One Vision und Galaxy A50 im Test: Pixel-Binning im One Vision, Ultraweitwinkel im A50

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Mahir Kulalic
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Die 48-Megapixel-Kamera des Motorola One Vision ist ein alter Bekannter. Der dafür verwendete Sensor Sony IMX 586 gehört zu den aktuell am meisten verbauten Sensoren im Smartphone-Markt, die Nutzung zieht sich durch die Mittel- bis in die Oberklasse. Unter anderem Xiaomi (Mi 9, Mi 9 SE, Redmi Note 7 Pro), Honor View 20 und OnePlus 7 (Pro) setzen auf den Sensor, wenngleich manche Charakteristika wie die Blendenöffnung zum Teil abgewandelt werden. Bei Motorola kommt der Sensor mit einer Offenblende von f/1.7 und optischer Bildstabilisierung zum Einsatz. Obwohl Sony den Sensor mit einer Größe von 1/2" angibt, was für Smartphones relativ groß ist, beziffert Motorola die Kamera mit 1/2,25". Die zweite Kamera mit 5 Megapixeln Auflösung ist für die Erfassung von Tiefeninformationen zuständig, um die Aufnahme von Porträts mit künstlichem Bokeh zu erleichtern. Variabler zeigt sich das Setup des A50: Die Hauptkamera schießt Fotos mit einer Auflösung von 25 Megapixeln, bekommt neben einer Kamera für Tiefeninformationen analog zum One Vision aber noch eine weitere spendiert. Dadurch zeichnet das Smartphone Fotos mit 8 Megapixeln und 123 Grad Sichtfeld auf. Die Kleinbild-äquivalente Brennweite beträgt bei beiden Hauptkameras 26 mm, die der Ultraweitwinkel-Aufnahmen des A50 13 mm.

Drei Kameras im A50 stehen zwei im One Vision gegenüber
Drei Kameras im A50 stehen zwei im One Vision gegenüber

Während Samsung optional die volle, hohe Auflösung der Hauptkamera bedient, nutzt Motorola wie praktisch jeder Hersteller mit IMX586 Pixel-Binning. So entstehen Fotos mit einem Viertel der Auflösung, also 12 Megapixeln, bei der vier Pixel zu einem kombiniert werden. So soll die Kamera vor allen Dingen im Dunkeln durch die Verrechnung der Pixelinformationen das Rauschen reduzieren und die Helligkeit erhöhen. Die Pixelgröße des Sensors entspricht 0,8 µm, aufgrund des Pixel-Binnings spricht Motorola – ebenfalls wie die anderen Smartphone-Anbieter – von effektiv 1,6 µm. Anders als etwa bei Xiaomi lassen sich beim One Vision nicht in den Einstellungen die vollen 48 Megapixel aktivieren. Das A50 schießt standardmäßig Fotos in 4:3 und mit 12 Megapixeln, während der Modus „4:3H“ für 25 Megapixel sorgt. Bei voller Auflösung fällt allerdings HDR weg.

Bei der Bildqualität siegt Motorola

Die Kamera ist neben dem Display Teil des namensgebenden „Vision“ und daher Hauptaugenmerk für Motorola. Samsung hebt die Flexibilität durch das Ultraweitwinkelobjektiv hervor. Im Alltagseinsatz setzt sich das One Vision in fast jeder Hinsicht vom Galaxy A50 ab, nur mit eben jener Variabilität hält das Motorola-Smartphone nicht mit.

Die reine Qualität der Aufnahmen ist bei Motorola sichtbar überlegen, spätestens in der 100-Prozent-Ansicht tragen die Vorteile des größeren Sensors und des Pixel-Binnings Früchte. Die Bilder des One Vision sind bereits bei Tageslicht deutlich schärfer und klarer. Die des Galaxy A50 wirken an vielen Stellen zu stark weichgezeichnet, wodurch Details und Konturen verloren gehen, gerade an weiter entfernten Objekten. Zugleich verschwimmen oft Farben, was ebenfalls einen Detailverlust zur Folge hat. Selbst bei bewölktem Himmel (siehe Bild 1/2; 16/17 in Vollbild) neigt das Galaxy A50 bereits dazu, ganze Bildbereiche zu verwaschen und unleserlich zu machen. Hier zeigt sich ein Vorteil der optischen Bildstabilisierung des One Vision.

Während der Schriftzug „Verlängert“ auf der Fassade des Gasometers bei Motorola klar zu lesen ist, ist bei Samsung nur das Präfix zu erkennen, der Rest verwischt und vermatscht. Dieses Foto wurde im 12-Megapixel-Modus des A50 geschossen. Der 25-Megapixel-Modus schafft es durchaus, mehr Details aufgrund der höheren Auflösung einzufangen. An der grundsätzlichen Weichzeichnung und dem allgemein geringen Detailgrad ändert das aber nichts. Ein zusätzlicher Abschnitt des Tests befasst sich damit.

