Arbeitgeber behauptet es gäbe einen mündlichen Vertrag. Wie vorgehen?

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N57

Gast
Hallo,

da der folgende Text etwas länger ist, habe ich für die Ungeduldigen ein TLDR am Ende angefügt.

Das nachfolgende Problem betrifft meine Frau und ich würde mich sehr freuen, wenn uns jemand bei der weiteren Vorgehensweise behilflich sein könnte.

Meine Frau hat im letzten Jahr eine Fortbildung absolviert und sich daraufhin bei einigen Firmen initiativ beworben. Bereits am zweiten Tag nach Versenden der Unterlagen erhielt sie von einem Betrieb die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, welches sie wahrgenommen hat und in dessen Verlauf man sich auf eine einwöchige Probearbeit geeinigt hatte, in der ihr der Betrieb und ihr Aufgabenbereich vorgestellt werden sollte.

Die Probearbeit wurde am dritten Tage seitens meiner Frau abgebrochen, da sich anscheinend niemand für sie zuständig fühlte und sie mehr oder weniger nur herumsaß und keinerlei Einblick in ihre kommenden Aufgaben erhielt. Dies wurde dem zuständigen Personaler so mitgeteilt, der darauf aber nicht einging, sondern stattdessen eine mündliche Zusage wollte, dass sie den Job annehmen wird.

Meine Frau antwortete, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt keine definitive Zusage geben kann und sie Bedenkzeit bräuchte. Alles in allem lief das Gespräch wohl so, dass sie durch die Blume verlauten ließ, eigentlich kein großes Interesse an dem Job zu haben, was aber komplett ignoriert wurde.

Der Bedenkzeit wurde schließlich stattgegeben, mit der Bitte, sich doch innerhalb der nächsten 5 Werktage zu melden. Bereits zwei Tage später meldete sich die Firma telefonisch und wollte eine sofortige Entscheidung wissen. Daraufhin bedankte sich meine Frau für das entgegengebrachte Interesse und dass sie hiermit ihre Bewerbung zurückziehe, da kein weiteres Interesse an einer Anstellung bestehe.

Weitere zwei Tage später meldete sich schließlich der Chef persönlich und bat meine Frau ihre Entscheidung nochmal zu überdenken und dass man ja auch hinsichtlich des Lohns sowie weiterer Leistungen nochmals reden könnte. Sie blieb aber bei ihrer ersten Entscheidung und lehnte das Angebot dankend ab.

Wir staunten nun nicht schlecht, als knapp zwei Wochen nach diesem Gespräch ein in doppelter Ausführung und seitens des Arbeitgebers bereits unterschriebener Arbeitsvertrag ins Haus flatterte. Im Anschreiben wurde ihr gedankt, dass sie sich nun doch für das Unternehmen entschieden hat und sie doch bitte den Vertrag bis zum ... unterschrieben zurücksenden möchte.

Meine Frau rief dann direkt an und teilte mit, dass sie keine Zusage gegeben hat und den Vertrag auch nicht unterschreiben wird. Daraufhin wurde der Chef pampig und sagte, dass sie mündlich eine Zusage erteilt habe und er deswegen allen anderen Bewerbern abgesagt habe. Dadurch sei ihm ein Schaden entstanden und man würde noch von ihm hören.

Mich würde nun interessieren, ob wir jetzt schon in irgendeiner Form aktiv werden sollen oder ob wir erst einmal abwarten sollen ob da noch etwas kommt. Wichtig wäre vor allem zu wissen, ob ihr derzeitiger Arbeitgeber etwas davon mitbekommen würde, sollte der Betrieb irgendwelche Schritte einleiten. Meine Frau ist derzeit in unbefristeter Stellung angestellt, daher würde auch ein Aufnehmen der Arbeit und sofortiges Kündigen während der Probezeit nicht funktionieren.

Ich bedanke mich jetzt schon für hilfreiche Antworten jeglicher Art.

N57

TLDR: AG erteilt Jobzusage, die vom AN abgelehnt wird. AG behauptet nun mündlichen Vertrag geschlossen zu haben und stellt Schadensersatzansprüche in den Raum. Was tun?

