Nvidia Titan RTX im Test: Das Turing-Topmodell im High-End-PC von Mifcom

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Wolfgang Andermahr
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Benchmarks und Tests mit dem Mifcom-System

Bei dem von Mifcom zusammengestellten PC handelt es sich um einen High-End-Rechner, der auf die Verwendung von zwei Grafikkarten optimiert sein soll. Entsprechend kommt zum Beispiel kein Core i9-9900K, sondern ein Core i9-9900X und damit ein System mit einem X299-Mainboard auf Basis des LGA2066 zum Einsatz. Denn nur so stehen beiden Grafikkarten die vollen 16 PCIe-Lanes zur Verfügung, bei einem Core i9-9900K wären es dagegen nur jeweils 8 Lanes.

Zur Kühlung der CPU kommt mit der Corsair Hydro H150i Pro RGB eine All-in-One-Wasserkühlung mit einem 360er-Radiator zum Einsatz, der in einem NZXT H700i untergebracht ist. Als Speicher sind vier Riegel Corsair Dominator Platinum mit je 16 GB (insgesamt 64 GB RAM) und DDR4-2666 verbaut. Als Massenspeicher dienen eine 1 TB große Samsung Evo 970 NVMe-SSD und eine 2 TB große Samsung 960 Evo SATA-SSD.

Mifcom-PC mit 2 × Titan RTX im Test
Mifcom-PC mit 2 × Titan RTX im Test

Bei den Grafikkarten handelt es sich um zwei „gewöhnliche“ Nvidia Titan RTX im farblich angepassten Founders-Edition-Design. Die passende NVLink-SLI-Bridge kommt ebenso im goldenen Titan-Design daher. Der Rechner beziehungsweise die RGB-Beleuchtung wurden von Mifcom farblich auf die LED-Beleuchtung der Titan-Grafikkarten angepasst – alle LEDs leuchten ab Werk weiß.

Die hochwertigen Komponenten haben aber wortwörtlich ihren Preis. Mit 9.500 Euro ist der High-End-PC i9-9900X – Titan RTX SLI Premium genannte Rechner sehr teuer. Das ist aber nur eine Konfiguration, zig andere sind möglich. Bereits anfangend beim Gehäuse über die Kühlung bis hin zu den eigentlichen Hardware-Komponenten lässt der PC-Konfigurator von Mifcom zahlreiche Möglichkeiten zu. Auch ähnliche Komponenten von verschiedenen Herstellern stehen zur Auswahl.

Das System in der Praxis

Der PC wurde von Mifcom, wie von anderen Systemintegratoren gewohnt, sehr gut und vor allem sehr aufgeräumt zusammengebaut. Will man dies in Eigenregie mit derselben Qualität erledigen, muss man dafür viel Zeit und Mühe investieren. Der Rechner ist in weiten Teilen nach den Standardvorgaben der Hersteller konfiguriert. Allerdings wurde die Option „Multicore Enhancement“, die der CPU bei Teil- und Volllast einen höheren Takt erlaubt, aktiviert. Der Arbeitsspeicher taktet hingegen mit den offiziellen 2666 MHz.

Auf dem Rechner ist Windows 10 Pro vorinstalliert. Zudem sind mehrere Tools installiert, um die RGB-Beleuchtung und die Gehäuselüfter zu steuern. Letzteres bereitete im Test aber einige Probleme, da die Software den benötigten Prozess auch nach mehrmaligem Neustarten des Rechners einfach nicht richtig aufgerufen hat. Das Ergebnis war, dass sich das Tool nicht hat starten lassen und alle Gehäuse- sowie Radiatorlüfter mit der maximalen Drehzahl gelaufen sind. Eine manuelle Neuinstallation des Tools hat das Problem gelöst. Warum dieses aufgetreten ist, konnte schlussendlich aber auch Mifcom nicht klären. Das sollte bei einem Komplett-PC so nicht sein.

Abgesehen von den Grafikkarten ist der PC unter Windows leise

Nach der Lösung des Problems zeigte sich der Mifcom-PC in den meistens Einsatzszenarien leise. Die Pumpe ist auf dem Windows-Desktop nur bei offenem Gehäuse zu hören. Die Lüfter werden nur mit geringen 550 Umdrehungen in der Minute angesteuert, was schlussendlich unhörbar ist. Einzig problematisch sind die zwei Grafikkarten, da auch die Titan RTX die Lüfter aus unerklärlichen Gründen immer mit 1.500 Umdrehungen agieren lässt – eine Eigenschaft der Turing-Founders-Editions, die bis heute Fragen aufwirft und bei der es sich nach aktuellem Stand nicht um einen Fehler handelt. Mit weniger Drehzahl wäre der Rechner sehr leise, so ist der Geräuschpegel durchaus unnötig auffällig im Idle bzw. unter geringer Last.

Wird nur der Prozessor belastet, hält sich die Lautstärke des Mifcom-Rechners selbst bei Volllast der Zehn-Kern-CPU in Grenzen. Die Pumpe dreht dann etwas schneller, die Lüfter agieren mit rund 1.100 Umdrehungen, sodass der PC zwar hörbar, aber nicht störend ist. Anders sieht es dagegen beim Spielen aus, denn dann sinken zwar die Anforderungen an die CPU – und damit die Drehzahlen der Pumpe und Lüfter –, die Grafikkarten drehen aber massiv auf.

