Intel DC P4800X: Alle Details zur ersten Optane-SSD mit 3D XPoint

Michael Günsch
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Intel DC P4800X: Alle Details zur ersten Optane-SSD mit 3D XPoint
Bild: Intel

Die neue Speichertechnik 3D XPoint hält Einzug in Intels Portfolio schneller Enterprise-SSDs für Rechenzentren. Nicht weniger als die „most responsive data center SSD in the world“ verspricht Intel mit der Optane SSD DC P4800X. Den Anfang macht ein Modell mit 375 GByte, später sind Varianten mit 750 GByte und 1,5 TByte geplant.

3D XPoint zwischen NAND-Flash und DRAM

In puncto Leistung, Haltbarkeit und Preis schlägt die gemeinsam von Intel und Micron entwickelte Speichertechnik 3D XPoint in die Lücke zwischen günstigerem aber langsameren NAND-Flash und teurerem aber schnelleren DRAM. Genau wie NAND-Flash ist der Speicher nichtflüchtig. Mehr Details und Hintergründe zur Technik liefern folgende Artikel:

Start mit 375 GB als PCIe-Karte, später bis zu 1,5 TB und U.2

Bereits im Vorfeld war ein Datenblatt zur P4800X durchgesickert, das sich spätestens jetzt als authentisch erweist. Die heute verkündete Markteinführung bestreitet die Serie zunächst als AIC (Add-in-Card) mit 375 GByte Speicherplatz. Im zweiten Quartal soll die Steckkarte mit 750 GByte folgen, parallel ist die 2,5-Zoll-Version mit U.2-Anschluss und 375 GByte geplant. In der zweiten Jahreshälfte sollen dann die AIC mit 1,5 TByte und die U.2-Versionen mit 750 GByte und 1,5 TByte folgen – zumindest besagt dies der aktuelle Zeitplan von Intel.

Intel Optane SSD DC P4800X
Formfaktor Add-in-Card (HHHL, Low-Profile) 2,5 Zoll (U.2)
Schnittstelle PCIe 3.0 x4
Speicherkapazität 375 GB, 750 GB, 1.500 GB

Verspätete Markteinführung in kleinen Schritten

Intel spricht heute zunächst von einer begrenzten Verfügbarkeit, größere Stückzahlen der P4800X sollen erst im zweiten Halbjahr bereitstehen. Dies beweist einmal mehr, dass die ambitionierten Ziele einer frühen Markteinführung viel zu optimistisch gewählt waren: Intel hatte die ersten Optane-SSDs ursprünglich für Ende 2016 angekündigt und frühe Hinweise auf eine Verzögerung zunächst dementiert. Erst spät wurde die Verspätung öffentlich eingeräumt.

Intel SSD DC P4800X
Intel SSD DC P4800X (Bild: Intel)

Die Optane SSD DC P4800X

Als PCIe-Steckkarte im HHHL-Format nutzt die Optane-SSD PCIe 3.0 x4 als Schnittstelle und unterscheidet sich in diesem Punkt nicht von vergleichbaren Enterprise-SSDs mit NAND-Flash. Der wesentliche Unterschied besteht im eingesetzten Speicher: 3D XPoint statt NAND-Flash steckt unter dem Kühlkörper. Intel verspricht keine hohen sequenziellen Transferraten, sondern legt den Fokus auf Latenzen sowie IOPS bei wahlfreien 4K-Zugriffen.

Ergänzung zu Die-Kapazität und Preis: Anandtech erfuhr von Intel weitere Details: Demnach sind 28 3D-XPoint-Dies á 128 Gigabit (16 GB) auf der P4800X verbaut. Auf der blanken Platinenrückseite sind 14 Speicherchips erkennbar. Sofern Intel Single-Die-Packages nutzt, lägen 14 weitere unter dem Kühler auf der Vorderseite. Der nicht näher spezifizierte Controller soll die 28 Dies über sieben Kanäle (4 Dies pro Kanal) ansteuern.

Der Preis der P4800X mit 375 GB soll bei 1.520 US-Dollar oder rund 4,05 US-Dollar pro Gigabyte liegen. Intels schnellste NAND-Flash-SSD in Form der P3608 koste hingegen etwa 1,64 US-Dollar pro Gigabyte. Entsprechend hoch ist der Aufpreis für die neue Technik.