Edit: Wie oben geschrieben handelte es sich um eine Initiativbewerbung. Trotz gründlicher Recherche konnte ich keine offene Stellenausschreibung auf diese Position finden. Daher gehe ich davon aus, dass es wohl kaum viele weitere Bewerber auf diese Stelle gegeben hat.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: (Nachtrag)
Warten auf die Post von seinem Anwalt bzgl. Schadenersatz und dann damit zum Anwalt. Ansonsten würde ich gar nichts tun. Der aktuelle AG sollte eigentlich ncihts davon mitbekommen, außer sie hat Ihn genannt und der "neue" Chef will sie da schlecht machen.
 
Benzer schrieb:
Warten auf die Post von seinem Anwalt bzgl. Schadenersatz und dann damit zum Anwalt. Ansonsten würde ich gar nichts tun. Der aktuelle AG sollte eigentlich ncihts davon mitbekommen, außer sie hat Ihn genannt und der "neue" Chef will sie da schlecht machen.
Das ist doch grob Fahrlässig, wenn man anderen Bewerbern absagen würde wenn der Vertrag noch nicht unterschrieben ist. Selbst wenn könntest du auch den Vertrag unterschreiben und innerhalb der Probezeit sofort das Vertragsverhältnis beenden.

Daher wird das nicht vor Gericht gehen.
 
Danke euch beiden für die Antwort.

Der momentane Arbeitgeber ist dem Betrieb natürlich bekannt, da dieser aus dem Anschreiben und dem Lebenslauf hervorgeht. Bedenken herrschen da hauptsächlich hinsichtlich der Tatsache, dass sie dort war um Probe zu arbeiten. Dies könnte ein Grund zur fristlosen Kündigung sein, wenn der derzeitige AG dies mitbekommt.

Sie hat in der Zeit dort zwar nicht produktiv gearbeitet und auch keine Kundengespräche geführt und somit dem aktuellen AG keine Konkurrenz gemacht, aber dies ließe sich im Zweifelsfalle wohl schlecht beweisen. Die Probearbeit sollte lediglich dazu dienen den Betrieb und die Mitarbeiter kennenzulernen, da meine Frau nur dann wechseln wollte, wenn sämtliche Rahmenbedingungen passen.

Es erschließt sich mir einfach nicht, was der Chef dort eigentlich will. Warum will man sich unbedingt jemand ins Unternehmen holen, der signalisiert, dass er darauf eigentlich keine Lust hat. Ich bin an meinem Arbeitsplatz selbst teilweise in Personalentscheidungen eingebunden und würde da jeden ablehnen, bei dem ich das geringste Anzeichen von Desinteresse feststellen könnte.

@chris2603: Ich glaube ja nicht einmal, dass es auf diese Position großartig Bewerbungen gegeben hat, da überhaupt keine Stellenausschreibung vorliegt. Daher wird er wohl kaum auf Grund einer Zusage, die es nie gegeben hat, zig Bewerbern abgesagt haben.

Wahrscheinlich bleibt uns nur übrig abzuwarten was passiert und dann darauf zu reagieren.
 
@chris2603:
Naja grob fahrlässig würde ich das jetzt nicht beschreiben, eher unvorsichtig. Dazu gab es ja gar keine offene Stelle also auch keine Bewerber - er will also nur Druck aufbauen.
Natürlich kann sie keinen Vertrag unterschreiben und sofort kündigen, denn Sie hat ja bereits eine Anstellung und der erste Arbeitgeber findet das bestimmt nicht so gut das Sie plötzlich einen zweiten "40 Stunden Job" hat.

@N57:
Die Probearbeit wird doch bestimmt in einem Zeitraum geschehen sein wo sie frei / Urlaub hatte. Von daher kann der aktuelle AG auch gar nichts dazu sagen - sowas ist doch total üblich. Ein Grund zur fristlosen Kündigung ist es schon mal gar nicht afaik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für den Zeitraum hat sie sich beurlauben lassen und dafür normale Urlaubstage, sowie angefallene Überstunden verwendet.

Wenn ich nach "Probearbeit während Urlaub/Festanstellung" google, dann erhalte ich hunderte Ergebnisse, die im Grunde alle dasselbe besagen. Nämlich, dass eine nicht genehmigte Tätigkeit während der Inanspruchnahme von Urlaubstagen mit einer Abmahnung abgegolten werden kann, bzw. zu einer fristlosen Kündigung führt, wenn die Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen ausgeführt wurde. Begründet wird dies damit, dass der Urlaub zu Erholungszwecken gedacht ist und man dabei nichts machen darf, was der Erholung im Wege steht (Arbeiten am eigenen Haus usw. ausgenommen).

Allerdings ist dabei auch immer die Rede von einer bezahlten Nebentätigkeit, die bei meiner Frau aber nicht gegeben ist, da sie unentgeltlich dort war. Im Grunde liegt wohl keine Probearbeit, sondern ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis vor, wobei ich da kaum Informationen finde, wie es da rechtlich aussieht.

Letztendlich dürfte es aber egal sein, da es wohl in jedem Fall Konsequenzen geben wird, wenn die Sache zum aktuellen Arbeitgeber durchdringt.
 
Die Probearbeit sehe ich hier tatsächlich auch als einzigen Stolperstein. Bzgl. Vertrag steht höchstens Aussage gegen Aussage - und selbst wenn, kann dieser innerhalb der ersten 6 Monate ja sowieso mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Schadenersatz halte ich auch für unwahrscheinlich. Der AG müsste erst einmal nachweisen, welcher Schaden ihm genau entstanden ist.
 
Wenn ich nach "Probearbeit während Urlaub/Festanstellung" google, dann erhalte ich hunderte Ergebnisse, die im Grunde alle dasselbe besagen. Nämlich, dass eine nicht genehmigte Tätigkeit während der Inanspruchnahme von Urlaubstagen

Genau und deswegen genehmigen die Agenturn für Arbeit auch für Arbeitslose regelmässig kein "Probearbeiten", dafür sei ja die Probezeit da.

Gefahr ist auch immer was ist wenn was passiert? Unfall oÄ
 
Gar nichts tun und warten, ob Post von seinem Anwalt kommt. Das wäre aber schon sehr lächerlich.
 
merkers schrieb:
Einfach nur peinlich, sei froh, dass du da nicht arbeitest ^^

Da hast du Recht, peinlich umschreibt das Vorgehen des Betriebes schon recht gut ;) Ich verstehe nach wie vor das ganze Verhalten nicht. Seit wann rennt ein Betrieb denn einem Einzelnen derartig hinterher. Es ist ja nicht so, dass es für den Job nur eine Handvoll geeigneter Leute in Deutschland gibt.

Stevo86 schrieb:
Genau und deswegen genehmigen die Agenturn für Arbeit auch für Arbeitslose regelmässig kein "Probearbeiten", dafür sei ja die Probezeit da.

Kann ich nachvollziehen, aber da geht es wohl hauptsächlich darum, dass einige Firmen übertrieben haben und gewisse Stellen nur noch mit Probearbeitern besetzt haben.

Der Fall hier ist meiner Meinung anders gelagert, da meine Frau ihren Betrieb ja nicht unbedingt verlassen möchte, da sie dort sehr zufrieden ist, nur eben dort das Ende der Karriereleiter erreicht hat, da sämtliche Stellen, die ihrer Qualifikation entsprechen langfristig vergeben sind. Daher war diese Schnupperwoche ausdrücklich erwünscht und war brachte ja auch das Ergebnis, dass eine Anstellung dort nicht wünschenswert ist.
 
Erstmal müsste der AG diese mündliche Zusage beweisen können. Somit werdet ihr nicht mehr viel von ihm hören... Es ist außerdem üblich, dass man sich den Vertrag zusenden lässt, nach mündlicher Zusage, nochmal in Ruhe durchlesen kann und dann immer noch absagen kann - deswegen unterschreibt man ja nicht sofort.
Also ein absolut normaler Vorgang (sprich die Ablehnung vor Vertragsunterzeichnung) soll jetzt einen Anspruch auf Schadensersatz rechtfertigen? Ich denke nicht.

Zum Rest würde ich mir nicht zu viele Gedanken machen, sollte das jetztige Unternehmen davon Wind bekommen, kann man das sicher immer noch im Guten klären.
 
