Civilization VI Preview: Erfrischend neues Altbekanntes

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Sasan Abdi
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Zurück auf die Erde

Nach dem Zwischenspiel im Weltraum verschlägt es Civilization in der neuesten Ausgabe wieder zurück auf die Erde. Ganz klassisch übernimmt der Spieler in persona einer von insgesamt 20 legendären Staatslenkern die Geschicke einer Nation von grauer Vorzeit bis in eine nicht ganz ferne Zukunft. Die Nationen spielen sich zwar grundsätzlich ähnlich, im Detail allerdings durch variierende Stärken und Schwächen durchaus anders.

Civilization bleibt Civilization

Am grundlegenden Prinzip verändern die Entwickler natürlich auch dieses Mal nichts. Nach wie vor blickt der Spieler aus der Vogelperspektive auf eine in sechseckige Geländefelder eingeteilte Karte, die zug- und rundenweise von Einheiten durchschritten werden und auf der Städte gegründet sowie Ressourcen-Gebäude platziert werden können. Ziel ist es, möglichst rasch und clever Technologien zu erforschen, eine Armee aufzustellen, Modernisierungen zu errichten, Diplomatie und Handel zu betreiben und auf die eine oder andere Weise – etwa durch kulturelle, wirtschaftliche, militärische oder wissenschaftliche Dominanz – zum Sieg zu gelangen.

Die Neuerungen auf einen Blick

Nun hätte Civilization VI die neue Nummer im Titel nicht verdient, wenn in diesem so schon immer verwendeten Rahmen alles beim Alten bliebe. Doch viele kleine und große Änderungen sorgen dafür, dass die Ausgabe der neuen Versionsnummer gerecht wird und frisch wirkt.

Civilization VI in der Vorschau
Civilization VI in der Vorschau

Da sind beispielsweise die neuen Konstrukteure, die die klassischen Arbeiter ablösen. Die neue Einheit errichtet die meisten Geländeverbesserungen sofort, verschwindet allerdings nach drei Arbeitseinsätzen automatisch wieder. Diese Veränderung wirkt auf den ersten Blick klein, hat aber einen deutlichen Einfluss auf die Spielmechanik: Nicht nur müssen wir jede Runde neu entscheiden, wo wir die Einheiten einsetzen, auch für Nachschub dieser wichtigen Einheiten muss gesorgt werden, was sich wiederum auf die Produktion in den Städten auswirkt.

Die Stadt wird entschlackt

Allerdings sind die klassischen Geländeverbesserungen auch nicht mehr so zentral. Die Städte wachsen in Civilization VI nämlich in die Breite: Viele Gebäude werden nicht mehr in den Metropolen, sondern auf den daneben liegenden Geländefeldern errichtet. Ein Wirtschaftszentrum mit einem Markt steht so neben einem klassischen Bauernhof oder einer Mine.

Diese Veränderung sehen wir mit geteilten Gefühlen. Einerseits wird das Gebiet um die Kernstadt damit gerade in militärischen Auseinandersetzungen interessanter. Auch werden leere Flächen relevanter: Statt auf Brachen den fünften Bauernhof zu platzieren, lässt sich das Areal beispielsweise für einen Industriebezirk samt zugehörigen Gebäuden nutzen. Andererseits wirken die Metropolen dadurch je nach Baustil des Spielers teilweise seltsam zerfasert. Wenn ein Steinbruch neben einem Äquadukt platziert wird, sieht das nicht nach einer Urbanisierung in der Fläche à la Ruhrpott sondern nach Fehlplanung aus.

Civilization VI in der Vorschau
Civilization VI in der Vorschau

Insgesamt aber überwiegt der positive Eindruck, weil die Entschlackung der Städte die strategische Tiefe erhöht. Dadurch, dass die Gebäude je nach geografischen Bedingungen unterschiedlich effektiv arbeiten, muss immer wieder über die Platzierung nachgedacht werden. Hinzu kommt eine überregionale Perspektive: So kann zum Beispiel Stadt X im Binnenland auf wirtschaftliche Stärke getrimmt werden, während eine Grenzstadt eher zu einer effektiven Militärmaschine entwickelt wird.

Die Effektivität der städtischen Bevölkerung hängt nun nicht mehr nur von den Wohnmöglichkeiten und der Gesundheit ab, sondern auch von der Verfügbarkeit von sogenannten Annehmlichkeiten. Diese werden von Unterhaltungsgebäuden (Kultur) und durch Luxusgüter erzeugt und bewirken, dass der Spieler sich noch stärker als zuvor um das Wohlbefinden seines Volkes sorgen muss.

Upgrades für fast jede Handlung

Nicht so richtig überzeugend finden wir die neue „aktive Forschung“. Der blumige Begriff steht für einen Automatismus, bei dem der Spieler für viele Aktionen ohne weiteres Zutun in bestimmten Forschungsbereichen voranschreitet. Wir merzen ein Barbarendorf aus oder entdecken einen neuen Stadtstaat? Ein automatischer Fortschritt ist gewiss!

Immerhin werden die so gesammelten Punkte im Falle eines Erfolgs „nur“ als Forschungsbonus auf die jeweiligen Technologien angerechnet. Insofern können wir damit leben, dass andauernd ein weiterer Schritt zum „Eureka“ genannten Optimum eingeblendet wird.

Regierung + Kultur = Vorteil

Doch auch an anderer Stelle hat sich bei der Forschung etwas verändert. Gesellschaftliche und kulturelle Aspekte wurden aus dem klassischen Forschungsbaum entfernt und tauchen nun in einem eigenen Kulturbaum auf.

Civilization VI in der Vorschau
Civilization VI in der Vorschau

Dieser hängt wiederum mit der Regierungsform zusammen. Wollen wir unsere Zivilisation in Richtung einer autoritären Oligarchie entwickeln? Oder setzen wir lieber auf eine liberale Marktwirtschaft?

Die Wahl der Regierungsform hat Einfluss darauf, welche über den Kulturbaum aktivierten Karten wir aktivieren können. „Karten“ sind dabei tatsächlich wörtlich gemeint: Je nach Regierungsform und Ära können wir unterschiedlich viele Karten mit verschiedenen Schwerpunkten einsetzen, die unserem Staat Vorteile bringen. In der Anfangsphase etwa lässt sich mit einer Karte die Effektivität der eigenen Truppen gegen Barbaren erhöhen. Oder wir stärken die Produktivität in jeder Stadt um einen Punkt. Oder wir erhöhen die Produktionsrate von bestimmten Einheiten (sehr sinnvoll für die immer wieder verschwindenden Konstrukteure!).

Civilization VI in der Vorschau
Civilization VI in der Vorschau

Das Kartensystem erlaubt es, die Ausrichtung der Zivilisation noch stärker am eigenen Spielstil fest zu machen. Auf der anderen Seite wird dadurch auch die strategische Tiefe erhöht, weil wir immer wieder neu überlegen müssen, mit welchen Karten wir unsere begrenzten Slots bestücken wollen oder welche Vorteile unsere Nation gerade besonders gebrauchen könnte.

Komplexere Diplomatie

Eine echte Weiterentwicklung ist auch das Diplomatiesystem, das im Spielverlauf immer komplexere Interaktionen zulässt. Endlich wird dabei auch transparenter, warum uns andere Herrscher wie einschätzen. Teddy Roosevelt etwa wird uns immer loben, wenn wir Frieden halten. Der stolze norwegische Anführer Harald Hardrada freut sich dagegen über eine starke Marine.

Entscheidend für das Verhalten der Staatenlenker ist die Einführung von Agenden. Eines von zwei Zielen ist jedem von ihnen standardmäßig vorgegeben, das andere wird zufällig zugewiesen. Das ist clever: Zwar weiß man mit der Zeit – oder etwas Internetrecherche – grob, woran man bei seinen Gegenübern ist. Durch das zufällige Sekundärziel sind die KI-Anführer aber nie völlig durchsichtig, was ihr Vorgehen betrifft.

Civilization VI in der Vorschau
Civilization VI in der Vorschau

Die Ziele sorgen auch dafür, dass wir gezielter in Interaktion treten können. Wollen wir uns mit den USA verbünden? Oder wollen wir sie lieber dazu bringen, uns für einen diplomatischen Malus den Krieg zu erklären? Je nachdem, wie das Ziel lautet, können wir uns im Spiel und im deutlich komplexer gewordenen Diplomatiebildschirm zu den anderen Anführern stellen.

Über kurz oder lang mündet allerdings auch in diesem Civilization-Teil jede Diplomatie in einen Krieg, schließlich kann man es nicht jedem Staatschef rechtmachen. Wohl deswegen wurde der diplomatische Sieg abgeschafft. In dieser Hinsicht gibt es nur eine große Veränderung: Einheiten lassen sich in kleinstem Maßstab miteinander verbinden, sodass etwa Schwertkämpfer einen Belagerungsturm oder auch zivile Einheiten wie Siedler schützen können.

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