Intel Optane SSD DC P4800X 375 GB
Seq. Lesen (max.) 2.400 MB/s*
Seq. Schreiben (max.) 2.000 MB/s*
typ. Latenz Lesen/Schreiben < 10 µs
4KB Random Read/Write max. 550.000/500.000 IOPS
4KB Random Read/Write Mix (70%/30%) max. 500.000 IOPS
*laut durchgesickertem Datenblatt, im neuen Datenblatt fehlt die Angabe

Intel gibt eine „typische“ Latenz von unter 10 Mikrosekunden sowohl für Lese- als auch Schreibzugriffe an. Beim wahlfreien Lesen und Schreiben sollen 550.000 respektive 500.000 IOPS erreicht werden, wobei nur der Schreibwert hoch erscheint: NAND-Flash ist schreibend deutlich langsamer als lesend, bei 3D XPoint besteht dagegen nur ein kleiner Unterschied. Die Werte beim Read/Write-Mix deuten bereits an, dass die Optane-SSD beim parallelen Lesen und Schreiben kaum Leistung einbüßt: Auch hier sollen noch hohe 500.000 IOPS möglich sein.

Die Leistung

Von 1.000 Mal schneller/haltbarer hört man nichts mehr

Im Sommer 2015 hatte Intel gemeinsam mit Forschungspartner Micron 3D XPoint als völlig neue nichtflüchtige Speichertechnik enthüllt und große Versprechungen gemacht: Gleich 1.000 Mal schneller und um den gleichen Faktor haltbarer als NAND-Flash sollte 3D XPoint sein. Von diesen hohen Zahlen ist Intel inzwischen weitgehend abgerückt und hatte zwischenzeitlich erklärt, dass diese Werte auf Ebene der Speicherchips selbst, aber nicht dem darauf basierenden Endprodukt gelten.

Leistungsvorsprung zu NAND-Flash hängt vom Szenario ab

Auch die neue Technik erreicht erst bei vielen simultanen Anfragen und somit einer hohen Befehlswarteschlange (Queue Depth) ihre maximale Leistung. Doch im Gegensatz zu SSDs mit NAND-Flash kommt die Optane-SSD deutlich schneller „auf Touren“. Intels Grafik zeigt, dass bereits bei einer Queue Depth (QD) von 1 bei einem R/W-Workload (70/30) fast 100.000 IOPS möglich sind, die zum Vergleich herangezogene DC P3700 mit NAND-Flash wird um den Faktor Acht überboten. Das Maximum von rund 500.000 IOPS erreicht die P4800X schon bei QD11, die P3700 ist dagegen selbst bei QD16 noch nicht auf Maximalniveau und noch etwa fünfmal langsamer.

Intel: Bei sehr hoher QD ist NAND-Flash noch besser

Im Telefon-Briefing hat Intel erklärt, dass die P4800X gerade bei Workloads mit QD1 bis QD16 immense Vorteile biete. Bei QD128 oder mehr sei NAND-Flash aber besser, wurde eingeräumt. Doch seien derart hohe Anfragetiefen selbst im Serverbereich nicht an der Tagesordnung, womit die niedrigeren QD-Stufen näher an der Praxis lägen.

Mehr Leistung bei paralleler Belastung

Als weitere Paradedisziplin beschreibt Intel die kurze Antwortzeit bei gleichzeitigem Schreibvorgang. Mit steigender Schreiblast (Random Write) steigt bei der NAND-basierten SSD (P3700) auch die durchschnittliche Latenz beim Lesezugriff an. Die Optane P4800X zeigt sich dagegen völlig unbeeindruckt und liefert auch bei hoher Schreiblast sehr kurze Antwortzeiten beim Lesen. Hier wird deutlich, was Intel mit „most responsive data center SSD in the world“ meint.

Leselatenz bei paralleler Schreiblast (Random Writes)
Leselatenz bei paralleler Schreiblast (Random Writes) (Bild: Intel)

QoS: Vorhersehbare und beständige Leistung

Dank durchweg niedriger Latenzen soll die Optane-Technik auch beim Kriterium Quality of Service (QoS) punkten, das den Grad der Vorhersagbarkeit von Antwortzeiten beschreibt und damit einen Hinweis auf die Leistungsbeständigkeit gibt. Eine Grafik veranschaulicht, dass bei 99 Prozent der Messwerte die Antwortzeit um den Faktor 60 niedriger ausfalle. In 99 Prozent der Fälle soll die Latenz weniger als 200 µs betragen.

