ThinkPad X1 Nano im Test: Das kleine Schwarze von Lenovo

Nicolas La Rocco
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ThinkPad X1 Nano im Test: Das kleine Schwarze von Lenovo

Das ThinkPad X1 Nano ist das kleinste und leichteste ThinkPad aller Zeiten. Für rund 2.000 Euro gibt es auf gerade einmal 900 g viele bekannte ThinkPad-Tugenden, etwa bei Verarbeitung, Display und Office-Leistung. Käufer müssen aber auch gewisse Kompromisse eingehen, die je nach Anforderungen mehr oder weniger schwer wiegen.

Mit dem ThinkPad X1 Nano bietet Lenovo das bisher kleinste und leichteste ThinkPad des Unternehmens an. Während das neue ThinkPad X1 Carbon G9 auf knapp über 1 kg kommt, sind es beim ThinkPad X1 Nano gerade einmal 900 g und somit gut 10 Prozent weniger. Damit unterbietet der Hersteller sogar noch das zuletzt getestete Dynabook Portégé X30W-J-10H, das für sich alleine betrachtet mit 989 g schon federleicht erschien.

Understatement großgeschrieben

Zum ultimativen mobilen Begleiter machen das ThinkPad X1 aber auch die kompakten Abmessungen von nur 29,28 × 20,77 × 1,4 cm (B × T × H). So manches eigentlich kompakte Ultrabook, etwa ein älteres Dell XPS 13 des Autors, wirkt dagegen groß und schwer. Das ThinkPad X1 Nano ist aber nicht nur im Rucksack ein unauffälliger Begleiter, auch im Dienst lautet die Devise oberste Zurückhaltung mit dem vollständig in mattem Schwarz ausgeführten Gehäuse. Wer möchte, kann die stabile Karbonstruktur des Chassis bei einer speziellen Version des Notebooks sichtbar im Deckel haben. Dort versteckt sich aber ansonsten nur ein dezentes ThinkPad-X1-Logo mit leuchtendem i-Punkt im Betrieb.

Kleiner bedeutet weniger Anschlüsse

Das ThinkPad X1 Carbon G9 gehört bereits zu den kompaktesten und leichtesten Notebooks am Markt. Wo hat Lenovo den Gürtel also noch enger geschnallt, um das ThinkPad X1 Nano auf die Beine zu stellen? Zunächst einmal ist das Modell ein 13-Zoll- und kein 14-Zoll-Notebook. Das alleine reduziert den Fußabdruck bereits um mehrere Millimeter in Breite und Tiefe. Die Höhe lässt sich darüber hinaus meistens nur durch das Weglassen gewisser Anschlüsse realisieren und genau so hat es Lenovo umgesetzt. 3,5-mm-Klinke und zweimal Thunderbolt 4 gibt es links, rechts sitzen die Power-Taste und der Luftauslass. Weil das Testgerät mit WWAN-Modul für Mobilfunk statt nur WLAN ausgestattet ist, gibt es hinten am Chassis noch einen Nano-SIM-Slot.

Was kann das ThinkPad X1 Carbon G9 im Direktvergleich mehr? Das 14-Zoll-Notebook bietet neben dem ganz offensichtlich größeren Bildschirm zweimal USB Typ A und einen vollwertigen HDMI-Anschluss. Die Entscheidung für oder gegen eines der beiden Notebooks ist also auch davon abhängig, welche Speichermedien oder externen Geräte mit oder ohne Adapter angeschlossen werden sollen. Das ThinkPad X1 Nano spielt eher in einer Liga mit dem neuen Dell XPS 13 (9310) oder Apple MacBook Air, während das ThinkPad X1 Carbon G9 etwas mehr Flexibilität bei größerem Fußabdruck bietet.

Praktischer 16:10-Bildschirm

Kaum als Einschränkung kann allerdings der 13 Zoll große Bildschirm bezeichnet werden, denn dieser bietet mit dem zuletzt auch für das ThinkPad X1 Carbon G9 wieder eingeführten 16:10-Format ein vor allem im Office-Umfeld praktisches Seitenverhältnis, das mehr Inhalt auf Websites oder in Office-Dokumenten sichtbar macht, bevor gescrollt werden muss. Höhere Bildschirme im 16:10- oder gar 3:2-Format sind der Traum eines jeden Online-Redakteurs, weil die Vorteile eindeutig die Nachteile überwiegen, wenn man sie überhaupt so nennen kann. Filme etwa weisen bei diesem Format höhere schwarze Balken auf, die ohne OLED-Panel eher wie Dunkelgrau wirken.

Lenovo bietet das ThinkPad X1 Nano mit und ohne Touchscreen an, wobei das Testgerät ohne dieses Feature auskommt und dafür ein mattes Panel bietet, das sich abgesehen von dieser Eigenschaft nicht von der Touch-Alternative unterscheidet. Die Auflösung fällt mit 2.160 × 1.350 Pixeln etwas höher als bei der klassischen 16:10-Auflösung von 1.920 × 1.200 Pixeln aus und sorgt für eine klare Darstellung mit scharfem Schriftbild. Auf 13 Zoll mit nativer 100-Prozent-Skalierung liefert das Panel zwar die beste Qualität, im Alltag sind 125 oder 150 Prozent (Werkseinstellung) aber etwas angenehmer für die Augen.

