Wieso werden MINT-Fächer so gefördert?

ascer schrieb:
Warum also nimmt man an, dass sich (a) ein Student auf die gleiche Stelle (in den Beispielen hier oft eher bis sehr praktische Jobs) bewirbt wie ein ausgebildeter oder Hobbyprogrammierer und (b) das man das vermittelte Wissen im Studium sich auch relativ leicht ohne Studium aneignen könnte?

Naja, man muss nur mal nach Job "Software developer/Softwareentwickler" suchen und sich die Job Beschreibung anschauen, hier ein Beispiel (das erste was ich bei Stepstone gefunden habe): Link

Software-Entwickler (m/w) Java

Referenzcode: MU 23636 I Ort: 80807 München


Ihre Tätigkeit
- Entwurf, Entwicklung und Absicherung von Java-
Applikations-Software und Java-Backend-Software
- Programmierung von Software-Modulen auf Basis von
Anforderungen
- Durchführung von Performance-Analysen und
Optimierungen sowie Erstellung von Unit-Tests
- Analyse bereits existierender Software und Umstrukturierung
dieser unter Beibehaltung des beobachteten
Programmverhaltens (Refactoring)
- Recherche, Evaluation und Bewertung neuer
Technologien hinsichtlich zukünftiger Verwendung

Ihr Profil
- Abgeschlossenes Studium im Bereich Informatik,
Elektrotechnik, Mathematik, Physik, Fahrzeugtechnik oder
eine vergleichbare Studienrichtung
- Gute bis sehr gute Kenntnisse in der Java-Programmierung
- Erste Erfahrungen mit UML, OOP, Design Patterns, agile
Prozesse, Unit-Tests, XML und Eclipse
- Kenntnisse im Eclipse Modelling Framework (EMF) sind
wünschenswert
- Hohe Kommunikations- und Teamfähigkeit
- Eigenständige, systematische und strukturierte Arbeitsweise

Was wir hier sehen ist ein recht
, trotzdem wir nach einem Studium verlangt. Ich denke das Problem ist einfach, dass viele Arbeitgeber ein Studium vorraussetzen. Ich seh nur selten, dass bei "Ihr Profil" auch eine Ausbildung akzeptiert wird. Ich denke jedoch, das jemanden mit einer Ausbildung die oben stehenden Anforderung ebenfalls erfüllen kann.

Aber ich stimme dir zu, wer ein Studium hat sollte sich einfach nicht auf solche Stellen bewerben sondern eher in Bereich gehen sollte wie Security, AI, Simulation oder Algorithmik. Dort wird das Wissen aus dem Studium auch wirklich benötigt.
 
kelox schrieb:
(...) trotzdem wir nach einem Studium verlangt.

Je nachdem ob "Durchführung von Performance-Analysen und Optimierungen sowie Erstellung von Unit-Tests" nur "normales Profiling" beinhaltet oder auf wirkliche Komplexitätsanalyse bestimmter Algorithmen oder Datenbankabfragen hinaus möchte, könnte dies der entscheidende Faktor sein um ein Studium vorauszusetzen.


kelox schrieb:
Ich denke das Problem ist einfach, dass viele Arbeitgeber ein Studium vorraussetzen. Ich seh nur selten, dass bei "Ihr Profil" auch eine Ausbildung akzeptiert wird.

Zu häufig; jenes denke ich auch. Mitunter - auch wenn Studium das "Qualitätsniveau" festlegt - wird ja aber auch noch soetwas wie "oder eine vergleichbare Qualifikation" beigefügt.

Ich denke die Hauptproblematik ist da folgendes: die Schulabschlüsse (z.B. durch Noteninflation und Dergleichen) sind von Jahr zu Jahr geringere Qualifikationsgaranten. In meinem Jahrgang machten nur knapp 30% Abitur, in den Jahrzehnten vor mir noch weniger. Mittlerweile sind wir bei Abiturquoten von 50% angelangt. Damit hat ein Abitur kaum noch einen Wert (weils quasi jeder macht) - und die Abschlüsse dadrunter natürlich noch weniger.
Auch wenn man die Ausbildungen betrachtet, zumindest rein vom Curriculum (also Stoffmenge/-niveau), würde ich ebenfalls eine Abwärtstendenz unterstellen. Vor knapp zehn Jahren hat ein Freund von mir Anwendungsentwickler gelernt und letztens mal mit mir seinen Stoff mit dem heutigen Stoffplan aus 2017 verglichen - da lagen imho Welten dazwischen (was auch verständlich ist: wenn Abiturienten immer schlechter werden im Schnitt was die Qualifikationen angeht und zeitgleich immer mehr studieren gehen, bleibt natürlich auch für die Ausbildung nur noch der "Ausschuss" übrig).

In solchen Zeiten ist es für Arbeitgeber natürlich sehr bequem, gar nicht groß die Eingangsqualifikationen von Bewerbern zu prüfen, sondern schlicht ein Studium vorauszusetzen. Das ist für die Stelle unter Umständen - wie hier - nicht immer die richtige Besetzung, aber damit hat man rein bildungstechnisch gesehen eben ohne Aufwand/Kosten die potenziellen Bewerber "vorgefiltert". Ein Unding meiner Meinung nach.

Ebenfalls problematisch ist aber glaube ich auch die Entwicklung der Fachhochschulen und dualen Studiengänge. Es gibt mittlerweile in Deutschland etwas über 400 Hochschulen und während die Universitäten seit langem bei um die 100 liegen, machen den ganzen Rest mittlerweile die FHs, dualen Bildungsinstitute usw. aus.
Es kommt also nicht von ungefähr, dass es auch immer mehr Studenten gibt - es wird einfacher ein "mittelmäßiges" Studium zu machen.
Generell sind Hochschulrankings zwar kaum wirklich sinnvoll für Vergleiche, aber sie können imho eine Tendenz aufzeigen: alle deutschen Bildungseinrichtungen unter den Top 1% weltweit aller Bildungseinrichtungen sind Universitäten.
Abgesehen davon sind alle, die überhaupt in seriösen Rankings geführt werden - Unis, FHs, ... - Bildungsinstitute, die schon länger bestehen.
Das wäre imho ein Indiz dafür, dass die mittlerweile gefühlt wie Pilze aus dem Boden sprießenden FHs, dualen Bildungsinstititute usw. nicht wirklich qualitative Bildung vermitteln.



kelox schrieb:
Aber ich stimme dir zu, wer ein Studium hat sollte sich einfach nicht auf solche Stellen bewerben sondern eher in Bereich gehen sollte wie Security, AI, Simulation oder Algorithmik. Dort wird das Wissen aus dem Studium auch wirklich benötigt.

Das ist imho das einzig wirklich sinnvolle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben