf. Auch entfernte Objekte, die mit weniger Pixeln auskommen müssen, fallen naturgemäß verschwommener aus als Objekte direkt vor den Augen des Nutzers. Ignorieren kann die „geringe Auflösung“ auch nach einer Woche niemand in der Redaktion.

Trotzdem ein entscheidender Fortschritt

Nichtsdestoweniger bedeutet die Auflösung der ersten kommerziell verfügbaren Brillen einen deutlichen Fortschritt. In der Rennsimulation Live for Speed ist der Zuwachs an Schärfe mit deutlich mehr Fahrspaß verbunden. Das Cockpit und die aktuelle Rundenzeit auf dem HUD lassen sich gut ablesen, mit Oculus DK2 war das noch nicht möglich. Auch Wegmarken bis zur nächsten Kurve können abgelesen werden. Und auch in allen anderen Titeln ist die Präsentation, so pixelig sie bleibt, wesentlich klarer als mit den bekannten Entwicklerversionen. Objekte "direkt vor den Augen" sehen sogar sehr überzeugend aus.

Hinweis zu dem nachfolgenden Bild: Es dient der Veranschaulichung und gibt Farben und Kontrast nicht so wieder, wie das menschliche Auge beim Tragen der Brille sie wahrnimmt. Das zweite Bild lässt eine Einordnung, wie groß der fotografierte Bereich im Vergleich zum aktuellen Sichtfeld ist, zu.

Schriften sind die Achillesferse

Wie negativ dieser Punkt zu werten ist, hängt nicht nur von persönlichen Ansprüchen, sondern auch vom Spiel ab. Die Menüs und das HUD von Elite: Dangerous sind ein aktuelles Negativbeispiel: Die weiße oder orange Schrift auf schwarzem Grund ist so klein, dass sie nur beim direkten Blick auf die Menüs gelesen werden kann. Reine VR-Titel umgehen dieses Problem in vielen Fällen durch größere Schrift.

Trotzdem ist es auch in Hover Junkers die Schrift mit Instruktionen am Schießstand, die nur dann gut zu lesen ist, wenn der Spieler sie durch das Zentrum der Linsen betrachtet. Und das Zielen über Kimme und Korn wird erheblich leichter, wenn die Waffe nahe vor dem Gesicht gehalten wird, weil dann mehr Pixel für Kimme und für Korn zur Verfügung stehen – so halten will die Waffe auf Dauer aber niemand im Spiel.

Fazit: Wer mit der HTC Vive spielt, sieht Pixel. Er selbst und der Entwickler entscheiden allerdings, wie negativ das im Spiel auffallen muss. Trotzdem: Höhere Auflösungen bei späteren Brillen werden das Kaufargument schlechthin sein.

Fresnel-Linsen und Blickfeld

Mehreren Spielern im Alltag nicht aufgefallen, sind die Kreise der Fresnel-Linse. Nur darauf angesprochen, zeigt sich deren Schraffierung auf hellen Hintergründen. Wer das Thema aus dem Fokus rückt, ist von dieser optischen Einschränkung in Spielen nicht betroffen. Im Konfigurationsraum mit geöffnetem Steam Dashboard hingegen schon.

Die Struktur der Fresnel-Linse
Die Struktur der Fresnel-Linse

Den ein oder anderen Käufer überraschen dürfte wiederum die Tatsache, dass das Blickfeld im peripheren Bereich eingeschränkt bleibt: Die Ränder der Brille sind links und rechts vom Auge sicht- und im Spiel je nach Konzentration auf den Spielinhalt auch dauerhaft wahrnehmbar. Je dunkler der Bildschirminhalt und je stärker die Immersion, desto weniger bekommen Spieler aber davon mit.

Wer eine Brille trägt, deren Abstand zu den Augen größer ist, der muss die Linsen der Brille über zwei Drehknäufe ein Stück von den Augen weg bewegen – das Sichtfeld wird dadurch noch etwas schmaler.

Tragekomfort und Kabelwirrwarr

Ohne Kabel wiegt die HTC Vive Pre 555 Gramm. Das klingt viel, ist aber keinem der fünf beteiligten Redakteure in der letzten Woche negativ aufgefallen. Durch zwei Klettverschlüsse lässt sich die Brille vor oder nach dem Aufsetzen sehr schnell auf unterschiedliche Kopfumfänge einstellen.

Die Brille sitzt auf unterschiedlichen Köpfen sicher und bequem
Die Brille sitzt auf unterschiedlichen Köpfen sicher und bequem

Zwei Brillenträger in der Redaktion hatten bisher keine Probleme, die HTC Vive mit denselben Einstellungen wie Kontaktlinsenträger zu nutzen, zur Kondenswasserbildung auf der Linse selbst kam es bisher nicht. Der Pupillenabstand kann zwischen 60,8 und 75,8 Millimetern variiert werden.

Nicht nur das Gewicht der Brille, auch das des über den Nacken verlaufenden Kabelstrangs fällt beim Spielen nicht auf. Dass ein Kabel an der Brille hängt, hingegen schon: Je bewegter die Room-Scale-VR-Erfahrung, desto häufiger wird auf das Kabel getreten oder muss auch einmal darüber hinweg gestiegen werden. Gestolpert ist innerhalb einer Woche aber niemand der Redakteure. Selten kam es vor, dass ein Controller mit dem Kabel in Berührung kam.

Die Controller fühlen sich sehr gut an

Die beiden Controller liegen wiederum sehr gut in der Hand, alle Knöpfe geben ein gutes Feedback. Schwitzende Hände fördern sie nicht. Das haptische Feedback, sofern von Spielen unterstützt, ist gut umgesetzt. Zu vermeiden ist, dass die Photodioden für das Tracking zerkratzen. Weil sie in Vertiefungen eingelassen sind, kann das durch Kollisionen mit einer Wand aber nicht passieren – hier ist der Aufbewahrungsort nach dem Spielen entscheidender.

Eine Kamera gegen das Absetzen

Indirekt erhöht die installierte Kamera den Tragekomfort. Einmal eingerichtet, erscheint neben dem zur Navigation im Steam Dashboard genutzten Controller in der virtuellen Welt die Videoaufnahme der Umgebung für die Brille. Um es groß und damit detailliert zu betrachten, muss der Controller senkrecht vor das Gesicht gehalten werden. Der Spieler sieht sein Gegenüber, sollte denn eine andere Person Grund für den Schritt in die Realität sein, damit direkt an.

HTC Vive Pre
HTC Vive Pre

Wer sich unterhalten will, wird das Headset weiterhin absetzen – neben der Höflichkeit gebietet das auch die Auflösung. Für eine kurze Rückfrage in der Redaktion oder die Suche nach einer Flasche Wasser erwies sich die Funktion aber wiederholt als sehr hilfreich.

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