News Intel Itanium: Das letzte Einhorn „Kittson“ wird ausgeliefert

RAS-Features waren das Thema bei Itanium und heute stehen die Xeon E7 dem in der Hinsicht nicht mehr nach, also ist der überflüssig geworden und seine Schwächen bei der SW Unterstützung und Performance machen den Itanium auch nicht attraktiver.
 
Hier sagen alle, dass sei eine alte CPU-Architektur die keiner braucht. Warum besteht dann HPE darauf? Das verstehe ich nicht.
 
Da hier so viel gefragt wird, ne kurze Geschichtsstunde zu Itanium.

https://www.heise.de/ct/inhalt/2010/02/152/ schrieb:
2003 bewies AMD, dass der K7-Athlon keine Eintagsfliege war:
Die bereits 1999 angekündigten, 64-Bit-tauglichen K8-Prozessoren debütierten mit der Server-Version Opteron. Diesen Schlag konnte Intel im kleinen, aber bedeutenden Server-Markt nicht parieren: Die 32-bittigen Xeons litten nicht bloß unter den NetBurst-Nachteilen, sondern
zusätzlich unter ihrer veralteten Frontsidebus-Architektur, die Systeme mit mehr als zwei Prozessoren deutlich bremste.
Auf dem 64-Bit-Feld hatte Intel ein völlig anderes Spiel geplant: Der nach ewigen Verzögerungen 2001 endlich erschienene Itanium war im Grunde nicht x86-kompatibel und vergleichsweise teuer. Ursprünglich sollte er auch Workstations und kleinere Server befeuern; dieser Plan scheiterte mangels Performance und passender Software. Heute lebt Itanium nur noch in der Nische teurer High-End-Server.


c0mpu schrieb:
Hier sagen alle, dass sei eine alte CPU-Architektur die keiner braucht. Warum besteht dann HPE darauf? Das verstehe ich nicht.

Weil sie Supportverträge ein zu halten haben. Die Softwaremigration dauert bzw. wird wohl für ihre Kunden Jahre dauern, die Kunden sind über jeden weiteren Tag Support froh.

Intel hat schon vor einiger Zeit versucht diese leidige Geschichte zu beenden, können sie aber eben nicht. Wie viel Energie allerdings in Kittson von Intel reingesteckt wurde...
 
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Candy_Cloud schrieb:
Bestimmte Rechenanwendungen profitieren erheblich von den Befehlssätzen der Itanium. Daher gibt es Rechenzentren die viele dieser alten Dinosaurier verwenden.

kann mir kaum vorstellen, dass es mittlerweile noch code gibt, den man nicht so programmieren kann, dass er nicht auf aktuellen cpus oder gpus (die gibts ja auch noch) schneller läuft, sondern auf diesen 10 jahre alten dingern...obendrein xeonphi
 
XShocker22 schrieb:
Mal eine Frage: Hätte diese Architektur denn Potenziel gehabt x86 abzulösen?

XShocker22

ganz ehrlich? Hier ist die Antwort eindeutig nein da die Itanics im IA32 Mode also der X86 32Bit Kompatiblitätsmodus einfach zu lahm waren, wenn man die durchdringung von nativen 64Bit Anwendungen im aktuellen Stadium sieht, weiß man das noch immer genügend Anwendungen als 32Bit Anwendung geschrieben werden.

Intel hätte die Entwickler also quasi dazu zwingen müssen alle ihre Anwendungen auf IA64 zu schreiben. Es ist halt ein schönes bsp. wenn man wie AMD mit dem AMD64 gewusst hat was für den Markt das bessere System ist (auch wenn es den Umstieg verlangsamt).
 
Letztlich ist Itanium im PC-Bereich an den selben Umständen gescheitert, wie CPU-Architekturen anderer Hersteller, die auch versucht haben x86 dort abzulösen oder zumindest größere Marktanteile abzuknöpfen.

Welche diese Hoffnungsträger waren, kann man ganz gut an der Liste der von Windows NT zweitweise mal unterstützten Architekturen ablesen. Das wären (neben x86/AMD64): MIPS, ALPHA, Power PC, ARM und halt Itanium.

Nur Power PC hat eine Weile relativen Erfolg im PC-Segment gehabt, weil Apple darauf gesetzt hat. Aber auch das ging letztlich vorbei und Apple wechselte in x86-Lager.

ARM hat ganz am Anfang in den 90ern mal einen Anlauf (ohne Windows) gemacht, in den Acorn Archimedes/RISC-PCs (die nur in GB zeitweise gewissen Erfolg hatten) und dann vor ein paar Jahren nochmal ein zaghafter Ansatz mittels Windows RT. Aber letztlich konnte ARM bei PCs doch nicht Fuß fassen. (Abseits davon ist ARM allerdings ein riesiger Erfolg.)

Die x86-Architektur hat einfach ein zu gewaltiges Beharrungsvermögen. Kompatibilität zu vorhandener Software, über Jahrzehnten gereifte Entwicklungsumgebungen, die große Erfahrung, die Softwareentwickler damit haben usw. Dagegen kommt eine andere Architektur nicht an, selbst wenn sie technisch überlegen ist.
x86 ist zu groß geworden, um zu scheitern. Selbst x86-Vater Intel selbst konnte daran nichts ändern.
 
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Overkee schrieb:
Aus dem Artikel hat sich für mich jetzt nicht wirklich erschlossen wofür der Prozessor da ist.

War halt auch nicht das Ziel des Artikels..

tree-snake schrieb:
Was kann der und wer kauft/braucht sowas ?

Neben all den bisherigen Antworten hierzu sollte man vllt. auch festhalten dass das Ganze in typischer Intel-Manier einfach nur ein Versuch war noch mehr Geld abzustauben als sonst. Intel hat sich halt angesehen was IBM & Co. für ihre CPUs verlangen konnte, weil IBM ihr Zeug nun Mal für die Bedürfnisse einer sehr speziellen Nische mit äußerst Zahlungskräftigen Kunden ausgelegt hatte, und wollte auch ein Stück vom Kuchen. Intel hat dann aber, als Quasi-Monopolist im Gegensatz zu IBM, auch versucht den Rest des Marktes soweit zu verzerren das im wesentlichen jeder der moderne Hardware hätte haben wollen zu diesen Itanium Produkten hätte greifen müssen - insofern kommt schon ein Stück weit auch Schadenfreude dabei auf wenn man sich ansieht wie spektakulär Intel dabei gescheitert ist.

Die Kurzfassung davon ist das in sogenannten "Mission Critical" Bereichen PCs und Windows/Linux nicht "gut genug" sind, weil man ja z.B. keine Ahnung hat wie oft dann schlussendlich wirklich ein Blue Screen auftreten wird, oder ob nicht doch Software Update X mit Hardware Komponente Y inkompatibel ist, oder wieviele Buchungen das System in einer Bestimmten Konfiguration tatsächlich schaffen können wird, usw. Entsprechend kommen dort andere Systeme als PCs zum Einsatz (nein, nicht Macs - das sind genau so PCs mittlerweile) bei welchen die Einzelteile wesentlich besser auf einander abgestimmt sind und wo man auch Garantien über die Leistung des ganzen abgeben kann..

Darüber ob es jetzt schlussendlich besser funktioniert als ein klassischer PC kann man streiten, aber diejenigen die so etwas kaufen haben dann wenigstens jemanden den sie festnageln und verklagen können falls das System eben nicht einhält was versprochen wurde. Und IBM ist bisher nicht all zu schlecht damit gefahren. (Hat aber lustigerweise trotzdem ihre eigenen Fertigungseinrichtungen vor kurzem verkauft.)

Der Grund für den Untergang des Itanium dürfte neben bzw. ergänzend zu AMDs x86_64 aber auch sein dass die zu der Zeit entscheidenden (Software-)unternehmen wie Google und Yahoo angesichts ihrer Größe und ihres Geschäftsmodells dazu gezwungen waren eine Alternativlösung finden zu müssen als die völlig überteuerten Großrechner von IBM um trotz der Unsicherheit und Instabilität von PCs und PC-Betriebssystemen dennoch eine durchgängige Verfügbarkeit Ihre Dienste sicherstellen zu können. Und das taten sie auch.. Und jetzt 10 Jahre später stehen diese Lösungen dank Open Source auch allen anderen zur Verfügung. Entsprechend tut sich keiner den Vendor Lock-In und die Kosten von Intel welche mit Itanium verbunden wären freiwillig an, und diejenigen die vorher schon bei IBM waren bleiben nach wie vor dabei und Zahlen brav ihr Schutzgeld an IBM weil sie sich nicht trauen irgendwas an ihren Systemen umzustellen.

tree-snake schrieb:
Was ist an der Technologie jetzt so besonders ?

Overkee schrieb:
Anscheinend sind die Prozessoren für VLIW (ebenfalls nie gehört).

Wenn man die VLIW und EPIC Begriffe wirklich einordnen möchte kommt man leider nicht drum herum sich genauer ansehen zu müssen wie moderne Prozessoren Software wirklich ausführen. Dieser Artikel hierzu ist imho recht gut - zwar leider halbwegs lang, aber dafür durchwegs für Jedermann verständlich.
 
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XShocker22 schrieb:
Mal eine Frage: Hätte diese Architektur denn Potenziel gehabt x86 abzulösen?

Dafür war der Itanium gar nie gedacht, das war eine Architektur für eine Nische aus 64bit und paralellen Aufgaben.

Das Problem an der Sache war dass die Softwareanbieter allesamt hätten komplett darauf anpassen müssen und dass in der Zwischenzeit bis zum Marktstart sich die x86 CPUs extrem weiterentwickelt hatten. Damit haben das sehr viele von Anfang an als Totgeburt gesehen.
 
Volker schrieb:
Der vermutliche letzte Prozessor seiner doch sehr speziellen Art wird ausgeliefert: Kittson. Intels Itanium-Serie findet damit höchstwahrscheinlich ihr eher unrühmliches Ende, nachdem es in den letzten Jahren nur noch Streit zwischen den beteiligten Parteien gab. Die letzte Generation hat bereits über vier Jahre auf dem Buckel.

Zur News: Intel Itanium: Das letzte Einhorn „Kittson“ wird ausgeliefert

Irgendwie unglücklich ausgedrückt, oder? Im letzten Satz wäre es besser, zu schreiben: "die aktuell genutzte Generation"
 
Itanium... wusste garnicht das es die Prozessoren noch gibt...werden die überhaupt noch von Windows unterstützt ?
 
NoD.sunrise schrieb:
Dafür war der Itanium gar nie gedacht, das war eine Architektur für eine Nische aus 64bit und paralellen Aufgaben.

Sollte aber nicht der Tejas-Nachfolger Nehalem nicht auch eine reine 64bit Architektur werden? Wäre es da nicht sinnvoll gewesen bei den Itaniums abzuschauen und diese zu übernehmen?

Nachtrag: Nicht zu verwechseln mit dem auf der Core-Architektur basierenden Nehalem.
 
Overkee schrieb:
Aus dem Artikel hat sich für mich jetzt nicht wirklich erschlossen wofür der Prozessor da ist.

Nur das er ziemlich lange in der Entwicklung war, nur mit 22nm gefertigt wird...

Kann mich mal jemand aufklären? Habe noch nie von dieser Serie gehört.

Der Intel Itanium war / ist ein Produkt, was sich an Großkunden richtet, die große Serverfarmen, oder ganz spezielle Industrierechner haben. Unter anderem setzt die NASA mit ihrem "Columbia" Supercomputer eine Maschine ein, die aus 27 Maschinen mit jeweils 512 Itanium 2 Prozessoren besteht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Columbia_(Supercomputer)

Das "Problem" der Itanium Reihe war, daß die 64 Bit Architektur, die Intel dem Prozessor verpasste, nicht x86 kompatibel war. AMD brachte mit dem Athlon 64 "Hammer" damals die x86-taugliche AMD64 Architektur, die Intel dann für den Core 2 Duo lizensierte.

Für Privatleute war und ist der Itanium ein uninteressantes Produkt.
 
c0mpu schrieb:
Hier sagen alle, dass sei eine alte CPU-Architektur die keiner braucht. Warum besteht dann HPE darauf? Das verstehe ich nicht.

Weil Firmen komplette Infrastruktur und Software darauf laufen haben die zum Großteil auch immer custom tailored ist. Da mal Hardware zu ersetzen und mehr Leistung zu erzielen oder eben weniger Platz/Energie etc aufzuwenden ist deutlich billiger und weniger risikobehaftet als wenn Du plötzlich das ganze System umstellst.
Komplette Systemwechsel macht man vlt alle 20 - 30 Jahre mal, da ist Itanium eben noch nicht angekommen.