Es gibt hier drei Themenkomplexe:
  1. die rechtliche Bewertung der (Probe-)Tätigkeit
  2. die Möglichkeit der Kenntnisnahme des bisherigen Arbeitgebers
  3. die Möglichkeit arbeitsrechtlicher Maßnahmen des bisherigen Arbeitgebers

1.)Ein Arbeitsverhältnis kann formfrei begründet werden, dh. durchaus auch mündlich. Wirksam zustande kommt ein (mündlicher) Arbeitsvertrag mit zwei übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien. Weil Deine Frau nicht den Willen erklärte, in ein Arbeitsverhältnis einzutreten, kam mithin kein Arbeitsvertrag zustande.

Daran ändert auch ihr 3-tägiges "Probearbeiten" nichts, denn - wie Du selbst richtig herausgefunden hast - handelt es sich dabei um ein "Einfühlungsverhältnis", das rechtlich nicht als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist (sogar bei längerer Dauer als drei Tage).

Nach Deiner Schilderung gibt es kein rechtlich geschütztes Vertrauen des Arbeitgebers auf Schadensersatz - selbst wenn: er müsste seinen Anspruch beweisen, vorliegend also das wirksame Arbeitsverhältnis, was, wie der Kommentar über mir darlegte, unmöglich ist. Angenommen er würde mit falschen Zeugen aufwarten, würde das ein Richter kaum als Beweis würdigen.

2.) Wenn der AG tatsächlich davon ausging, ein wirksames Arbeitsverhältnis begründet zu haben, könnte er theoretisch die ELStAM (Lohnsteuerdaten) Deiner Frau, zB. mittels DATEV an die Finanzverwaltung gemeldet haben mit der Folge, dass das vermeintlich "neue" Arbeitsverhältnis lohnsteuerlich an die Stelle des bisherigen Arbeitsverhältnisses rückt und somit die Lohnbuchhaltung des derzeitigen AG einen automatisierten Lohnsteuerklassenwechsel (auf VI.) gemeldet bekommt (vermutlich ohne Nennung des Verursachers, also keine Panik).
Außerdem müsste dazu Deine Frau die Daten bereits angegeben haben, üblicherweise in Form eines Personalbogens für Mitarbeiter, was wohl kaum der Fall war.
Sollte der pot. AG aus Rache den bisherigen AG benachrichtigen, könnten sich ggf. daraus seinerseits ein Schadensersatzanspruch ergeben - je nach Inhalt.

3.) Sollte der momentane AG von dem Einfühlungsverhältnis erfahren haben, rechtfertigt das nicht ohne Weiteres eine Kündigung, soweit Deine Frau dem Kündigungsschutz unterliegt; vorher wäre sie abzumahnen.

tl;dr: Füße still halten, allenfalls bei Beharrlichkeit des pot. AG antworten mit „Es gab kein Arbeitsverhältnis. Rein vorsorglich fechte ich es wegen arglistiger Täuschung an. Einem etwaigen Prozess sehe ich gelassen entgegen.“ ^^
…und natürlich hier fragen.
 
Entschuldigt bitte die späte Rückmeldung.

@Instinkt: Vielen Dank für die ausführliche und hilfreiche Auflistung.

Das Thema hat sich im Grunde erledigt. Der Chef hat sich am Montag nochmals telefonisch gemeldet und sich für sein Verhalten entschuldigt. Begründet hat er dies damit, dass meine Frau sehr gut in die Firma gepasst hätte und er die Absage persönlich genommen hat. Da es wohl intern auch ein paar Probleme gab, auf die er auch die schlechte Behandlung während der Einfühlungsphase geschoben hat, ist er dann so über das Ziel hinausgeschossen.

Er wird über die Bewerbung Stillschweigen wahren und lässt auch für die Zukunft noch eine Tür offen, sollte es sich meine Frau doch noch überlegen. In diesem Sinne - Ende gut, alles gut. Vielen Dank nochmal an alle, die hier geholfen haben.
 
Wird sie auch nicht machen. Das ganze Verhalten war äußerst unprofessionell und man mag sich überhaupt nicht ausmalen, wie er sich gegenüber seinen Mitarbeitern verhält, wenn es schon im Umgang mit Fremden so hapert. Ist eben so ein Chef, der eigentlich keiner ist, aber in den Chefsessel hineingeboren worden ist.
 
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