Helles Display mit guter Farbdarstellung

Der Bildschirm kommt mit einer Zertifizierung für Dolby Vision, sodass entsprechende Inhalte etwa über Netflix wiedergegeben werden können. Ein „HDR-Monster“ ist das ThinkPad X1 Nano allerdings nicht, wenngleich die über neun Messfelder ermittelte durchschnittliche Helligkeit mit 427 cd/m² durchaus gut ausfällt. Lenovo selbst wirbt mit 450 cd/m², diese konnte ComputerBase aber nur in der Bildschirmmitte (457 cd/m²) erreichen. während rundherum Abweichungen von geringen 5 Prozent auftraten. Einzig unten links kam es mit Messwerten leicht über 400 cd/m² zu einer größeren, aber primär für das Messgerät sichtbaren Differenz. Die höchste Helligkeitsstufe kann als Boost verstanden werden, denn zur nächsttieferen Stufe gibt es einen Sprung um 150 cd/m². Der statische Kontrast liegt bei sehr guten 1.640:1, die Farbabstimmung fiel im Test hervorragend aus. Der Bildschirm deckt 100 Prozent des sRGB-Farbraums ab.

Diagramme
Maximale Helligkeit
    • Samsung Galaxy Book S (Core i5-L16G7, Outdoor-Modus)
      612
    • Huawei MateBook X Pro (Core i7-10510U)
      596
    • Dell XPS 13 (9300) (Core i5-1035G1)
      477
    • Gigabyte Aero 15 OLED (Core i7-10875H)
      470
    • Schenker Vision 15 (Core i7-1165G7)
      460
    • Acer Swift 3 (Core i7-1065G7)
      452
    • Lenovo ThinkPad X1 Nano (Core i7-1160G7)
      427
    • Dynabook Portégé X30W-J-10H (Core i5-1135G7)
      391
    • LG Gram 17 (Core i5-1035G7)
      381
    • Asus ExpertBook B9400CE (Core i7-1165G7)
      380
    • Samsung Galaxy Book S (Snapdragon 8cx)
      375
    • Samsung Galaxy Book S (Core i5-L16G7)
      332
    • Asus ROG Zephyrus G14 (Ryzen 9 4900HS)
      325
    • Gigabyte Aorus 17G (Core i7-10875H)
      307
    • HP Pavilion 15 (Ryzen 7 3750H)
      303
    • Asus ExpertBook B9450FA (Core i7-10510U)
      292
    • Acer Nitro 5 (Ryzen 7 4800H)
      292
    • Asus TUF Gaming A17 (Ryzen 7 4800H)
      277

Tastatur spaltet die Gemüter

Dünner ist das Notebook auch geworden, weil Lenovo die Tastatur überarbeitet hat. Sie fällt etwas schmaler aus, was sich vereinzelt an Tasten wie AltGr, Druck oder Strg (rechts) sowie Raute und Pluszeichen zeigt, während die „normalen“ Tasten zum Schreiben ihre bekannte Größe behalten. Dafür hat Lenovo den Hub weiter reduziert, von 1,5 auf nur noch 1,35 mm. Für manchen Ex-IBM-/Lenovo-Puristen mag damit die Welt zugrunde gehen, anderen Nutzern wiederum, vor allem Neueinsteigern in die ThinkPad-Welt, dürfte hingegen kaum etwas negativ auffallen. Der Autor fällt eher in die zweite Kategorie und kam mit der neuen Tastatur selbst bei längeren Texten gut im Alltag zurecht. Da störte eher die ganz links positionierte Fn- statt Strg-Taste. Diese Belegung lässt sich jedoch im BIOS tauschen. Nachvollziehbar ist aber durchaus, dass Veränderungen am „Heiligtum“ durchaus für Kritik sorgen können. Ob das Tippgefühl zusagt, sollte vor Ort ausprobiert werden, wenn dies wieder in Geschäften möglich ist. Das ThinkPad X1 Carbon G9 behält übrigens die bekannten 1,5 mm Hub bei.

Nichts Neues gibt es bei der Kombination aus Touchpad (Lenovo nennt es Clickpad) und TrackPoint zu berichten, denn schon seit dem ThinkPad X1 Carbon G7 sind die drei Maustasten des TrackPoints flach ausgeführt, um Bauhöhe zu sparen. Bei früheren Generationen waren sie noch gegenläufig mit Erhöhungen versehen, um sie blind ertasten zu können, wie Liebhaber dieses Layouts zu berichten wissen. Doch auch hier stellt sich die Frage, wie sehr diese Mechanismen in Fleisch und Blut übergegangen sind, sodass man sich an den neueren Umsetzungen so sehr stört, dass sie dem Kauf des Notebooks im Weg stehen. Im Verlauf des Tests stellte das Arbeiten mit TrackPoint und Maustasten statt Clickpad eine nach wie vor äußerst gelungene Alternative dar.

Zum Clickpad sei noch anzumerken, dass es mit 10 × 5,7 cm nicht größer als das zuletzt als zu klein kritisierte Touchpad des Portégé X30W-J-10H ausfällt. Weil Lenovo aber den Fingerabdrucksensor auslagert, fühlt sich das Touchpad etwas geräumiger an – Raum nach oben gibt es dennoch. An den Gleiteigenschaften der mattierten Glasoberfläche oder der Erkennung verschiedener Windows-10-Gesten gibt es nichts auszusetzen.

Die Kamera lässt sich verschließen

Der Fingerabdrucksensor rechts neben dem Clickpad ist eine Option für die biometrische Anmeldung unter Windows 10. Alternativ sitzt oberhalb des Bildschirms eine hybride Webcam aus Infrarotsensor und 720p-Kamera, die eine Gesichtserkennung durchführen kann, was im Test zuverlässig funktionierte. Erneut gibt es einen mechanischen Verschluss, um die Linse zu verdecken. Mit 720p-Auflösung ist sie für Videochats geeignet, viele Smartphones haben aber deutlich bessere Selfie-Kameras. Bisher gibt es kein einziges Notebook (oder MacBook), das dem Trend zum Home-Office in Coronazeiten mit einer wirklich guten Kamera gerecht wird – unabhängig vom Preis.