Betriebsübernahme: nach Kündigung unsererseits zu wenig Geld bekommen

1nf1n1ty

Cadet 4th Year
Registriert
Feb. 2009
Beiträge
108
Hallo zusammen,

meine Freundin hat einen Minijob bei wahrgenommen der vor ein paar Monaten von einem anderen Unternehmen aufgekauft wurde. Sie hatte vorher einen Stundenlohnt gehabt, der höher als der Mindestlohn war. Nun hat sie aus zeitlichen Gründen dort rechtmäßig gekündigt, allerdings hat sie von ihrem Arbeitgeber viel zu wenig Geld bekommen. Auch bei der letzten Abrechnung gab es schon Probleme, weil sie mit dem Mindestlohn bezahlt wurde. Außerdem hatte sie bei dem vorherigen Arbeitgeber (dem vor der Übernahme) noch Urlaubsanspruch, den sie aber nicht genommen hat, da in dem Betrieb sowieso Personalmangel herrscht. Sie hatte deshalb darum gebeten diesen Anspruch auszahlen zu lassen.

Nun könnt ihr euch denken was passiert ist. Sie hat nicht nur viel zu wenig Geld bekommen, man hat ihren Urlaub auch nicht ausgezahlt. Damit hat sie jetzt etwa 250€ weniger bekommen. Sie wollte das auch mit dem Arbeitgeber klären, jedoch sind die der Meinung, dass sie darauf kein Anspruch hat. Ein persönliches Gespräch haben die zudem abgelehnt, sondern haben einfach einen frechen Brief an sie geschrieben, in dem steht, dass alles weitere schriftlich zu klären ist und sie zudem nicht bereit sind die Differenz auszuzahlen.

Wenn ich mich nicht Irre, dann hat man als Minijobber doch Anspruch auf Urlaub, d.h. wir sind hier im Recht.
Zudem ist es irgendwo gesetzlich doch geregelt, dass im Falle einer Betriebsübernahme die alten Verträge zu den alten Konditionen gelten, inkl. aller offenen Ansprüche. Ich finde leider die genauen Passagen in den Gesetzen nicht, da ich auch nicht vom Fach bin.

Meiner Meinung nach haben die damit auch einen Rechtsbruch begangen. Es gibt auch viele andere Dinge die in dem Laden sehr fragwürdig laufen, die sollen jetzt hier aber nicht das Thema sein.

Frage: Wir sind hier doch im Recht oder nicht? Ist das ziviles Recht oder wo müsste man dahin? Wir überlegen nämlich die Sache einem Anwalt zu übergeben. Leider hat sie aber nicht soviel Geld, deswegen wollte ich sicherstellen, dass das auch stichfest ist. Wir werden das Geld ja vermutlich vorstrecken müssen und die Kosten dann dem Beklagten in Rechnung stellen können sollten wir das Verfahren gewinnen.

Für euren Rat und nützliche Hinweise wäre ich sehr dankbar.
 
Also bei der geschilderten Sachlage seid Ihr tatsächlich im Recht; und zwar handelt es sich um Arbeitsrecht; eine Klage wäre ggfls. vor dem Arbeitsgericht zu erheben.

Das könnt Ihr auch selbst machen; dazu braucht Ihr keinen Anwalt; die Klage vor dem Arbeitsgericht würde Euch dann kein Geld kosten.

Die Klage könnt Ihr beim Arbeitsgericht auch formlos einreichen. Ihr schreibt einfach, dass Ihr Euren Arbeitgeber verklagt; den müsst ihr lediglich genau bezeichnen und mit der genauen Anschrift versehen sein, damit Ihr die Klage nicht schon deshalb verliert, weil Ihr nicht den Richtigen verklagt habt. Und dann schreibt Ihr weiter, dass der Euch Arbeitslohn und Urlaubslohn schuldet. Und das Weitere schildert Ihr einfach so, wie Ihr das hier geschildert habt und schreibt dazu, was und wieviel er Euch genau schuldet.. Das Gericht ist Euch dann in der Verhandlung behilflich, was Eure Rechtspositionen betrifft; Ihr braucht da keine Angst zu haben.

Übrigens, auch wenn Ihr in erster Instanz verlieren solltet, entstünden Euch für das erstinstanzliche Verfahren keine Kosten; der Beklagte müsste seine Kosten und eventuell die seines Anwaltes auch selbst tragen. Nur wenn Ihr selbst einen Anwalt beauftragt und verlieren würdet, hättet Ihr Eure eigenen Anwaltskosten am Hals.