Für alle die Itanium nicht verstehen: das Ding war ein Ansatz um, unter anderem, hochparallelisierbare Aufgaben effizient abzuwickeln. Was im Server-Client-Umfeld häufig auftritt und durch Ansätze wie HT/SMT sowie generell die Nutzung vielkerniger Prozessoren mittlerweile anders gelöst wird. Spätestens als Intel seine Atom-Linie für Server aufgebohrt hat mit 32 oder 64 Kernen pro CPU (und damit quasi den ARM-Hype gekontert hat) war das Thema für Itanium auch durch.
Und was Berechnungen angeht... VLIW ist ein Grundprinzip welches z.B. bei GPUs Anwendung fand. AMD nannte die prä-GCN-Architektur direkt so: 4D-VLIW und 5D-VLIW. Und exakt das ist der Punkt wo die Zeit Itanium überfahren hat: den Job machen jetzt GPUs besser und effizienter.
Tesla, Knights Corner/Landing erledigen die Prozesse in Supercomputern für die Itanium mal gedacht war. Im übrigen auch ein riesen Problem für Sun, IBM und Co da Supercomputer zuletzt sehr stark GPUs verbaut haben oder eben die manycore-Chips der Kategorie ARM/Sunway.

fun fact: es wird gemunkelt (man weiß es ja nicht da das chinesische Militär nichts über seine Produkte sagt) dass der Sunway auf DEC Alpha basiert. DEC Alpha wurde damals so oft verkauft bis es letztlich bei Compaq und Intel gelandet ist - dort wurde es dann einfach eingestellt weil man auf Itanium gewechselt ist. DEC Alpha folgt denselben RISC-Prinzipien wie ARM, was sehr lustig ist da ARM mittlerweile von Intel als größte Bedrohung angesehen wird und sie wenig erfolgreich versuchen damit in direkte Konkurrenz zu treten. Mal abgesehen vom Servermarkt, dort versucht aber ARM in Konkurrenz mit Intel zu treten.
 
Die letzten Itanium Kisten wurden letztes Jahr "entsorgt" waren von HP und darauf lief HP-UX und waren reine Oracle DB Server für SAP.

Ich habe noch eine CPU aus den Kisten ergattern können. Liegt nun im Schrank zum anschauen.
 
TenDance schrieb:
Spätestens als Intel seine Atom-Linie für Server aufgebohrt hat mit 32 oder 64 Kernen pro CPU (und damit quasi den ARM-Hype gekontert hat) war das Thema für Itanium auch durch.
Welcher Atom hat denn 32 Kerne? :freaky:

Es gibt drei Linien:

Atom C2000 (Silvermont, 8C)
Xeon-D 1500 (Broadwell-DE, 16C)
Xeon Phi x200 (Custom Silvermont, 64-72C)

Der eigentliche Konter zu der ARM-Geschichte im Serverbereich war/ist aktuell noch der Xeon-D auf Broadwell-Basis und entstammt somit der "Big-Core" Linie von Intel. Den Xeon Phi würde ich trotz seiner boot-fähigkeit dann doch eher als Beschleuniger / FPU-Monster bezeichnen, nicht als typische Server-CPU.

____

Edit: Ich frage mich ja schon, wieviele alte Kisten HP am Ende draußen im Feld noch beim Kunden totpflegen muss. Das es Kunden gibt, die grundsätzlich wenig motiviert sind, ihre Spezialapplikationen auf eine andere Architektur umzustellen, kann ich verstehen. Warum man aber den Gaul doch wirklich bis zum allerletzten Atemzug reiten muss und sich damit in stetige Abhängigkeit eines Herstellers begibt, will mir dann doch nicht so richtig einleuchten.
 
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NoD.sunrise schrieb:
Windows Server 2008 R2 war imho die letzte Version, denke die Unix Systeme waren da verbreiteter.

alles klar.. Windows Server 2008 R2 ..ist ja auch schon etwas älter aber solange noch da ein Linux laufen tut..muss man ja nix entsorgen..
 
Oder alternativ SUSE Enterprise Linux 11 (Support bis 2019). Debian hatte bis Version 6 auch IA64 im Angebot, inzwischen ist die Architektur aber wieder weg. Debian 6 kriegt auch seit Anfang 2016 keinen Support mehr. Oder Gentoo, wobei glaub ich kein halbwegs vernünftiger Sysadmin Gentoo auf einem Mainframe laufen lässt :D

Ist aber eigentlich eh nicht wirklich relevant, weil die meisten Itanium-Kunden ein eigens angepasstes OS nutzen dürften, welches sie dann auch selber supporten.
 
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