Mitwirkungspflicht, Liefertermin, Lieferverzug, Recht

teekayo287

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Hallo liebe Community!

Ich denke ein Kunde versucht mich zu betrügen und ich würde gerne wissen, wie ihr die Umstände bewertet.

Folgender Fall:

Ich habe einen Vertrag geschlossen mit einem Unternehmen über die Erstellung eines Webshops.
Wir hatten einen Liefertermin ausgemacht:

Dieser Liefertermin ist laut Vertrag nur dann gültig, wenn der Kunde alle Informationen bis zu dem ausgemachten Zeitpunkt liefert.
Dies ist nicht geschehen, ich warte bis heute noch auf Informationen und Daten. Bekomme keine Zugänge FTP / Datenbanken, die für die Übergabe benötigt werden, der Kunde kam bisher nur wenig bis gar nicht seiner Mitwirkungspflicht nach.
Da vertraglich nur ein Liefertermin abgemacht war und dieser nur Gültigkeit hat, wenn der Kunde seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen wäre, gibt es rein vertraglich eigentlich keinen gültigen Liefertermin mehr, korrekt?

Phasenweise Abnahme:

Wir haben eine Phasenweise Abnahme ausgemacht.
Zunächst die Erstellung eines Konzepts (Aufbau, Struktur, Umfang).

Dieser stimmt der Kunde schriftlich zu, dann wird das erste mal programmiert.

Es entsteht eine erste Basis Version (Template, Module) des Shops.
Dann hat der Kunde noch die Möglichkeit, grobe Strukturänderungen etc. zu melden, die dann bei der finalen Umsetzung noch berücksichtigt werden.
Nun hat der Kunde mich wieder und wieder um die Abnahme geprellt, aber bereits alle Phasen (Konzept, Basisversion) gesehen und abgesegnet, mit der Vertröstung, bald die schriftliche Bestätigung zu bekommen.
Doch statt mir die Phasen abzunehmen, bombardiert er mich mit immer neuen Anforderungen die niemals vertraglich vereinbart waren!

So hat er sich bereits über 76 unbezahlte Stunden an Leistungen erschlichen!
Das nette an der Sache, Mehraufwände kann ich nach Vertrag nur dann abrechnen, wenn wir uns offiziell in der letzten Phase befinden.Ich vermute, dass der Kunde dies genau weiß und ausnutzt.

Zum „Dank" für diese Mehraufwände, beschwert sich der Kunde, dass es ja nun wieder länger dauert und versucht dann, weiter Druck auszuüben.

Irgendwann meinte ich zu erkennen, was hier läuft:

Der Kunde hat einen VW gekauft und lässt sich diesen nun zum Porsche aufrüsten – natürlich ohne dafür zahlen zu wollen.
Immer wieder versucht mich der Kunde unter Druck zu setzen um noch mehr Extras gratis umgesetzt zu bekommen. Mittlerweile hat er mich in Lieferverzug gesetzt, obwohl ich nur auf Informationen und die Bestätigung dieser Phasen warte.
Für mich scheint das eine ziemlich üble Masche zu sein.
Ich habe auf allen Wegen mit dem Kunden gesprochen, ihm gesagt, dass er es in der Hand hat und mir nun endlich die Phasen schriftlich bestätigen soll. Sogar telefonische Versprechen, ich hätte diese nun nächste Woche in der Post, wurden gebrochen. Statt dessen, kommen sie dann wieder mit Drohungen, ich würde nicht liefern und ihnen sei bereits ein großer finanzieller Schaden dadurch entstanden und wenn ich Ihren Aufforderungen nicht nachkäme, würde das sehr bald, ziemlich übel enden.

MITWIRKUNGSPFLICHT

Dabei ist eindeutig vertraglich festgehalten, dass der Kunde eine Mitwirkungspflicht hat.

Und dieser kommt er bis heute nicht nach.

Weder sind mir bis heute alle Daten und Informationen zugeflossen, noch bestätigt der Kunde die Phasen, obwohl er weiß, dass wir bereits kurz vor der Übergabe stehen bzw der Shop mit allen Anforderungen, die vertraglich vereinbart wurden, bereits fertig ist.

Jetzt meine Frage:

Liefertermin: Welcher Liefertermin ist gültig, gibt es einen gültigen?
Lieferverzug: Ist ein Lieferverzug überhaupt möglich, ohne die Grundlage eines Liefertermins?
Mitwirkungspflicht: Kann ein Kunde mich (rechtens) in Lieferverzug setzen, obwohl er seiner vertraglichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, die zur Umsetzung und Übergabe absolut notwendig ist?

Die Anforderungen aus dem Vertrag sind „alle" bereits umgesetzt.Verzögern tut einzig der Kunde, mit immer wieder neuen Anforderungen. Seit dem ich die Arbeit eingestellt habe, mit dem Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht, drohen sie mit rechtlichen Schritten.
Ich bin am überlegen, es darauf ankommen zu lassen, denn ich bin allen vertraglich vereinbarten Punkten nachgekommen und habe bereits 76 Stunden zusätzliche extra Anforderungen umgesetzt.

Rein theoretisch, könnte ich den Kunden zwingen, seiner Mitwirkungspflicht endlich nachzukommen. Alle Mehraufwände baue ich wieder aus, denn die sind ja nicht Teil des Vertrags. So zumindest, der Eskalationsfall, den der Kunde selbst anstrebt - vielleicht aber auch nur aus strategischen Gründen, um mich einschüchtern und sich weiterhin Leistungen zu erschleichen.
Ich würde gerne eure Meinung und Erfahrung dazu einmal hören.

Vielen Dank!

Beste Grüße


Teekay
 
Grundsätzlich ist es so, dass man zu Deinem Problem nicht wirklich Stellung nehmen kann, wenn man nicht auch den mit Deinem Kunden bestehenden Vertrag in allen Einzelheiten kennt. So geht auch aus Deinen Darlegungen nicht wirklich hervor, ob es sich bei Deinem Vertrag um einen Dienstleistungsvertrag oder einen Liefervertrag oder um beides handelt und ob der Kunden inzwischen Deine Arbeit bzw. Teile Deiner Arbeit bereits erhalten hat und für sich nutzen kann und ob ggfls. schon Teil- bzw. Anzahlungen vom Kunden auf Deine Arbeit geleistet wurden !

Dessen ungeachtet wäre es - unter allen Vorbehalten - natürlich schon so, dass sich der Kunde, wenn Deine Darlegungen den Tatsächlichkeiten entsprechen, seiner Mitwirkungspflicht aus dem Vertrag entzieht, falls er Dir nicht die notwendigen Informationen zur Erfüllung Deiner Arbeit gewährt. In einem solchen Falle würde er gegen Treu und Glauben verstoßen , wenn er seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt, und sich schadenersatzpflichtig machen; Du könntest ihm also Deinen gesamten Aufwand in Rechnung stellen, auch wenn Du Deine Arbeit nicht fertigstellen konntest.

In der rechtlichen Praxis sieht es aber am Ende wieder ganz anders aus; ob Du Deine Forderungen auch durchsetzen könntest, hinge von der Klärung sehr vieler Detailfragen ab, die es letztlich sehr schwer machen könnten, Recht zu bekommen, auch wenn Du Recht hast. Der Aufwand bis hin zu Beweisaufnahmen und ggfls. externen Schverständigengutachten könnte sehr schwierig und kostspielig werden und was ein Gericht am Ende daraus macht, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt.

Vor derart im Detail komplizierten Verfahren wie dem, das vorliegend aus einer Klage Deinerseits resultieren könnte, würden wohl die meisten Richter zurückschrecken und versuchen, irgendwie Pi mal Schnautze zu urteilen, nur um die Sache möglichst schnell vom Tisch zu bekommen, wobei es leicht sein könnte, dass Du auf allen Kosten sitzen bliebest, sofern Du nicht eine gute Rechtsschutzversicherung hättest; also, davon, gerichtliche Schritte in Dein Kalkül miteinzubeziehen, würde ich Dir unter den angenommenen Voraussetzungen lieber abraten !

Im Übrigen solltest Du auch vorsichtig sein, in dieser Angelegenheit leichtfertige Bertrugsvorwürfe zu äußern, denn damit könntest Du Dich sehr schnell selbst strafbar machen, wenn Du ungerechtfertigte strafrechtlich relevante Äußerungen vorschnell oder leichtfertig erhebst, weil vertragswidriges Verhalten wie vorliegend nicht eo ipso gleich auch eine strafbare Handlung darstellt.

Alles in Allem hast Du wohl zu viel Vertrauen in Deinen Auftraggeber gesetzt und fehlt es Dir nöglicherweise an Erfahrung, solche Verträge abzuschließen, zu denen es beispielsweise gehpören sollte, vom Auftraggeber bei Vertragsschluss eine entsprechende Anzahlung zu verlangen und weitere Abschlagszahlungen nach Arbeitsfortschritt auszuhandeln.
 
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Antworten auf deine Fragen kann dir nur ein Jurist nach Einblick in die Verträge liefern.
 
Das, was über mir steht + ein gut gemeinter, genereller Rat für alle Softwareentwicklungen / IT-Projekte:

Unbedingt darauf achten, dass man Dienstleistungsverträge abschließt.
Niemals Werkverträge abschließen, sonst schuldet man auch wirklich das Werk zum vereinbarten Preis, Qualität und Zeitpunkt. (Vergleichbar mit einer Pizzabestellung)
Kloppt man dafür Überstunden wie blöde, kann den Termin nicht halten, bekommt man trotzdem nur den vereinbarten Preis und muss eventuell sogar noch eine vereinbarte Vertragsstrafe in Kauf nehmen.
 
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