Nun will ich Euch noch etwas sagen, was Euch sicher nicht gefällt: Im Grunde sind ja 250 Euro für Euch wahrscheinlich schon viel Geld; aber für ein Gerichtsverfahren lohnt es sich in der Regel nicht, "nur" 250 Euro einzuklagen. Deshalb empfehle ich Euch die Sache wie oben geschildert selbst zu machen und keinen Anwalt einzuschalten; denn dabei riskiert ihr ggfls. mehr Kosten, als Ihr überhaupt einklagen wollt oder könnt, wenn die Sache schief ginge.
 
Zuletzt bearbeitet:
Alternativ könnt Ihr auch zum Arbeitsgericht gehen und Eure Klageschrift dort bei der Geschäftsstelle zu Protokoll diktieren.
Zwar dürfen die Mitarbeiter keine Rechtsberatung durchführen, aber so wäre das Ganze dann direkt vor Ort "im Kasten" und vielleicht kostet es etwas weniger Nerven und/oder Überwindung, den Sachverhalt jemandem, für den das vertraute Gewässer sind, zu diktieren, als die Klageschrift einigermaßen formgerecht selbst zu Papier zu bringen.

Nach einem Verfahren stellt man übrigens der Gegenseite nicht nachträglich eine Rechnung, was die einem zahlen solle. Diese Kostenfrage wird im Tenor einer gerichtlichen Entscheidung mit-"verwurstet".
 
Ja klar, ist auch eine Möglichkeit, die Klage bei einem Rechtspfleger am Gericht zu Protokoll zu geben. Trotzdem solle man vorher schon, so gut es geht, die Fakten schriftlich zusammenfassen und dorthin mitnehmen.

Und nochmal, angesichts der kleinen Klagesumme wäre es der richtige Weg, die Klage ohne Rechtsanwalt wie vorgeschlagen einzureichen. Man braucht vor der Verhandlung trotzdem keine Angst zu haben; bei derart klaren Fällen wie vorliegend, sind die Richter in der Regel ziemlich arbeitnehmerfreundlich und machen "kurzen Prozess" mit einem Arbeitgeber wie dem hier aufgezeigten, wenn die Fakten wirklich so liegen, wie geschildert.


Ich sehe jetzt gerade, dass der TE auch noch danach gefragt hat, wo die Rechtsnachfolge gesetzlich geregelt ist. Obwohl es in den Gesetzen nicht wirklich eine Definition dafür gibt, wird die Rechtsnachfolge doch von den Gerichten in ihrer Rechtssprechnung zu Grunde gelegt. Im Arbeitsrechts ist zum Beispiel eine Rechtsnachfolge bei einem Betriebsübergang geregelt:

Die wichtigste Gesamtrechtsnachfolge ist der in § 613a BGB geregelte Betriebsübergang. Der neue Arbeitgeber tritt in sämtliche Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitgebers ein und übernimmt insbesondere alle bestehenden Arbeitsverhältnisse.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für eure Antworten. Das hat uns schon mal weitergeholfen. Wir werden uns beraten und schauen wie es dort weiter geht. Wir suchen auch weiterhin das Gespräch mit dem Arbeitgeber. Mal sehen wie sich das weiter entwickelt.

Viele Grüße
 
Ist es im Arbeitsrecht nicht so, dass in der ersten Instanz die Kosten immer geteilt werden?

Egal ob man gewinnt oder nicht?
 
arbeitsrecht.png


Quelle:https://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Gebuehren.html#tocitem1



Erstberatungskosten sind nach §34 RVG maximal 190,00 Euro. Ich vermute mal, in dieser Beratung kann dir der Anwalt am besten sagen, ob es bei dem 'Streitwert' Sinn macht weiter vorzugehen. Da es um einen Minijob geht und das Unternehmen wohl nicht per se dickköpfig ist, wird sich die Rechtsabteilung wohl etwas dabei gedacht haben. So kann man das Arbeitsrecht eben auch gegen den Arbeitenden ausspielen.
 
Ah OK.

Wenn man sich also selber vertritt und voll gewinnt, würden weder Vorschuss noch Kosten für das Gericht anfallen?
 
Meistens lang schon die Erhebung der Klage um den AG springen zu lassen. Zudem gibt es üblicherweise erst mal einen Gütetermin.
Wenn man sich dort bereits einigt, was übrigens auch im Interesse des Richters ist - der will die Akte klein halten, ist das Verfahren extrem schnell abgeschlossen (idR unter 4 Wochen) und man kann sich wieder auf andere Dinge konzentrieren.
 
Zurück
Oben