Erlaubnis Telefongespräch aufzuzeichnen gegenseitig ?

Pandora

Admiral
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Vorwiegend Callcenter und Dergleichen fragen einen bei Anrufen regelmäßig ob sie das Gespräch nicht aufzeichnen dürften und ich habe mich schon immer gefragt, ob diese Frage nicht auch gleichzeitig für die andere Partei als Erlaubnis dies zu tun auslegbar ist. Sobald also der Anrufer der Aufzeichnung zustimmt, er auch selbst das Gespräch aufzeichnen darf.
 
Auch wenn du dem Callcenter die Erlaubnis gibst, musst du dem gegenüber entsprechend auch um Erlaubnis bitten

Und eigentlich reicht eine Ansage vom Band "sind Sie damit einverstanden... falls nicht sagen Sie dies am Anfang.." auch nicht aus..
Der andere muss zusagen, daher gibt es bei der Firma wo ich tätig bin, keine Aufzeichnungen mehr. Selbst wenn der Kunde es wünscht, bei uns nicht möglich^^
 
Zuletzt bearbeitet:
Nächstes Jahr tritt ein neues Gesetz basierend auf einer neuen EU-Richtlinie (MiFID II) in kraft, die u.a. Finanzanlagenvermittler (§34f GewO) verpflichtet Telefongespräche die sich auf Eigengeschäfte beziehen oder zur Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen dienen, aufzuzeichnen und eine gewisse Frist (5 oder 7 Jahre lang) auf einem Datenträger archiviert (verfügbar, durchsuchbar, usw.) aufzubewahren. Dazu zählen auch E-Mails, Faxe und Briefe. Selbst interne Telefonate (Zwischen Berater und Fachabteilung zum Beispiel) und E-Mails, die sich auf einen Kundenauftrag beziehen sind wohl aufzuzeichnen und aufzubewahren.
Bei persönlichen Unterredungen zu solch einem Thema müssen ohnehin schon umfangreiche Gesprächsprotokolle angefertigt werden.

Von einer Bitte-um-Erlaubnis-Pflicht ist da nicht die Rede. Es gibt generell schon eine Informationspflicht, sich gebührend am Telefon vorzustellen (Absicht des Gespräches usw.). Eventuell wird das ja noch um den Passus: "Alles wird aufgezeichnet und aufbewahrt" ergänzt.

Eine Erlaubnis muss dabei jedoch nicht explizit eingeholt werden. Zumindest ist es im Gesetzesentwurf nicht vorgesehen.
Wird aber wohl eine Sonderlocke für das Finanz- und Versicherungswesen.
 
Die nötige Erlaubniserforderung ergibt sich hierbei aus dem StGB.
 
Ja, wahrscheinlich. Unser VV ist Assessor, ich mache mir da zurecht "keinen Kopf um so was".
War eher so als Anmerkung zum Thema gemeint, nicht das eventuell jemand "Erlaubnis explizit einholen" mit "Muss immer den Gesprächspartner um Erlaubnis bitten" verwechselt ;)
 
Dem Gesprächspartner muss mindestens die Möglichkeit gegeben werden das Gespräch unter diesen Bedingungen eben nicht zu führen - erst danach darf aufgenommen werden.

Ich persönlich sehe das also sehr wohl als “Erlaubnis einholen“.

§ 201 StGB.
 
ayngush schrieb:
"Erlaubnis explizit einholen" mit "Muss immer den Gesprächspartner um Erlaubnis bitten" verwechselt ;)

Letzters hat zu erfolgen, obwohl für mich beides das selbe ist ;)
 
Keine Ahnung, das ist echt ein schweres Thema.
Wenn ein Kunde anruft und zum Beispiel eine Order durchführen möchte, aber mit einer Aufzeichnung (ob als Hinweis oder erfragt sei es mal drum) nicht einverstanden ist, muss nach meinem aktuellen Kenntnisstand auch genau das protokolliert werden, weil es sein kann, dass dem Kunden dadurch ein Schaden entsteht (weil eine Order nicht oder verspätet ausgeführt wird) und dann haftet man als Berater, wenn man das nicht ordentlich dokumentiert hat. Dieses Umfeld (Banken & Versicherungen) hat aber ohnehin tausende von Ausnahme und Sonderregelungen... (Schweigepflichtentbindung bei Versicherungen zum Beispiel) das mich nicht wundern würde, wenn es dafür nicht auch eine geben wird.
 
Nein, das ist eigentlich ein recht einfaches Thema.

Es ist dir unbenommen ein Gedächtnis-/Gesprächsprotokoll anzufertigen. Dazu braucht es natürlich weder eine Erlaubnis der Gegenseite, noch muss diese darüber informiert werden.