Galaxy A50 kämpft mit Schärfe und Weichzeichnung

Vor allem in der 100-Prozent-Ansicht zeigt sich eine durchgehende Bildschärfe bei Motorola, die beim Samsung-Smartphone gerade an Kanten und Linien zu Fransen neigt. Auch das Grundrauschen des One Vision ist geringer und bei Tageslicht nur bei sehr genauer Betrachtung zu sehen. Und das, ohne Details durch eine möglicherweise starke Rauschunterdrückung zu verlieren. Die Bilder wirken dadurch insgesamt klarer und stimmiger. Die vereinzelten Ungereimtheiten bei den Aufnahmen des Galaxy A50 wirken zum Teil, auch in manchen Aufnahmen mit 25 Megapixeln, als wäre der Sensor und/oder die Software mit der Verarbeitung der vielen Pixel und deren Nachbearbeitung überfordert. Dies gilt vor allem für weiträumige Aufnahmen mit vielen verschiedenen Strukturen und Objekten.

Dies zeigt sich vor allem am Vergleich der Bilder 17 und 18 (32/33 im Vollbild) sowie 26 und 27 (41/42 im Vollbild), die jeweils mit 12 und 25 Megapixeln aufgenommen wurden. Das erste Bildpaar zeigt eine Landschaftsaufnahme mit Gebäuden, Autos und Natur. Im Direktvergleich in der Vergrößerung fällt auf, dass die Fotos in höherer Auflösung zwar mehr einzelne Details in Strukturen festhalten, dafür andere Bereiche zum Teil deutlich mehr verschwimmen, so etwa die Motorhaube des weißen Autos. Im 12-Megapixel-Modus kämpft das Smartphone zudem erneut, wie bei der Aufnahme des Gasometers, mit der Schärfe. Auch im Vergleich zum One Vision, das die gleiche Szene ebenfalls mit 12 Megapixeln aufzeichnet, sieht man, dass das Galaxy A50 dazu neigt, gerade Ränder, Linien und Kanten auszufransen, zu verwaschen und dadurch nicht nur an Details, sondern auch an Schärfe zu verlieren. Die Bilder wirken im Vergleich unruhig.

HDR-Schluckauf bei Motorola

Die Farbdarstellung ist bei beiden Modellen relativ ähnlich. Die Farben wirken natürlich, Samsungs Smartphone zeichnet sie aber etwas kräftiger auf und neigt bei weißen Flächen zu einem sichtbaren Blaustich. Insgesamt sehen die Fotos des A50 oft kontrastreicher und lebendiger aus, wenngleich dies nicht in jedem Fall einer natürlichen Farbwiedergabe entspricht. Keines der beiden Modelle verzerrt die Farbdarstellung allerdings störend. In Sachen Dynamik schlagen sich die Probanden für ihre Preisklasse gut, dunklere Bereiche gehen dank HDR nicht komplett unter, wobei das One Vision partiell mehr feine Details herausholt. Dies fällt aber nur bei Ansicht in voller Auflösung am Monitor auf. Hier ist die Software des One Vision jedoch nicht fehlerfrei: Manche Aufnahmen bei sehr hellem Licht, die mit HDR geschossen wurden, zeigen einen bei der Speicherung nicht aufgelösten Graubereich, der sichtbar über nachfolgende Fotos nachzuverfolgen ist. Möglich ist also, dass bei zu schnellen HDR-Aufnahmen hintereinander Rückstände der Verarbeitung bleiben, die nichts mit der eigentlichen Szenerie zu tun haben (siehe Foto 11, 12, 13; 26/27/28 in Vollbild). Die meisten der Qualitätsunterschiede bei besten Lichtverhältnissen fallen erst bei genauer Betrachtung am Computer auf. Sobald die Beleuchtung abnimmt, wie die Fotos bei bewölktem Himmel zeigen, fällt das Galaxy A50 deutlicher zurück.

Bei Nacht bleibt das Galaxy A50 auf der Strecke

Noch deutlicher werden die Unterschiede bei Nachtaufnahmen. Sobald die Beleuchtung abnimmt, sollte beim Galaxy A50 zum 12-Megapixel-Modus gegriffen werden, da die zusätzliche Auflösung bei abnehmender Beleuchtung für verwaschene und detailarme Aufnahmen sorgt. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass der 12-Megapixel-Modus per se gute Nachtaufnahmen anfertigt. Vor allem bei Nacht kämpft das Galaxy A50 mit der Schärfe, möglicherweise weil die Rauschunterdrückung zu aggressiv arbeitet und dadurch Inhalte verschwimmen. Dies zeigt sich in schlecht leserlichen Schriften ohne klare Struktur. Zudem gibt es Probleme mit hellen Lichtquellen im Bild, die zum Teil in ihrer Farbe nicht eingefangen werden können und schlicht weiß strahlen. Durch die Helligkeit der weißen Fläche gehen Strukturen und Details verloren.

