Klassiker neu entdeckt: Anno 1602 (1998)

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Christopher Lewerenz
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Diplomatie und Steuerung

Ein Schwachpunkt bildet allerdings das Diplomatiesystem. Was in den neuesten Vertretern der Reihe mal mehr, mal weniger gut funktioniert, wirkt im Jahr 1998 noch sehr unausgereift. Die Optionen „Handelsvertrag anbieten“, „Friedensvertrag schließen“ (oder brechen) und „Tribut anbieten“ sind die einzigen vorhandenen. Eine Übersicht der Beziehungen wird vermisst und macht das komplette System schwammig und undurchsichtig. Lediglich ein Daumen nach oben, zur Seite oder nach unten zeigt an, wie die Beziehungen zu anderen Parteien sind. So kann es vorkommen, dass der Gegner den Spieler überrascht und der Krieg plötzlich vor der Tür steht. So schnell der Krieg vor der Tür stehen kann, ist es aber auch möglich, diesen zu umgehen und einen Obolus anzubieten. Dies klappt je Schwierigkeitsgrad mit höheren oder geringeren Chancen.

Bewegen der Karte über Pfeiltasten

Eine moderne Steuerung sollte ebenfalls nicht erwartet werden. Die Karte wird via Pfeiltasten bewegt, während mit der Pausentaste der Tastatur pausiert und mit F5 bis F7 die Zeit manipuliert werden kann. Allerdings schmälert dies den Spielspaß kaum. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase ist die Steuerung schnell erlernt. Das Gleiche gilt für das rechts platzierte Menü, das eine Statusübersicht, ein Bau-, Kampf- und Diplomatiemenü sowie die Optionen beherbergt. Dies ist auch heute noch übersichtlich. Wichtige Infos werden gezeigt und sind schnell gefunden.

Charmanter Look, magerer Mod-Support und Technikprobleme

Das Gleiche trifft auf die charmante Grafik zu. Der pixelige, aber dennoch liebevoll gestaltete Look sieht noch heute schön aus. In den Weltmeeren tauchen Oktopusse auf und ab, auf den Inseln schieben Bürger Karren hin und her und die Schiffe fahren von Kontor zu Kontor. Zwar sind aufgrund der damaligen Limitierungen keine detailreichen Produktionsabläufe in den Versorgungsgebäuden zu erkennen, doch schafft das Spiel dennoch eine wuselige Atmosphäre. Nicht zuletzt wegen der liebevoll gestalteten Gebäude, Menschen und Tiere.

Anno 1602: Traubenfarm
Anno 1602: Traubenfarm (Bild: Ubisoft)

Für Besitzer von großen Bildschirmen gibt es aber eine bittere Pille zu schlucken. Aufgrund des mageren Mod-Supports ist eine Einstellung auf eine Auflösung mit einem 16:9-Verhältnis nicht möglich. Die maximale Auflösung ist auf 1.024×768 Pixel begrenzt und bildet somit dicke schwarze Ränder. Das Hauptproblem ist allerdings, dass die Texturen nur für die drei verfügbaren Auflösungen erstellt wurden und andere Auflösungen diese Texturen verziehen würden. Eine einfache Änderung in der .ini-Datei oder den Startparametern löst das Problem somit nicht. Dazu kommt, dass ein Fenstermodus ebenfalls nur durch externe Programme einstellbar ist, da dieser nicht in das Spiel integriert wurde. Wer eine Partie bei Anno 1602 anfängt, sollte sich außerdem darauf einstellen, dass ein Wechseln zwischen einzelnen Tabs nicht möglich sein wird, denn das Minimieren des Spiels führt zum Absturz des Clients.

Trotz der technischen Hürden läuft Anno 1602 auch heute noch ohne große Probleme. Die Version, die über GOG oder Uplay erhältlich ist, macht keine Probleme und läuft butterweich. Die Ladezeiten sind kurz und erlauben einen schnellen Spieleinstieg.

Fazit

Ein Anno im Jahre 1998 unterscheidet sich nur in wenigen Punkten von den neueren Teilen. Mit dem ersten Teil der Reihe wurden viele Spiel-Elemente eingeführt, die heute noch bekannt sind. Neben dem Siedeln, Bauen und Kriegführen überzeugen der Look und der Schwierigkeitsgrad. Darüber hinaus bieten die verschiedenen Szenarien genug Abwechslung, um lange am Ball zu bleiben. Wem das noch nicht genügt, der kann sein eigenes Szenario mit dem Spiel-Editor basteln und anpassen. Anno 1602 versprüht deswegen auch heute noch eine gewisse Atmosphäre, die Lust auf mehr macht. Nicht zuletzt durch den ikonischen Sprecher, der den Spieler auf Wichtiges hinweist. Wer aber keine nostalgischen Momente verspürt oder das Spiel nicht ohnehin besitzt, der wird mit neueren Teilen der Reihe genau so viel Spaß haben. Anno 1602 ist zwar ein Meilenstein in der Serie, nicht zuletzt, wegen zahlreichen Features, die die Reihe noch heute begleiten, aber vieles wirkt in neueren Teilen technisch ausgereifter.

Allerdings kann auch Anno 1800 einiges von seinem 20 Jahren alten Partner lernen. Eine Rückkehr zu den Wurzeln würde der Serie in manchen Aspekten sehr gut tun. Eine aufgeteilte Karte wie in Anno 2205 sollte weniger das Ziel sein. Denn ein Spiel, wie es in Anno 1602 und anderen Teilen danach möglich war, macht nach hundert Stunden immer noch Spaß. Auch die KI auf den Inseln sollte wieder Einzug in die Reihe finden. Denn viele Elemente, wie das Rekrutieren von Bodentruppen Profitieren von Effekten der KI, und konnte das Spiel zu Gunsten der eigenen Partei wieder drehen.

Schnellcheck Anno 1602
Getestete Version Digitale Distribution via Uplay
Altersfreigabe Ab 6 Jahren
Systemanforderungen (Minimum) CPU mit 1,8 GHz
512 MB RAM
Grafikkarte mit 2 MB VRAM
2 GB freier HDD-Speicherplatz
Widescreen Nicht unterstützt
Kompatibilität bis Windows 10
Probleme Minimieren des Spiels sorgt für Client-Absturz
Erhältlich Über Uplay oder GOG
Empfehlung Ja

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