Verboten sind Tonaufnahmen und u. U. Wiedergaben von exakten Inhalten.


Bei reinen Aufträgen kann es durchaus sein, dass der § 201 StGB außen vor bleibt. Das kommt auf den persönlichen Inhaltswert des Gesprächs an und auf die Auffassung des jeweiligen Gerichts.


Erneut: Eine Ausnahme vom StGB gibt es nicht.
 
Eine Einverständniserklärung vom Kunden braucht man dafür nicht.
Die Befugnis Zur Aufzeichnung ergibt sich aus der Rechtsvorschrift, so sie denn so beschlossen wird, wie geplant.
Man muss wohl die Kunden auf geeignete Weise darüber informieren.
Das kann aus meiner Sicht auch schriftlich zusammen mit dem Antrag zur Depoteröffnung oder zum Start des Gesetzes mit einem Brief erfolgen. Widerspricht nach der Information der Kunde der Aufzeichnung von Telefonaten, wird man keine telefonische Beratungs- & Handelsgespräche mit diesen Kunden führen. Das ist aber eine Hop- oder Top Entscheidung und nicht immer auf den Einzelfall bezogen.
Ich muss ja auch auf die Archivierung von E-Mails hinweisen und der Kunde hat das Recht dem zu widersprechen, dann muss ich seinen Absender Blacklisten(???) und keine E-Mails von ihm entgegen nehmen.

Lustig wird das bei Whatsapp. Und ja, das ist gelebte Praxis...

Aus meiner Sicht muss nicht vor jedem Gespräch gefragt werden ob man einer Aufzeichnung zustimmt, wie das bei Hotlines der Fall ist.
In diesem Business ist Zeit === Geld und Aufträge teilweise Sekundenabhängig (wenn man mal von Brokern ausgeht, die mit Kunden telefonieren)
Eventuell weist man ganz am Anfang noch kurz drauf hin aber um Erlaubnis bitten gibt es da wohl nicht.

Im "Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften
auf Grund europäischer Rechtsakte " steht halt so etwas wie

Absatz 3 wird wie folgt neu gefasst:
„(3) Hinsichtlich der beim Handel für eigene Rechnung getätigten Geschäfte
und der Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung
und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen
für Zwecke der Beweissicherung die Inhalte der Telefongespräche
und der elektronischen Kommunikation aufzuzeichnen
. Die Aufzeichnung
hat insbesondere diejenigen Teile der Telefongespräche und der elektronischen
Kommunikation zu beinhalten, in welchen Risiken, die Ertragschancen oder
die Ausgestaltung von Finanzinstrumenten oder Finanzdienstleistungen erörtert
werden. Hierzu darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen personenbezogene
Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Dies gilt auch, wenn das Telefongespräch
oder die elektronische Kommunikation nicht zum Abschluss eines
solchen Geschäftes oder zur Erbringung einer solchen Dienstleistung führt.“

(5) Über die Aufzeichnung von Telefongesprächen nach Absatz 3 Satz 1
hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Neu- und Altkunden sowie seine
Mitarbeiter vorab in geeigneter Weise zu informieren. Hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen
seine Kunden nicht im Voraus über die Aufzeichnung der
Telefongespräche oder elektronischen Kommunikation informiert oder hat der
Kunde einer Aufzeichnung widersprochen, darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen
für den Kunden keine telefonisch oder mittels elektronischer Kommunikation
veranlassten Wertpapierdienstleistungen erbringen, wenn sich diese
Wertpapierdienstleistungen auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von
Kundenaufträgen beziehen. Näheres regelt Artikel 76 der Delegierten Verordnung
(EU) Nr. … [DV MiFID II].

Kannst Dich halt bei den ganzen schwarzen Schafen bedanken, dass die Grundrechte immer weiter eingeschränkt werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube nicht, dass man die Erlaubnis pauschal einholen darf. Damit wäre es viel zu einfach das Gesetz zu umgehen indem z.B. Kunden in den AGB zustimmen, dass sie bei Hotline Gesprächen aufgezeichnet werden.

Sowas wird nach meinem Verständnis nicht (lange) möglich sein. Wobei sich das natürlich zeigen wird, bevor niemand ein Gericht damit belästigt könnte es durchaus Usus werden.
Wobei man erstmal auf das konkrete Gesetz warten sollte, die Richtlinien geben ja nur vor was umgesetzt werden soll, das wie müssen die Staaten dann mit ihren jeweiligen Gesetzen abwiegen.

