AMD Bulldozer im Test: Ein schwarzer Mittwoch

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Volker Rißka
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Fazit und Empfehlung

Die Theorie klang sehr gut, doch das finale Produkt fällt vorerst tief: Was AMD aus einem 315 mm² großen und satte 2 Milliarden Transistoren umfassenden Prozessor-Die herausholt, enttäuscht auf nahezu ganzer Linie. Nicht nur, dass die Performance wenig Überzeugungsarbeit leistet, der exorbitante Stromverbrauch, der dazu notwendig ist, schockiert regelrecht. Doch der Reihe nach.

Betrachtet man den AMD FX-8150 mit Scheuklappen und schaut einzig und allein auf die Performance in Anwendungen und wenigen Spielen in hoher Auflösung, liefert der Prozessor eine neun Prozent höhere Leistung als ein Phenom II X6 1100T ab. Dieser Vorsprung basiert jedoch bereits zum großen Teil auf modernen Anwendungen im Rating wie TrueCrypt, in denen der Prozessor dank AES-NI-Unterstützung 420 Prozent mehr leistet als der Vorgänger – ohne diese Anwendung sähe es für den Prozessor, der von AMD mit acht Kernen beworben wird, gegenüber dem Sechs-Kern-Modell wohl deutlich schlechter aus. Bei gleichem Takt, gleich schnellem Speicher und ohne Turbo zeigen sich dann auch die Probleme des „Bulldozers“: Die Architektur kann aktuell nicht mit der Vorgänger-Generation mithalten. Und so sind Phenom II X6 und X4 bei gleichem Takt aktuell durch die Bank schneller als die Serien FX-6100 und FX-4100.

Folglich wird das selbst erklärte Ziel des FX-8150, den Intel Core i5-2500K im Gesamtpaket ohne Grafiklimitierung (die bei den von AMD publizierten Benchmarks immer bestand) zu schlagen, klar verfehlt. Das wird insbesondere sichtbar, wenn andere wichtige Faktoren neben der reinen Performance zum Tragen kommen: Verbrauch und Preis.

Sieht der Verbrauch bei Betrachtung des Gesamtsystems bereits hoch aber noch halbwegs vertretbar aus, offenbart erst die Differenz zwischen Idle und voller Belastung das wahre Ausmaß: Beim Mehrverbrauch unter Last liegt Bulldozer nahezu beim doppelten (!!) Wert von „Sandy Bridge“. Dass die CPU im Test fast 30 Watt mehr verbraucht als ein Phenom II X6, den der Prozessor aber nur um neun Prozent in der Performance schlägt, setzt dem Ganzen letztlich noch die Krone auf. Da hilft es auch wenig, dass der Verbrauch des FX-8150 im Idle sehr gut ausfällt (hier unterbietet die neue CPU den X6 1100T auf gleicher (stromfressender) Hauptplatine um gut acht Watt).

AMD FX-8150
AMD FX-8150

Auch beim Preis greift der FX-8150 vorerst ins Leere: 245 US-Dollar sind für das Gebotene zu viel. Wer bei AMD bleiben und mehr Leistung gegenüber seiner alten CPU haben will, der greift besser zum 140 Euro teuren AMD Phenom II X6 1090T – der leistet vielleicht 15 Prozent weniger als das Flaggschiff, kostet aber so viel weniger, dass man dafür bereits ein neues Mainboard bekommt, verbraucht zudem nicht soviel Energie für sechs volle Kerne und hat ebenfalls einen frei bestimmbaren Multiplikator. Für alle anderen Prozessorinteressenten führt auch nach der Vorstellung der AMD „Bulldozer“ kein Weg an den Intel „Sandy Bridge“ vorbei, die in Form der Einsteiger-Quad-Core-Prozessoren preislich ansprechend sind und dafür Leistung satt bei niedrigem Verbrauch bieten. Im Sinne der potentiellen Kunden, unserer Leser, hätten wir uns an dieser Stelle durchaus ein anderes Fazit gewünscht.

Da sich die schwache Gesamtvorstellung leider auch in den Klassen mit weniger Kernen fortsetzt, hat AMD bereits vor dem Start den Preis des FX-6100 gesenkt, der für 165 US-Dollar in den Handel kommen soll. Das Modell FX-4100 mit zwei Modulen wird gar für 115 US-Dollar in den Handel geschickt, womit AMD bereits zum Start fast wieder die Region der Ramschpreise betritt – das Ziel, endlich wieder höhere Preise verlangen zu können, wurde klar verfehlt. Diese Preissenkungen sind allerdings in der Tat nötig, denn ein schnellerer „Llano“ mit freiem Multiplikator, der A8-3870K, steht bereits vor der Tür. Er bringt für kleines Geld eine potente Grafik gleich mit und steht damit im Gesamtpaket dank optimierter K10-Technik im CPU-Teil bei gleichem Takt über den kleinen FX-Modellen.

Etwas Trost bleibt beim Blick auf den Server-Markt, für den der „Bulldozer“ primär entwickelt wurde. Dort liegt die Performance deutlicher im grüneren Bereich, da sich die CPUs bei den speziellen Anwendungen irgendwo in der Mitte zwischen dem Rating unserer Anwendungen und den theoretischen Tests, wo der „Bulldozer“ am besten dasteht, wieder finden; allerdings immer noch bei viel zu hohem Strombedarf. Die vermutliche Verschiebung der neuen Xeon E5 auf Basis der „Sandy Bridge-E“ könnte AMD hier etwas in die Karten spielen, um den einstelligen Marktanteil zumindest wieder auf ein zweistelliges Niveau zu hieven. Wunder sollte man von der ersten Generation dieser Prozessoren aber auch hier nicht erwarten.

Abschließend sei gesagt: AMD scheint sich der Probleme mit den ersten Ablegern des „Bulldozers“ durchaus bewusst. Direkt zum Start gibt es neben sehr niedrigen Preisen deshalb eine neue Roadmap, die drei Jahre in die Zukunft reicht. Parallel dazu wird bereits seit einigen Wochen über die „Piledriver“-Kerne geredet, die im kommenden Jahr das erste Update für die „Bulldozer“-Kerne darstellen. Sie sollen mehr IPC bieten und dabei weniger Strom aufnehmen – die beiden größten Baustellen der ersten Generation. Zusammen mit Windows 8, von dessen neuen Scheduler jedoch sehr viele Prozessoren profitieren dürften, will AMD so ein deutlich ansprechenderes Paket schnüren. Es ist zu hoffen.

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