Trump/Jerusalem/Hauptstadt

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Kubikfranz

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Hallo Zusammen,

vor kurzem hat Trump Jerusalem als Hauptstadt anerkannt. Dies kam groß in den Nachrichten und wurde dort als "Skandal" hingestellt und gesagt, dass das große Diskussionen aufwirft und dass sich Trump damit selbst disqualifiziert.

Ich habe von Politik so gut wie keine Ahnung und bin daran auch eher weniger interessiert, dennoch frage ich mich seitdem: Was hat Trump falsch gemacht?

Gebe ich bei Google ein: "Hauptstadt Israel", kommt dort als Ergebnis "Jerusalem". Schaue ich bei Wikipedia nach, steht dort ebenfalls "Jerusalem". Trump hat also doch lediglich das gesagt, was sowieso schon so ist.

Ich frage nun hier weil ich auf eine verständliche Erklärung hoffe. Ich habe bereits gegoogelt, jedoch sind die Erklärungsversuche dort für mich nicht verständlich, vermutlich weil ich einfach von Politik keine Ahnung habe. Bitte zieht das hier nicht ins Lächerliche, ich will einfach nur eine gute Erklärung haben und es damit verstehen, was Trump "falsch" gemacht hat.
 
Gib mal bei Google ein "Hauptstadt Palästina" ;-)

Das Problem ist, dass Israel den Ostteil von Jerusalem 1980 annektiert hat und die ganze Stadt als Hauptstadt für sich betrachtet.

Diese Annektion ist aber nicht anerkannt.

Jetzt sind da aber noch die Palästinenser, die um 1988 einen Souveränen Staat ausgerufen haben, mit eben diesem Annektierten Ostjerusalem als Hauptstadt.

Von vielen Staaten wird Palästina als Staatliche Einheit anerkannt, von vielen nicht.

Zwei Länder, die Anspruch auf dieselbe Stadt (oder einen Teil derselben) erheben.
Auf der einen Seite wird die Annektion nicht anerkannt und auf der anderen Seite wird ein unabhängiger Staat ausgerufen.

Wenn Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennt, erkennt er gleichzeitig die Annektion an, erteilt Palästina als souveränem Staat eine Absage, und sagt dann noch "er würde sich nicht in den Nahost Konflikt einmischen" und eine Zwei Staaten Lösung unterstützen (aber jeder der zwei Staaten sagt halt der jeweils andere sei nicht existenzberechtigt).


Das ist jedoch jetzt so simplifiziert, dass es teilweise schon nicht mehr wirklich korrekt ist.

Dazu musst du dich mal generell mit dem Nahost Konflikt beschäftigen.

Bei der Zeit und Wiki wirds ganz gut beschrieben:

http://www.zeit.de/politik/ausland/...rkennt-jerusalem-als-hauptstadt-von-israel-an

https://de.wikipedia.org/wiki/Staat_Palästina

https://de.wikipedia.org/wiki/Israelisch-Palästinensischer_Konflikt
 
@Kubikfranz:
Es ist ähnlich wie bei BRD und DDR ... "gefühlte" Hauptstadt und offizieller Regierungssitz sind gerade bei künstlichen Staatsgebilden oft nicht identisch.
Offizieller Regierungssitz der DDR war Potsdam ... als Hauptstadt wirkte dennoch eher der Ostteil Berlins, dort lag Beispielsweise auch der Palast der Republik ... das primäre staatliche Repräsentationsgebäude und der Sitz des ZK der SED (also der DDR-Regierung).
In der BRD saß die Regierung in Bonn ... allerdings galt Bonn immer nur als Provisorium ... nach der angepeilten Wiedervereinigung war klar, dass es wieder Berlin sein würde.

In Israel ist es nun etwas anders ... die gefühlte Hauptstadt der Palästinenser UND der Israelis ist und bleibt Jerusalem ... der offizielle Regierungssitz Israels liegt allerdings in Tel Aviv ... der von Palästina in Ramallah.

Jerusalem ist seit mindestens 1000 Jahren umstrittenes Gebiet. Drei Weltreligionen haben dort bedeutende heilige Stätten, und der Streit darum, wem nun Jerusalem "zusteht" wird dadurch um eine religiöse UND historische Dimension erweitert ... das macht es nicht einfacher.

Für die Juden ist Jerusalem der "Nabel der Welt" ... der große Stein im Zentrum des Felsendoms ist der Ort, an dem die Welt ihren anfang nahm ... gleichzeitig ist Jerusalem die Stadt Davids ... und der Standort des salomonischen Tempels ... nicht irgendein Tempel, sonder DAS Haus Gottes ... the real thing.