CPU-Temperatur
(maximal)
GPU-Temperatur
(Titan 1 / Titan 2)
Wassertemperatur Lüfterdrehzahl
(Radiator)
Leistungsaufnahme
(Komplettsystem)
Lautstärke
Windows-Desktop 34 °C 45 °C / 39 °C 35 °C 550 rpm 132 Watt 30,5 dB
2 Threads
(Prime95 ohne AVX)
58 °C 45 °C / 39 °C 38 °C 550 rpm 174 Watt 31 dB
10 Threads
(Prime95 ohne AVX)
77 °C 46 °C / 40 °C 48 °C 1.050 rpm 334 Watt 36 dB
20 Threads
(Prime95 ohne AVX)
84 °C 46 °C / 40 °C 48 °C 1.290 rpm 349 Watt 36,5 dB
Kingdom Come (UHD) 64 °C 88 °C / 77 °C 42 °C 1.050 rpm 724 Watt 48 dB

Der oberen Titan RTX geht beim Spielen die Frischluft aus

Die untere Titan RTX hält sich dabei noch zurück, 2.120 Umdrehungen in der Minute sind normal für den 3D-Beschleuniger. Die obere Titan RTX erhält dann jedoch quasi keine Frischluft und dafür ist Nvidias Founders Edition nicht ausgelegt beziehungsweise nicht stark genug. Wenig hilfreich ist es zudem, dass die Lüfter die erwärmte Luft der unteren Grafikkarte ansaugen und die obere Titan RTX entsprechend mit der heißen Luft umwirbelt wird. Das Ergebnis: 3.700 Umdrehungen in der Minute und eine GPU-Temperatur von 88 Grad Celsius.

Damit ist der PC beim Spielen sehr laut und zugleich taktet die Grafikkarten massiv herunter, da die obere GPU weiterhin ins Temperature-Target läuft. Anstatt mit rund 1.750 MHz takten die zwei Grafikkarten nach rund einer Stunde Last im SLI-Modus nur noch mit 1.350 MHz. Das reduziert die Performance automatisch massiv, weil sich die potentiell schnellere GPU bei Nutzung von SLI an die langsamere anpasst – steht dem Ziel von SLI komplett entgegen.

Das Kühlsystem hat generell Probleme mit SLI

Weitere Tests haben gezeigt, dass die von Mifcom ausgesuchte Kombination aus Gehäuse und Kühlung nur zu einem kleinen Teil Schuld daran trägt. Denn auch der Einbau der zwei Titan RTX in das klassische Testsystem zeigt nur eine kleine Besserung. Dann war die Lüfterdrehzahl minimal geringer und der GPU-Takt 100 MHz höher. Damit fehlten aber immer noch 300 MHz zum eigentlichen Maximum, mehrere Grad Celsius und viele Lüfterumdrehungen weniger ebenso.

Der Mifcom-PC mit 2 × Titan RTX
Der Mifcom-PC mit 2 × Titan RTX – Temperaturentwicklung
01836547290°C 11002003004005006007008009001.0001.1001.2001.3001.4001.5001.6001.7001.8001.869

Eine weitere Abhilfe könnte sein, wenn das Mainboard nicht einen Slot Luft zwischen den Grafikkarten lassen würde, sondern deren zwei. Die meisten aktuellen Platinen haben aber eben nur einen freien Slot. Und selbst zwei freie Slots würden vermutlich nur eine minimale Besserung bedeuten. Schlussendlich zeigt sich schlicht, dass das Kühlsystem der Founders Edition für einen kompromisslosen Multi-GPU-Betrieb nicht ausgelegt beziehungsweise schlicht nicht gut genug ist. Das ist zudem eine der wenigen Konfigurationen, wo ein bis Turing genutzter Radiallüfter besser gewesen wäre. Bei einer Einzelkarte ist dagegen durchweg das neue Axialsystem besser.

Damit ist ein SLI-System der Titan RTX nur vernünftig umsetzbar, wenn eine andere Luft- oder noch besser eine Wasserkühlung auf beiden Grafikkarten eingesetzt wird. Hier wäre es praktisch, wenn Mifcom letzteres als Option anbieten würde, was aber nicht der Fall ist. Automatisch fällt damit auch die Möglichkeit weg, die Grafikkarten zu übertakten. Bereits der Standardtakt ist ja zu viel für die Kühlung.

Dual-GPU ohne SLI sinnvoller

Auch professionelle Anwendungen, im Test ein KI-Programm auf Basis von TensorFlow, lassen die obere Grafikkarte schnell ins Temperature-Limit laufen und auf den Basistakt heruntertakten. In diesem Fall passt sich die zweite Grafikkarte allerdings nicht an, sie rechnet weiter bei bis zu 1.800 MHz. Der Verlust an Rechenleistung im Verbund ist also geringer. Der genutzte Benchmark reagiert darüber hinaus nur zäh auf den Takt, nur mit weniger als zehn Prozent Leistungsverlust gegenüber dem Einzelbetrieb müssen Nutzer hier rechnen.

