Lernprobleme meistern - schon zu spät dazu?

reapy0815

Lieutenant
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Juli 2011
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Guten Tag liebe Forengemeinde!

Ich bin mittlerweile 25 Jahre alt und studiere im 5. Semester Elektrotechnik an einer Fachhochschule.
Da sich mein Studienabschluss (Regulär 7-semestriger Bachelor) um ein Semester verzögern wird, werde ich leider acht Semester brauchen, also noch etwas weniger zwei Jahre.

Ich komme im Studium aber leider immer wieder an den Punkt, an dem mir das lernen schwer fällt. Momentan habe ich einen Notenschnitt von 2,5 und wäre eigentlich gerne besser.
Ich habe damals als Kind in der Grundschule schon immer was dagegen gehabt, Hausaufgaben zu tun. Meine Eltern sind regelrecht verzweifelt an mir. Auf der danach folgenden Realschule bzw. im Fachabitur war es auch nie wirklich besser. Ich hatte im Unterricht nie wirklich gute Konzentration und habe lernen immer als unnötig gefunden, der Unterricht bzw. der Stoff langweilte mich oft und ich kam auch immer ohne lernen durch und bin nie sitzen geblieben. Meistens hatte ich eben nur Noten im dreier- oder vierer-Bereich, aber das hat ja gereicht.
Ich habe also in der Schule nie wirklich gelernt, zu arbeiten und zu lernen. Auch in meiner Berufsausbildung, die ich mit 1,8 abgeschlossen habe, habe ich immer nur das Allernötigste getan.

Jetzt ist es aber an einer Uni bzw. Fachhochschule eher so, dass das dort nicht reicht (mir ist auch ein Rätsel, wie ich es schaffe, auf 2,5 zu stehen). Ich habe mittlerweile deshalb auch viele Nachklausuren und einige Projektarbeiten, die DRINGEND fertig gemacht werden müssten.
Mein konkretes Problem ist immer, dass ich mich entweder erst garnicht hinsetze und was dafür tue (vermutlich weil ich mir schon im Voraus zuviel Stress mache und immer denke "Oh Gott, das ist so viel und so schwer, wie schaffst du das bloß?"), oder aber, wenn ich mal anfange, oft durch die leichten Sachen sehr schnell durchkomme, mich aber an den schwierigen Sachen nur sehr kurz festbeiße und dann mangels sich einstellendem Erfolgserlebnis aufhöre und die Motivation verliere.

Oft fehlt mir auch einfach die Motivation, überhaupt mit der Arbeit zu beginnen. Jetzt ist es nunmal so, dass ich mir kein besonders leichtes Fach ausgesucht habe. Die Thematik macht mir aber sehr viel Spaß und ich kann es eigentlich auch. Aber die etwas schwierigeren Probleme sind eben dazu da, sich daran festzubeißen und zu ergründen warum was wie funktioniert, und diese Fähigkeit hab ich einfach nicht, oder nur sehr selten.

Mittlerweile ist das ein riesiges Problem für mich geworden und hat mir auch schon die ein oder andere schlaflose Nacht beschert. Ich bin aber nunmehr mit meinem Latein am Ende und weiß nicht, wie ich daran etwas ändern soll. Fakt ist aber für mich, dass es so nicht weitergehen kann (zumal ich danach noch gerne den Master machen möchte).

Ein weiteres Problem ist (vermutlich folgt es aus dem vorhergehenden Text), dass das Lernen generell sehr ineffizient ist. In mehreren Stunden lernen kommt oft nicht viel bei herum.
Ich lerne auch mit zwei anderen Leuten zusammen. Beide sind gute Freunde von mir. Einer hat jedoch die selben Probleme wie ich (teilweise noch schlimmer) und wir neigen beim Lernen dazu, uns gegenseitig die "Energie" herauszusaugen und dann geht garnichts. Der andere ist Studiengangsbester, hat aber nicht oft Zeit um etwas mit mir zu machen und wohnt mittlerweile auch leider ein Stück weit weg. Der kennt mein Problem, hat aber auch nicht so recht eine Idee, was ich ändern könnte.

Es ist, als wenn ich irgendwie Angst vor dem Lernen hätte. Das selbe Problem habe ich übrigens auch in anderen Belangen des Lebens (z.B. Arzttermine machen, das Auto sauber halten etc.).

Nebenher arbeite ich in der Entwicklungsabteilung eines Elektronikherstellers. Dort bin ich der organisierteste und effizienteste Mensch überhaupt. Wie ich das aber auf das Lernen übertragen kann ist mir ein Rätsel.

Hat hier jemand vielleicht einen Gedanken dazu, oder gibt es jemanden, dem es ähnlich ging und der irgendwie da raus kam? Oder bin ich mit 25 schon zu spät an, um noch was daran zu ändern?
 
Du hast kein Lernproblem sondern ein Motivationsproblem.

