Amazon Kindle: Ein Rückblick auf neun Jahre E-Book-Reader

Michael Schäfer
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Amazon Kindle: Ein Rückblick auf neun Jahre E-Book-Reader

Vorwort

2007 veröffentlichte Amazon mit dem Kindle den ersten eigenen E-Book-Reader. Wie seinerzeit Apple beim ersten iPhone und der Kategorie Smartphones hat der Online-Händler diese Art von Lesegeräte zwar nicht erfunden, aber durch ein neues Konzept und inhaltliches Angebot sowie einfachen Handhabung ohne umständliches Adobe-DRM letztendlich dem digitalen Buch zum Durchbruch verholfen und somit den bis dahin nur von wenigen Nutzern beachteten E-Book-Markt geprägt wie kaum ein anderer.

Mit dem Kindle Oasis hat Amazon seit zwei Wochen ein neues Flaggschiff im Sortiment, das der bisher polarisierenste E-Book-Reader des Online-Händlers ist. Das Interesse der Kunden hat Amazon dennoch geweckt, der Reader ist derzeit weltweit ausverkauft. Grund genug, einmal auf fast neun Jahre Kindle-Geschichte zurückzublicken.

Kindle 1 – Der Ur-Kindle

Mit dem Kindle ohne Namenszusatz betrat Amazon am 19. November 2007 zum ersten Mal als Hardwarehersteller die Bühne. Das Display maß schon damals die für heute typische Größe von sechs Zoll, das unbeleuchtete Vizplexx-Panel von E-Ink löste jedoch gerade einmal mit 600 × 800 Bildpunkten auf und konnte lediglich vier Graustufen darstellen. Auch die restliche Darstellungsqualität hatte weniger zu bieten, der Kontrast fiel an aktuellen Modellen gemessen sichtbar geringer aus und der Bildschirm war deutlich matter. Einen Touchscreen gab es nicht, die Bedienung erfolgte über ein Scrollrad, Tasten sowie eine QWERTY-Tastatur.

Kindle 1
Kindle 1 (Bild: Amazon)

Der Ur-Kindle ist bis heute der einzige Reader der Serie, welcher aufgrund des limitierten internen Speicher von lediglich 256 Megabyte per Speicherkarte erweiterbar war. Über den integrierten Lautsprecher oder den Kopfhöreranschluss konnten darüber hinaus Audiodateien wiedergeben werden.

Nur in den USA erhältlich, verfügte der Kindle schon über die noch heute verwendete 3G-Funktion, mit der Nutzer Inhalte direkt über den Reader aus dem Amazon-Shop beziehen konnten. Dieser umfasste nach Einführung bereits 250.000 Titel, bei welchen Amazon schon früh auf das eigene AZW-Format setzte. Die restliche Format-Unterstützung fiel damals wie heute gering aus.

Kindle 2 mit neuem Geschäftsmodell

Am 9. Februar 2009 stellte Amazon den Nachfolger des ersten Kindle vor, welcher am 23. Februar in den USA in den Verkauf gelangte. Neben einem moderneren Design und der Halbierung der Dicke auf 18 Millimeter, einer längeren Akkulaufzeit sowie einer leicht veränderten Bedienung wies dieser vor allem einen 20 Prozent schnelleren Seitenaufbau auf. Ermöglicht wurde dies unter anderem durch die Verwendung eines ARM11-SoC von Freescale, welcher mit 532 Megahertz taktete. Der Speicherplatz wuchs auf zwei Gigabyte an, von dem aber wie bei den folgenden Readern lediglich 1,4 Gigabyte für eigene Inhalte zur Verfügung standen – dafür entfiel die Erweiterung per Speicherkarte. Das nach wie vor auf der Vizplexx-Technologie beruhende Display konnte nun acht Graustufen darstellen, die restlichen Spezifikationen blieben gegenüber dem Vorgänger gleich.

Als Besonderheit brachte die zweite Kindle-Ausgabe eine Text-To-Speech-Funktion mit, über die sich Nutzer ein Buch auch vorlesen lassen konnten. Autoren war die künstliche Stimme jedoch ein Dorn im Auge: Neben der schlechten Qualität war der Hauptkritikpunkt, dass Amazon aus digitalen Büchern Hörbücher mache, für die der Online-Händler keine Lizenzen besaß. Der Protest bewog Amazon dazu, die auf der Plattform angebotenen E-Books mit einer Option zu versehen, mit der die Autoren ihre Bücher für die Audioausgabe sperren konnten.

Kindle 2
Kindle 2 (Bild: Amazon)

Der Kindle 2 wurde zunächst für 359 US-Dollar eingeführt und lag somit preislich nur geringfügig unter dem Niveau des Vorgängers, wurde aber im Laufe der nächsten Monate mehrfach im Preis gesenkt, bis er schließlich im Juni 2010 für 189 US-Dollar angeboten wurde. Dies war das erste Mal, dass Amazon einen E-Book-Reader zum Selbstkostenpreis verkaufte, um den Gewinn über die veräußerten Inhalte zu generieren.

Um die neue Form des Lesens etablieren zu können verkaufte Amazon bis 2011 die angebotenen E-Books deutlich unter Einkaufspreis. Dies freute Kunden und Autoren, welche aufgrund der niedrigen Preise viele Bücher kaufen und verkaufen konnten. Im stationären Buchhandel kostete der Preiskampf dagegen vielen Buchhändlern die Existenz, da die Absatzzahlen aufgrund der tiefpreisigen Konkurrenz einbrachen. Erholen konnte sich der traditionelle Handel davon bis heute nicht vollends, selbst viele mittelgroße Städte in den USA verfügen heute nicht mehr über einen lokalen Buchhändler. Dies kommt wieder Amazon zugute: Heute werden rund 75 Prozent aller Print-Verkäufe in den USA über den Online-Händler abgewickelt – was für diesen nach wie vor ein wirkungsvolles Druckmittel bei Verhandlungen mit den Verlagen in den USA darstellt.

Auf der Frankfurter Buchmesse kündigte Amazon Im September 2009 an, die zweite Ausgabe des Kindle demnächst offiziell in Deutschland anzubieten, was aber erst mit dem Nachfolger der Fall war.

25 Jahre ComputerBase!
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