Auch in AI-Anwedungen stößt die eine GPU an ihre Grenze, die andere passt sich abseits von SLI aber nicht an
Auch in AI-Anwedungen stößt die eine GPU an ihre Grenze, die andere passt sich abseits von SLI aber nicht an

Ein Blick auf die Performance

Der Mifcom-PC kann mit dem Core i9-9900X zwar auf eine starke CPU zurückgreifen, gegenüber dem von ComputerBase normalerweise eingesetzten Testsystem mit einem auf 4,7 GHz übertakteten Core i7-8700K ist der Rechner in Spielen dann aber im Nachteil. Da die Benchmarks jedoch durchweg in Ultra HD durchgeführt worden sind, sollten die Auswirkungen aber nur gering sein.

Trotzdem ist das Leistungsplus des Mifcom-Rechners trotz der zwei Titan-RTX-Grafikkarten nur gering. So steigt die Framerate im Schnitt der fünf Spiele nur um 20 Prozent gegenüber einer einzelnen Titan RTX im Testsystem an. Bei den Frametimes wird es gar deutlich langsamer. Dort schneidet das System 10 Prozent langsamer als mit einer einzelnen Titan RTX ab.

Diagramme
Performancerating des Mifcom-PCs – 3.840 × 2.160
    • Mifcom-PC, Titan RTX SLI
      81,5
    • Nvidia Titan RTX @ OC
      74,6
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE @ OC
      71,2
    • Nvidia Titan RTX
      68,0
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE
      63,5
    • Nvidia GeForce RTX 2080 FE
      49,9
    • AMD Radeon VII
      47,2
    • Nvidia GeForce GTX 1080 Ti FE
      47,0
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS), Geometrisches Mittel

Das Problem ist dabei aber schlicht die zweite Titan RTX und damit SLI. Denn Multi-GPU funktioniert in vielen aktuellen Spielen gar nicht oder schlecht – gutes SLI ist heutzutage eine Ausnahme. Wie der in Kürze erscheinende Multi-GPU-Test zeigen wird, ist das unabhängig von der Plattform so.

Noch am besten schaut es in Shadow of the Tomb Raider aus. Dank der DirectX-12-Unterstützung liefert der Mifcom-PC 59 Prozent mehr FPS, was ein gutes Ergebnis ist. Die Frametimes sind aber auch hier nur noch um 2 Prozent besser.

3.840 × 2.160
Far Cry 5 mit dem Mifcom-PC – 3.840 × 2.160
  • FPS, Durchschnitt:
    • Nvidia Titan RTX @ OC
      87,4
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE @ OC
      81,5
    • Mifcom-PC, Titan RTX SLI
      80,9
    • Nvidia Titan RTX
      79,2
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE
      73,7
    • AMD Radeon VII
      60,0
    • Nvidia GeForce GTX 1080 Ti FE
      57,4
    • Nvidia GeForce RTX 2080 FE
      57,4
  • 99th Percentile (Frametimes in FPS):
    • Nvidia Titan RTX @ OC
      66,7
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE @ OC
      66,2
    • Nvidia Titan RTX
      61,4
    • Nvidia GeForce RTX 2080 Ti FE
      59,2
    • Nvidia GeForce GTX 1080 Ti FE
      50,0
    • Mifcom-PC, Titan RTX SLI
      48,8
    • AMD Radeon VII
      47,2
    • Nvidia GeForce RTX 2080 FE
      46,1
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)

Auf der Kehrseite steht Kingdom Come: Deliverance. Die FPS steigen zumindest noch um 3 Prozent. Dafür sind die Frametimes dann aber gleich 43 Prozent schlechter als mit einer einzelnen Grafikkarte. Dasselbe Verhalten zeigt sich in leicht abgeschwächter Form in Far Cry 5. In beiden Spielen gibt es starke Mikroruckler. Mit nur einer Grafikkarte ist das Spielgefühl deutlich besser.

Die Grafikkarten takten dabei in den Spielen unterschiedlich hoch. In SotTR funktioniert SLI ziemlich gut, weswegen die Frequenz mit 1.365 MHz bis 1.440 MHz ziemlich niedrig ist. In Kingdom Come: Deliverance schwankt der Takt dagegen mit 1.425 MHz bis 1.695 MHz deutlich mehr, da die GPUs mal ausgelastet werden und mal eine kleine Rechenpause einlegen. Das Spiel hat bei zwei GPUs extreme Probleme beim Streaming, das in der Testsequenz durchweg genutzt wird. Bleibt man stehen, skaliert das Spiel mit SLI gut – aber wer spielt so?

Ein ausführlicher SLI-Artikel mit Turing ist in Arbeit

Genauer auf SLI mit Turing wird ComputerBase in einem separaten Artikel eingehen. Dieser wird dann auch die Performance bei zwei Mal 8 PCIe-Lanes im Vergleich zu zwei Mal 16 Lanes untersuchen, denn das war ein Aspekt, den der letzte große SLI-Test im Sommer 2018 nicht berücksichtigt hatte.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.