1) Schreib dir deine Ziele auf, was willst du mit dem Studium erreichen / was willst du in deinen Leben erreichen. Halte dir diese Ziele vor Augen.
2) Weiterhin eliminiere Ablenkungen (Handy komplett herunterfahren etc.). Schaffe dir eine vernünftige Lernumgebung.
3) Lerne mit Leuten die dich nicht noch weiter herunterziehen, erarbeitet Themen und stellt sie euch gegenseitig vor (Vortrag ...)

PS mit 75 Jahren sein Verhalten zu ändern wäre spät dran ... mit 25 Jahren bist du doch noch völlig formbar!
 
Kommt mir aus meinem Studium bekannt vor. Musste vorher auch nie lernen, habe zwei Semester gebraucht um Lernen zu lernen - eins für die Erkenntnis und eins um diese umzusetzen.

Am Ende war es überwiegend ein Motivationsproblem. Setz dir klare Ziele wann du was erledigt haben möchtest. Setze dir ebenfalls klare Zeiträume wann gelernt wird und wann Pause ist. Zum Beispiel 17:00 bis 18:00 Uhr Fach 1, danach 20 Minuten Pause, anschließend noch mal 60 Minuten Fach 2.
Hier musst du für dich herausfinden wie lange du Anfangs am Stück wirklich konzentriert arbeiten kannst. Die Länge kannst du dann nach der Umgewöhnung langsam steigern.

Handy aus versteht sich von selbst und gilt für alle in der Lerngruppe. Wenn ihr in der Gruppe lernt ist Disziplin aller hier wichtig.

Wenn man das aber umsetzt haben unter dem Strich alle mehr Zeit am Tag, sprich mehr Freizeit.
 
Lernst du vielleicht gegen deinen Bio-Rhythmus? Das ist vielleicht nur einer von vielen Aspekten, aber ich hatte im Studium festgestellt, dass ich eigentlich nur Nachts effektiv lernen kann. Vormittags waren meist Vorlesungen, aber Nachmittags lernen war immer für'n Arsch. Da hab ich dann lieber geschlafen, das hat mehr gebracht.

Ziele sind natürlich auch ein wichtiger Punkt. Wenn man noch keine Idee hat, was man nach dem Studium machen will, studiert man halt so vor sich hin und schaut, dass man irgendwie durch kommt.
 
Und denk dir Konsequenzen bei nicht-Einhaltung der selbst gesteckten Ziele aus.
Ich habe "mich" zum Beispiel damit "bestraft", dass ich so lange nichts warmes gegessen haben,
bis ich die als Ziel formulierten Aufgabenabschnitte dann auch wirklich erledigt hatte.
So frei nach dem Motto: "Wenn Du Zeit hast eine Stunde in der Küche was zum Essen zuzubereiten, hast Du auch Zeit eine Stunde lang deine Aufgaben voreinander zu bekommen".
Habe 5 Kilo abgenommen.
 
Vielen Dank für den Input!
Vielleicht handelt es sich tatsächlich um ein Motivationsproblem. Momentan studiere ich halt, weil ich irgendwie dran bin. Angefangen habe ich eigentlich, weil mir die Bastlerei mit Elektronik immer sehr Spaß gemacht hat.
Ich versuche mal, meine Ziele schriftlich festzuhalten und mir auch so eine Art Lernplan zu erstellen. Vielleicht wird das ja dann noch was!
 
Und einer der fleißig seine Hausaufgaben macht, für die zu erwartenden Klausuraufgaben lernt und das gelernte auswendig rückwärts singen kann, aber hilflos ist sobald Schema-F verlassen wird ist automatisch der bessere Student?

Der TE hat erkannt dass er ein Problem hat, wie dieses aussieht und sucht nach einer Lösung. Damit ist er diesbezüglich in seinem Leben weiter gekommen als vieler viele ältere Menschen die ich kenne.
 
Macht Dir das Fach überhaupt Spaß?
Wenn ich Spaß empfinde, versuche ich es automatisch zu verstehen.
Lernst Du viel auswendig?
Wenn ich auswendig lernen müsste, würde ich das Zeug erst gar nicht anfassen.
Versuch nach Verständnis zu lernen.
 
Studieren ist halt kacke. Da musst du durch ;) Eigentlich nix anderes als Schule!
 
Andere Frage:

Warum studierst du, wenn du dich offensichtlich nicht dafür begeistern/motivieren kannst? ;) Du bist zwar schon im 5 Semester und solltest es jetzt auch durchziehen, aber wenn ich deinen Eingangspost so lese, hätte dich eine andere Wahl glücklicher gemacht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch wenn das Thema schon ein paar Wochen alt ist will ich doch meinen Senf dazu geben.
Mir ist es sehr viel leichter gefallen zu lernen, wenn ich mir ein festes Ende gesetzt habe. Hab mir also immer einen Timer, z. B. 40 min gesetzt. Danach habe ich für 20 min Pause gemacht. Dadurch konnte ich leichter anfangen, weil das Ende absehbar war. Außerdem bleibt bei mir mit so einem Rhythmus auch deutlich mehr im Kopf hängen weil man immer einigermaßen frisch ist.
Beim Schreiben der Abschlussarbeit war der Rhythmus übrigens eher 60 / 30. Die 30 min Pause habe ich mit leiser Musik im Bett verbracht. So habe ich an manchen Tagen 12 produktive Arbeitsstunden geschafft und war trotzdem nicht völlig erschöpft.
Vielleicht wäre das eine Herangehensweise.