Für die Moslems ist eben dieser Felsen der Ort, von dem aus Mohammed dem Himmel einen Besuch abstattete (der gleiche Stein), und auch die Geschichte um Jesus spielt eine Rolle, denn auch der besitzt im Islam den Status eines Propheten.

Und für Christen ... naja, im Tempel zu Jerusalem wurde aus dem Wanderprediger aus Nazareth ein Revoluzer, der (für Jesus recht gewalttätig) hier seinem Glauben ausdruck gab ... er verbannte die Geldverleiher aus dem Tempel ... genau wie Mohammed die Götterstatuen aus der Kaaba in Mekka entfernte. Gleichzeitig ist Jerusalem die Bühne für die Passion Christi ... DIE zentrale Erzählung des Christentums.

Alle Religionen berufen sich auf ihren Gott und ihre Propheten, wenn sie Jerusalem für sich beanspruchen ... der Streit ist also weit von rationalen Beweggründen entfernt ... das ist nicht einfach nur ein politischer Konflikt, sondern ein emotional seit Jahrhunderten aufgeladener Streit um den wahren Glauben.
Und ganz nebenbei ging es natürlich lange um die Kontrolle eines strategisch wichtigen Punktes in der Region ...

Und in diesem politischen Klima, trumpelt nun der Donald rum, bezeichnet Jerusalem als Hauptstadt Israels (was es offiziell NICHT ist).
Damit gießt er Öl ins Feuer ... und beweist wiedermal, wie verantwortungslos er als US-Präsident handeln kann.

Die Israelis werden sich nun in ihrem Anspruch bestätigt fühlen, und die Palästinenser werden genau DAS nicht einfach hinnehmen ... ich rechne mit einer neuerlichen Verschärfung des Konfliktes nach dieser Trumpelei.
 
Zuletzt bearbeitet:
aus religöser/politischer sicht magst du vielleicht recht haben, aber die Sache hat einen haken 1. Mohammed war nie in Jerusalem auch nicht zu dem Zeitpunkt wo er starb und 2. Jesus war nie der erfinder des Christentums, er predigte das Judentum. Jesus Jünger verstanden sich mehr als Juden als an Christen
der erfinder des Christentums war Paulus , der Jesus noch nichtmal persönlich kannte
 
Das hier ist KEIN Thread, um über den Nahostkonflikt zu diskutieren.
Hier sollte lediglich die Frage des TE beantwortet werden.

Bitte also den Thread jetzt nicht dafür hijacken.
Vllt meldet sich der TE ja nochmal ob die Frage hinreichend beantwortet wurde :)
 
Zensai schrieb:
Wenn Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennt, erkennt er gleichzeitig die Annektion an, erteilt Palästina als souveränem Staat eine Absage, und sagt dann noch "er würde sich nicht in den Nahost Konflikt einmischen" und eine Zwei Staaten Lösung unterstützen (aber jeder der zwei Staaten sagt halt der jeweils andere sei nicht existenzberechtigt).

Trump sagt in seiner Rede hier explizit, dass die Grenzen des israelischen Jerusalems nicht definiert werden, da dies dies zwischen den beiden Parteien in Verhandlungen entschieden werden muss.
https://www.youtube.com/watch?v=OAKxZeFc8Jk
 
Interessant wie die Presse mal wieder ihre Seriöse Seite zeigt. Tatsächlich sieht es doch ganz anders aus, siehe z.B. Handelsblatt:

Diese Entscheidung kommt nicht völlig überraschend. Bereits 1995 stimmte der US-Kongress offiziell für die Verlegung der US-Botschaft. Seitdem unterschrieben die US-Präsidenten allerdings alle sechs Monate eine Verfügung, die den „Jerusalem Embassy Act“ erst einmal aussetzten sollte. „Aus Gründen der nationalen Sicherheit“, hieß es offiziell immer.
Auch Donald Trump wird diese Verfügung jetzt ein weiteres Mal unterschreiben, weil die Verlegung nicht sofort passieren kann.
https://orange.handelsblatt.com/artikel/37078
 
Kubikfranz schrieb:
Ich habe von Politik so gut wie keine Ahnung und bin daran auch eher weniger interessiert, dennoch frage ich mich seitdem: Was hat Trump falsch gemacht?
Weder hat Trump hier etwas richtig gemacht, noch hat er etwas falsch gemacht (was für ihn wirklich neu ist). Trump hat eigentlich nichts gemacht. An Tatsachen ändert das nichts, die US-Botschaft steht nur irgendwann an einem anderen Ort.