Wichtig ist auch, dass ein Gesetz nicht einfach ein anderes außer Kraft setzt. Nur weil du lt. einem Gesetz etwas machen musst, was ein anderes Gesetz beschränkt, darfst du es nicht einfach machen.

Übrigens versteh ich nicht welche Grundrechte dadurch eingeschränkt werden^^
 
@ ayngush

Doch, das Einverständnis der Gegenseite wird nach wie vor benötigt. Eine Norm schließt andere Normen nicht aus, sie koexistieren und sind miteinander verzahnt.

Dass in manchen Bereichen erweiterte Vorschriften zu internen (!) Verfahrenspflichten hinzukommen mag sein. Das exkulpiert diese Branchen aber nicht von Verstößen gegen z. B. Strafgesetze. Die Beteiligten sind also, wie von dir hervorgehoben, vorab zu informieren. Sie sind aber nicht dazu verpflichtet diesen Aufnahmen zuzustimmen - das hast du ja bereits erkannt.

Eine Ausnahme wäre nur dann statthaft, wenn diese im § 201 StGB explizit vorkommen würde. Eine Änderung dieser Norm sehe ich aber nicht kommen. Dass das in der Praxis für gewisse Branchen Probleme aufwirft und man wohl einen grauen (oder gleich illegalen) Mittelweg finden wird, ist mir schon klar.
 
Ich lese halt nirgends etwas von einer Erlaubnis.
Entschuldigt, eventuell stelle ich mich da ein wenig blöd an. Aber ich lese nur etwas von "ohne Befugnis verboten", wobei die Befugnis auch von anderen RV erteilt werden kann. Und ich lese etwas von "Pflichten" etwas zu tun. Der Pflicht Telefonate aufzuzeichnen. Der Pflicht dem Kunden auf geeignete Weise darüber zu informieren. Und dem Recht, das der Kunde dem widersprechen kann. Damit ist auch die Freiwilligkeit gegeben.

Und ja, da "streitet" sich momentan im Hintergrund eine ganze Branche mit der Gesetzgebung :D

Letzt Endes werden die Aufzeichnungen stattfinden und niemand wird dafür in den Bau gehen, weil niemand damit gegen § 201 StGB verstößt, solange der Kunde nicht widersprochen (edit: und man selber natürlich ausreichend vorab informiert) hat. Und wenn der Kunde widerspricht, wird es keine Telefonate geben.

Man hat übrigens auch eine vertragliche Grundlage. Man führt ja keine Kauforders im Wertpapierhandel für "alle möglichen" durch. Vorher steht ja noch diese Nummer aus dem Geldwäschegesetz (Prüfungen der Identität zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung usw.) und diese Risikoklassifizierung. Bei der Gelegenheit wird man sich das wohl alles einholen und bestätigen oder eben abbrechen, wenn der Kunde damit nicht einverstanden ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ ayngush

Wenn man sich das schriftlich holt, dann wurde der Kunde doch ausdrücklich um Zustimmung gefragt.

Das Thema ist eben ein wenig komplex. Nicht grundlos sind Juristen Akademiker...
 
"Müssen aufgezeichnet werden" und "darf nicht ohne Einwilligung aufgezeichnet werden" steht für mich nicht im Widerspruch. Aktuell fragen die Telefoncomputer auch ob das Gespräch aufgezeichnet werden darf und man muss Ja/Nein sagen bzw. eine Taste drücken. Der Unterschied wäre dann, das ohne Einwilligung mit einer Ansage wie "leider müssen Finanzgespräche aufgezeichnet werden, da sie dem nicht zugestimmt haben können wir ihnen keinen Telefonsupport anbieten" aufgelegt wird.


Ob man sich wohl an dem Begriff "Tonträger" im § 201 StGB aufhängen könnte, eine Festplatte ist immerhin ein Datenträger und kein Tonträger :freak: Und sind Telefongespräche per se als nicht öffentlich klassifiziert, oder könnte man die Entscheidung darüber z.b. einfach dem Konsumenten zugestehen ?
 
Tonträger ist alles, was geeignet ist, das gesprochene Wort abzuspeichern und erneut wiederzugeben.

Öffentlich ist es dann, wenn es sich
a) nicht an eine individuell bestimmbare Gruppe richtet oder richten soll
b) durch die Art und Weise an ebenjene Gruppe richtet, obwohl das vielleicht nicht beabsichtigt ist, aber leichtfertig in Kauf genommen wird (z. B. lautes Gespräch in der Fußgängerzone mit einem Bekannten).

Detaillierte Ausführungen und Abgrenzungen liefern die diversen StGB-Kommentare und auch der BGH hat sich hierzu bereits geäußert.
 

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