Quality of Service (QoS)
Quality of Service (QoS) (Bild: Intel)

Die Haltbarkeit

Haltbarkeit vorerst enttäuschend

1.000 Mal haltbarer als eine Enterprise-SSD mit NAND-Flash ist die P4800X bei Weitem nicht. Selbst vom Faktor Zehn ist Intel weit entfernt. 30 Drive Writes Per Day (DWPD) werden für die P4800X genannt und den 10 DWPD der DC P3700 gegenübergestellt. Ohne die genaue Kapazität zu berücksichtigen, soll die Optane-SSD damit rund 3 Mal ausdauernder sein, was das garantierte Schreibvolumen angeht.

Haltbarkeit (Endurance) aus Intels Sicht
Haltbarkeit (Endurance) aus Intels Sicht (Bild: Intel)

Ein Blick über den Tellerrand zeigt aber, dass es auch NAND-Flash-basierte SSDs mit bis zu 25 DWPD gibt, obgleich die Toshiba PX04SH mit sehr hohem Anteil an Reservespeicher hier eine Ausnahme bilden mag. Rechnet man die 30 DWPD in Total Bytes Written (TBW) um, ergeben sich für die P4800X mit 375 GByte aufgrund der vergleichsweise kurzen Garantiedauer von drei Jahren 12,3 PetaByte TBW. Dieser zunächst hoch erscheinende Wert wird aber von so mancher auf Haltbarkeit getrimmten SSD mit NAND-Flash erreicht und überboten.

Sollten die Optane-SSDs für diese Haltbarkeitswerte im Gegensatz zu Flash-basierten SSDs nur einen sehr kleinen Anteil Reservespeicher benötigen, stünde das Thema Haltbarkeit unter einem anderen Licht und der Vorteil wäre größer.

Haltbarkeit soll mit der Zeit verbessert werden

Je nach Perspektive ist der Haltbarkeitsvorteil trotzdem angesichts der hohen Erwartungen vorerst enttäuschend gering. Im Telefon-Briefing hatte Intel erklärt, dass sich die Haltbarkeit von Optane-SSDs auf Basis von 3D XPoint im Laufe der Zeit verbessern werde. Ob dies durch Optimierungen beim Herstellungsprozess oder erst mit der nächsten Generation von 3D XPoint gilt, bleibt zunächst offen.

Die Einsatzgebiete

Als Storage, Cache oder DRAM-Kumpan im Memory Pool

Optane-SSDs wie die P4800X sollen zum einen eigenständig als schnelle Zwischenstufe zwischen NAND-Flash-SSDs und DRAM oder Cache eingesetzt werden. Hier nennt Intel Beispiele wie MySQL-Server für Live-Messenger-Dienste, bei denen mit Optane-SSDs deutlich mehr Transaktionen pro Sekunde möglich seien, was zugleich Kosten senke. Zum anderen sollen die SSDs die Wartezeit bis zum Erscheinen der Optane-DIMMs im kommenden Jahr verkürzen und selbst als Ergänzung des Arbeitsspeichers dienen.

Gemeinsam mit DRAM bilden sie einen „Memory Pool“, der erheblich größer als das DRAM-Limit aktueller Server-Plattformen ausfällt. So soll ein Dual-Sockel-System statt bis zu 3 TByte reinen DRAM bis zu 24 TByte Arbeitsspeicher durch die Kombination von DRAM mit Optane-SSDs erreichen. Das Zusammenlegen der beiden Speichertechniken erfolgt über eine Software, die noch vor dem Betriebssystem geladen wird. Somit seien keinerlei Anpassungen an OS oder Anwendungen nötig. Diese Memory Drive Technology werde von Xeon-CPUs unterstützt, nähere Angaben hierzu fehlen.

Potentielle Abnehmer der Optane-SSDs
Potentielle Abnehmer der Optane-SSDs (Bild: Intel)

Für Verbraucher: Optane Memory

Pläne zu echten Optane-SSDs für Verbraucher hat Intel noch nicht formuliert. Stattdessen soll der sogenannte Optane Memory Client-Systeme wie Notebooks beschleunigen. Dahinter verbergen sich M.2-Module mit geringer Speicherkapazität von 16 und 32 GByte, die als Cache dienen – Details dürfen erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.

Als einer der ersten Hersteller hatte Lenovo neue ThinkPads mit Optane Memory in Aussicht gestellt.

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