- Jerusalem war ursprünglich als neutrale Stadt geplant, weder arabisch noch jüdisch (hier als Ethnie). Diesen Teilungplan 1947 hat die jüdische Seite angenommen und einen Staat ausgerufen, die arabischen Staaten griffen Israel 1948 an. Im Verlauf des Krieges wurde der Westteil von Israel erobert, der Ostteil, samt der kulturell/religiös wichtigen Altstadt von Jordanien.
- Im 6-Tage-Krieg 1967 griff Jordanien dann Israel an und verlor dabei den Ost-Teil Jerusalems an Israel.
- 1980 annektierte Israel den Ost-Teil Jerusalems. Nach einer Resolution der UN, die die Annektion als ungültig erklärte, zogen alle (wenigen) Botschaften nach Tel'Aviv ab.
- 1995 entschied die USA die eigene Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Bisher verschoben alle Präsidenten diese Verlegung aber jedes halbe Jahr. Trump hat angekündigt diese Entscheidung umzusetzen.

In der Praxis ändert das nichts, nur haben die amerikanischen Botschaftler einen kürzeren Weg zum israelischen Regierungssitz.
Wenn Staatsoberhäupter Israel besuchen, sprechen sie vor dem Parlament, treffen sich mit dem israelischen Staatsoberhaupt, usw. Dies geschieht alles in Jerusalem.


Es war zu erwarten, dass die Emotionen hochkochen, wie dies beim Thema Israel-Palästina-Konflikt oft geschieht. Für Muslime ist das Thema Tempelberg (welcher sich in Ost-Jerusalem befindet) dabei besonders wichtig. Die "Messer-Intifada" hat das deutlich gezeigt.
Hier wurden von der Palästinensischen Führung Geschichten verbreitet, Israel wolle den Tempelberg übernehmen. Die Folge waren Attentate auf Israelis mit Messern und Fahrzeugen. Etwas Kontext dazu: Nachdem Israel den Ost-Teil Jerusalems 1967 von Jordanien eroberte (nach dem Angriff Jordaniens), übergab man die Verwaltung des Tempelberges an die islamische Waqf-Behörde. Seitem hat sich hier nichts geändert und nichts soll sich laut israelischer Regierung ändern.


Die heftigen Reaktionen aus der muslimischen Welt haben also wenig mit dem tatsächlichen Effekt der Botschaftsverlegung zu tun (in der Praxis ändert sich hier nichts), man (= der fundamentalistischere Teil) fühlt sich eher gekränkt, dass die größte Wirtschafts- und Millitärmacht der Erde Jerusalem Israel (welches man nicht anerkennt) geben will. Hier spielt fehlenden Wissen eine Rolle: denn weder tut das die USA, noch kann das die USA tun. Auch ist Jerusalem bereits von Israel annektiert.
 
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hotzenplot schrieb:
aus religöser/politischer sicht magst du vielleicht recht haben, aber die Sache hat einen haken 1. Mohammed war nie in Jerusalem auch nicht zu dem Zeitpunkt wo er starb und 2. Jesus war nie der erfinder des Christentums, er predigte das Judentum. Jesus Jünger verstanden sich mehr als Juden als an Christen
der erfinder des Christentums war Paulus , der Jesus noch nichtmal persönlich kannte
Du hast mit dem Einwand natürlcih vollkommen recht.

Es ging mir allerdings nicht um historische Tatsachen oder eine wissenschaftliche Argumentation, sondern um die Erzählngen der drei großen buchreligionen. Die spielen sich zu einem Teil eben auch in Jerusalem ab ...
Dass Jesus kein Christ war, sollte genauso klar sein, wie dass Martin Luther nicht "evangelisch" getauft wurde.
Die Erzählungen sind in religiösen Kontexten meist etwas wichtiger, als belegbare Fakten.

Mir ging es dabei eher um die psychologische oder soziologische Bedeutung, die diese Erzählungen entfalten ... für diese Bedeutung müssen sie nicht "wahr" sein ... es reicht, wenn genügend Leute dran glauben ... im Grunde reicht es sogar, wenn genügend Leute sie erzählen ... egal ob sie sie nun glauben oder nicht.

Genau diese religiöse Dimension verleiht dem Nah-Ost Konflikt ein ganz besonderes Geschmäckle.
 
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So, ich hab mir jetzt hier mal alles durchgelesen. Bin nun schlauer und verstehe wo das Problem liegt. Danke euch!
 
Dann mach ich hier mal dicht und wünsche Frohe Weihnachten :)
 
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