WWDC 2016

Apple: Große Veränderungen für Kameras unter iOS 10

Nicolas La Rocco
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Apple: Große Veränderungen für Kameras unter iOS 10

Im Rahmen der WWDC 2016 hat Brad Ford, bei Apple in den Core-Media- und AV-Foundation-Capture-Teams tätig, Entwicklern während Session 501 einen Einblick in die neuen Kamera-Fähigkeiten unter iOS 10 gegeben. Hierzu zählen unter anderem Live Photos für Apps von Drittanbietern und die Unterstützung von DNG als RAW-Format.

Mit iOS 10 verändert sich viel

Unter iOS 10 können Entwickler deutlich mehr mit den Kameras von iPhone und iPad bewerkstelligen. Zur Auswahl stehen die Bearbeitung von Live Photos, die Ausgabe als RAW im DNG-Format, eine neue Methode, um Vorschaubilder (Thumbnails) zu erstellen, und Fotoaufnahmen mit erweitertem Farbraum.

In der Session gibt Apple aber nicht nur einen Ausblick auf die neuen Fähigkeiten von iOS 10. Die gezeigten Neuerungen lassen auch über die Fähigkeiten und Hardware zukünftiger Apple-Produkte spekulieren, zum Beispiel die des iPhone 7.

Live Photos für Drittanbieter

Live Photos, Apples Mischung aus einem Kurzfilm und einem Foto mit voller Auflösung, kann aktuell nur die ab Werk auf dem iPhone oder iPad installierte Kamera-App schießen. Mit iOS 10 fällt diese Einschränkung weg, sodass auch Drittanbieter diese über ihre eigenen Apps aufnehmen können. Außerdem geht der Live-Photo-Effekt bei der Bearbeitung einer solchen Aufnahme unter iOS 10 nicht mehr verloren.

Keine Unterbrechung mehr von Musik

Neu ist auch die Videostabilisierung für Live Photos. Außerdem können Nutzer jetzt unterbrechungsfrei Musik hören, wenn sie in der Kamera zu Live Photos wechseln.

Adobe DNG als RAW-Format

Erstmals überhaupt unter iOS können ab Version 10 des Betriebssystems RAW-Aufnahmen vom Kamerasensor abgegriffen werden. Apple hat sich dabei für das Rohdatenformat Digital Negative (DNG) von Adobe entschieden. RAW-Aufnahmen unterstützt iOS 10 auf dem iPhone 6s (Plus), iPhone SE und iPad Pro 9,7".

Um nicht die Vorteile der qualitativ guten RAW-Konvertierung von Apple, des schnelleren Renderings, der Verschmelzung mehrerer Bilder und der kleineren Dateigröße des JPEG-Formats zu verlieren, wird bei der Aufnahme im RAW-Format optional ein Bild als JPEG gespeichert. RAW-Aufnahmen können unter iOS 10 nur mit der Hauptkamera geschossen werden.

Thumbnails mit weniger Rechenaufwand

Für Entwickler gibt es ab iOS 10 eine effizientere Methode, um Thumbnails gleichzeitig zum Bild mit voller Auflösung abzuspeichern und auszugeben. Anstatt das JPEG zum einen auf dem NAND abzulegen und zum anderen zu dekomprimieren, skalieren und auf dem Display darzustellen, kann die Kamera nun parallel zur NAND-Speicherung auch sofort eine Dekomprimierung mit anschließender Anzeige auf dem Display durchführen.

Aufnahmen mit erweitertem Display-P3-Farbraum

Das iPad Pro 9,7" ist das erste iOS-Gerät mit einem Display, das mit DCI-P3 einen gegenüber sRGB erweiterten Farbraum abdeckt. Mit iOS 10 können nun auch Fotos und Videos mit erweitertem Farbraum aufgenommen werden. Apple hat DCI-P3 dafür leicht abgewandelt: Das Unternehmen nennt seine Version „Display P3 Farbraum“. Dieser basiert auf DCI-P3, hat aber einen Gammawert von 2.2 und Weißpunkt von 6.500 K.

DCI-P3 nutzt einen leicht in Richtung Grün verschobenen Weißpunkt, den Apple nicht übernehmen wollte. Apples Display P3 ist eine echte Obermenge von sRGB, was bei DCI-P3 nicht gegeben wäre.

Display P3, von Apple im Code P3_D65 genannt, wird für Fotos, Live Photos und Videos unterstützt. Speziell für Videos empfiehlt Apple allerdings die Nutzung von sRGB, um Inkompatibilitäten mit Videodiensten und Plattformen außerhalb des eigenen Ökosystem aus dem Weg zu gehen. P3_D65 für Videos kann zwar forciert werden, Apple rät aber davon ab. Der Farbraum könnte falsch interpretiert werden und zur falschen Ausgabe von Farben führen. Brad Ford erklärt, bei Fotos seien Dienste und Plattformen auch abseits von Apple so weit fortgeschritten, dass Probleme nicht mehr auftreten dürften.

JPEG-Aufnahmen mit erweitertem Farbraum werden mit einem P3-Display-Profil versehen. Dienste, die dieses Profil erkennen, können eine sRGB-Variante des Bildes für Geräte ohne DCI-P3-Display ausgeben. Die iCloud-Fotomediathek ist zum Beispiel in der Lage dazu, je nach Gerät Bilder mit unterschiedlichen Farbräumen darzustellen.

Apple Wide Color Sharing Profile

Für das Teilen per Messaging oder E-Mail, wo unklar ist, welche Fähigkeiten das empfangende Gerät hat, werden P3_D65-JPEGs zum neuen „Apple Wide Color Sharing Profile“ umgewandelt. Geräte, die nur sRGB darstellen können, rendern nur diesen Teil des Fotos korrekt. Die zusätzlichen Informationen für P3_D65 werden in einem ICC-Profil gespeichert und lassen sich mit minimalem Qualitätsverlust wiederherstellen.

Apple Wide Color Sharing Profile
Apple Wide Color Sharing Profile (Bild: Apple)

iPhone 7 mit True-Tone-Display und RAW-Funktion

Alle genannten Neufunktionen hat Apple zur WWDC offiziell erst einmal nur für Drittanbieter vorgestellt. Dennoch geben sie ungewollt auch einen Ausblick auf kommende Geräte wie das iPhone 7. Das nächste Apple-Smartphone soll wie das iPad Pro 9,7" mit einem True-Tone-Display nach DCI-P3-Standard ausgestattet sein. Die aktuellen Entwicklungen innerhalb von iOS 10 würden genau darauf abzielen.

Außerdem soll das iPhone 7 mit einer besseren Kamera ausgestattet sein, im Plus-Modell angeblich mit zwei Linsen. Neue Fähigkeiten wie ein RAW-Modus würden gut dazu passen.

Dass Veränderungen in iOS für Entwickler aber nicht zwangsläufig auch zu Veränderungen bei Apple führen, zeigte zuletzt die Freigabe der manuellen Kontrolle bei Fotoaufnahmen. Während Drittanbieter in ihre Foto-Apps einen manuellen Aufnahmemodus mit voller Kontrolle über alle Parameter einbauen können, verzichtet Apple in der eigene App zugunsten einer einfachen Bedienung auf solche Optionen. Mit RAW-Aufnahmen könnte zum Herbst deshalb das Gleiche passieren.

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