Das Motorola One Vision geht mit Gegenlicht besser um, auch wenn es dieses nicht ideal verarbeitet. Das Rauschen bei Nacht fällt beim One Vision geringer aus, zudem sind die Bilder schärfer und sichtbar detailreicher. Beleuchtete Bereiche lassen bei Nacht noch Details, Verläufe und Konturen erkennen. Beide Smartphones haben mit Linsenreflexionen bei Gegenlicht zu kämpfen, was die Komposition je nach Aufnahmewinkel stört. Auffällig ist die deutlich andere Farbdarstellung. Neigte das Galaxy A50 bei Tageslicht noch zu einem bläulichen, kühleren Bild, so fallen die Nachtaufnahmen, wie bei anderen Samsung-Modellen in der Vergangenheit beobachtet, sichtbar wärmer aus. Ganz anders zeigt sich das One Vision, das bei Nacht sehr kühle, bläuliche Aufnahmen macht und zum Teil den Himmel verzerrt.

Nachtmodus im One Vision überzeugt

Noch deutlicher wird der Unterschied aber mit dem Nachtmodus des One Vision. Wenngleich nicht in allen Szenarien, schafft es Motorola beim Großteil der Aufnahmen, den Vorsprung weiter auszubauen. Der Nachtmodus verarbeitet die Bilder anders, eine Aufnahme dauert länger und die Belichtungszeit steigt auf teils 1/30 Sekunde. Das Resultat sind wie bei Huaweis oder Googles Nachtmodus deutlich hellere, kräftigere Aufnahmen. Die Bilder gewinnen zum Teil deutlich an Schärfe und Dynamik, sodass insgesamt mehr Details zu sehen sind. Auch die Verarbeitung von hellen Lichtquellen gelingt deutlich besser, hier holt das Smartphone einiges mehr an Details heraus und die Gesamtkomposition wird beruhigt. An manchen Stellen im Bild kostet die zusätzliche Helligkeit aber Schärfe aufgrund der Rauschunterdrückung und auch einige Farbtöne fallen blasser aus, was in partiell niedrigeren Kontrasten resultiert. Insgesamt ist der Nachtmodus aber zu empfehlen. Dem Galaxy A50 fehlt ein Nachtmodus, sodass Motorola auf Seiten der Kamera-Software die Nase vorn hat.

Das Galaxy A50 ist dank Ultraweitwinkel flexibler

Ein Ass hat das Galaxy A50 trotzdem im Ärmel, nämlich die Ultraweitwinkelkamera. Diese ist im Preisbereich bis 350 Euro relativ selten anzutreffen und ermöglicht vielseitige Aufnahmen, die mit der Hauptkamera nicht möglich wären. Letztere kommt auf einen Aufnahmebereich von 78 Grad, das Ultraweitwinkelpendant hingegen auf 123 Grad. Dies resultiert in weiträumigeren Aufnahmen. Die Auflösung der Fotos beträgt allerdings nur 8 Megapixel, sodass Schärfe und Details weniger als bei der Hauptkamera zur Geltung kommen. Doch die Aufnahmen mit 123-Grad-Sicht sind vor allem für die Betrachtung im Vollbild gedacht, nicht aber in Originalgröße. Gerade Landschaften profitieren von den Aufnahmen, die Bilder sind kontrastreich, zum Teil sogar übersättigt, halten bei der Dynamik aber nicht mit den Standardaufnahmen mit. Innerhalb von Gebäuden fallen die Aufnahmen zu den Rändern hin aufgrund des großen Winkels verzerrt aus, eine Korrektur findet zumindest nicht sichtbar statt. Bei Nacht sollte auf die Ultraweitwinkelkamera verzichtet werden, denn die Fotos fallen deutlich dunkler, unschärfer und detailärmer aus. Am Tag bringt die Kamera aber deutlich mehr Flexibilität und Potential für kreative Aufnahmen mit, zudem ist eine entsprechende Kamera oft erst ab dem gehobenen Preisbereich zu finden.

UHD-Videos bei Samsung nur mit anderen Kamera-Apps

Hinsichtlich Videos zeigt sich ein interessanter Unterschied: Rein leistungsbezogen sind beide Versionen des Exynos-Chips fähig, UHD-Videos aufzuzeichnen, doch nur das One Vision unterstützt dies in der vorinstallierten Kamera-App. Das Galaxy A50 ist auch in der Lage, Videos mit höherer Auflösung als Full HD aufzuzeichnen, benötigt dafür aber eine Kamera-App von Drittanbietern. Warum Samsung trotz der theoretischen Leistungsfähigkeit und der üppigen Speicherausstattung diese Funktion außen vor lässt, ist unklar.

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