Abgesehen davon kenne ich mehrere Leute, die parallel zum Studium wegen Nervösität und Angst vor den Aufgaben und Prüfungen zum Psychologen gegangen sind. Auch wenn keiner drüber spricht haben sich da wohl Studenten die Klinke in die Hand gegeben.
 
Was bei mir immer geklappt hat: Zeitdruck. Sowohl bei Masterarbeit, als auch bei der Bachelorarbeit habe ich eigentlich nur die letzten 2 Wochen richtig gearbeitet, aber da auch ca 17 stunden pro Tag.
 
Ich musste in der Schule nie lernen, auch nicht zu den Abiturprüfungen, und war trotzdem Jahrgangsbester. Im Studium hat sich das dann bitter gerächt. Ich habe für meinen Bachelor, für den eine Regelstudienzeit von 3 Jahren vorgesehen war, auch erst nach 5,5 Jahren geschafft, weil ich das mit dem Lernen bis zum Schluss nicht hinbekommen habe. Stattdessen habe ich mich meist getreu dem Motto "Vier gewinnt" durchgelurcht.

Das rettende Ufer war dann der Einstieg ins Berufsleben vor fast 5 Jahren. Da läuft es und ich würde mich als hochmotiviert einstufen.

Ich wünsche dir, dass du dich zum Lernen noch motivieren kannst. Wie du das anstellen kannst, weiß ich auch nicht. Wollte dir nur offenbaren, dass du mit dem Problem nicht alleine bist. Ansonsten beiß die Zähne noch ein paar Semester zusammen und rette dich an eben jenes Ufer.
 
mental.dIseASe schrieb:
Ich musste in der Schule nie lernen, auch nicht zu den Abiturprüfungen, und war trotzdem Jahrgangsbester. Im Studium hat sich das dann bitter gerächt. Ich habe für meinen Bachelor, für den eine Regelstudienzeit von 3 Jahren vorgesehen war, auch erst nach 5,5 Jahren geschafft, weil ich das mit dem Lernen bis zum Schluss nicht hinbekommen habe. Stattdessen habe ich mich meist getreu dem Motto "Vier gewinnt" durchgelurcht.

Das rettende Ufer war dann der Einstieg ins Berufsleben vor fast 5 Jahren. Da läuft es und ich würde mich als hochmotiviert einstufen.

Ich wünsche dir, dass du dich zum Lernen noch motivieren kannst. Wie du das anstellen kannst, weiß ich auch nicht. Wollte dir nur offenbaren, dass du mit dem Problem nicht alleine bist. Ansonsten beiß die Zähne noch ein paar Semester zusammen und rette dich an eben jenes Ufer.

Du bist ein typischer Fall, bei dem sich diese Muster durch ergebnisorientiertes Lob verstärkt hat. Quasi der schlaue Junge, der nichts tut und trotzdem schlau ist.

Du hast wenig gemacht, hattest sehr gute Ergebnisse und wurdest für das Ergebnis gelobt.
Dieser Feedbackmechanismus führt im Akteur zu einer Verstärkung dieses Handelns.
Es wird immer mehr auf gute/ausreichende Leistung-wenig Einsatz optimiert.

Problematisch sind dabei unterstützende Strukturen, die primär Ergebnisse loben und
prozessorientiertes Handelns abstrafen. ("Hauptsache das Ergebnis stimmt.")

Um langfristig dagegen vorzugehen, sollte man den primären Fokus auf Prozessorientierung legen und nur sekundär auf das Ergebnis. In der Praxis heißt das, dass der Akteur lernt, sich in die Sache "hineinzubeißen" durch eine bestimmte Menge an Arbeit (bspw. gemessen in Stunden) und dann einzig und allein für die Arbeit und den Aufwand gelobt wird. Wichtig dabei ist, dass das Feedback von einer themenvertrauten Person kommt, so dass Initiative erkannt wird.

Langfristig entsteht dadurch ein positiver Feedbackloop für investierte Zeit ("I like how hard you are working on that; I can't wait to see it when you've finished/put more effort into it.").
Arbeit ist dann kein Bestrafung, sondern eine Belohnung, weil man dafür Lob erntet und letztendlich das Selbstvertrauen nicht mehr auf externen Faktoren basiert, sondern auf eigener Arbeit. Das gibt dem Akteur das Gefühl, dass er selbst aktiv handeln kann und sich selbst verändern kann.
 
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