Konti schrieb:
Statt beim Thema StreetView zu bleiben, werden in diesem Artikel jede Menge Themen (teils sehr unterschiedlicher Beschaffenheit) zusammen geschmissen. Bedenken zum Thema StreetView wurden lediglich folgende geäußert: ..........
Für die Ewigkeit sind solche Szenen in SV außerdem nicht, denn man kann sie ja auf Anfrage löschen lassen.
Sicher in diesem artikel geht es auch um grundsätzlichere Fragen als Street View. sie sind in dem Zusammenhang aber nicht ganz unwichtig. Denn im Kern setzt Street View den Trend fort, "Wenn wir nicht zu Google gehen, dann kommt Google eben zu uns". SV ist zwar nur ein Schritt in diese Richtung allerdings lassen die unterschiedlichen Regelungen vermuten, dass es schon irgendwie um das Motto von Eric Schmidt geht: "Wer etwas tun will, von dem andere nichts erfahren sollten, möge es besser gleich bleiben lassen" Google hat in den einzelnen ländern letztendlich nur soweit nachgegeben, wie sie mussten. Das ist erst einmal ihr gutes Recht, allerdings erwarte ich von einem konzern, dass sich das Motto "Don´t be evil" dass sie sich mit den Auswirkungen und den Bedenken ernsthafter auseinjandersetzen und vielleicht auch im Vorfeld negative Konsequenzen für einzelne bedenken und nach Lösungen sucht. Dazu nur einige Beispiele. Google musste auf Druck der japanischen Regierung, die Aufnahmehöhe um 40 cm reduzieren. Bei diesen auflagen blieb es allerdings nicht. Zudem musste man öffentlich bekannt geben wo und wann man die Aufnahmen durchführt. Und das nicht nur über das Internet sonder auch über Broschüren an die örtlichen Behörden und Einwohner. Ein Konzern, der den Menschen wirklich etwas Gutes tun möchte und nicht ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgt, wie es sich Google durch sein Credo selbst auf die Fahne geschrieben hat, hätte nach dieser Kritik diese Lösungen wohl zum Standard gemacht.
Beim nächsten Punkt muss ich schon wieder Japan heranziehen. Es geht um die Zweitverwertung von SV-Bildern auf anderen Webseiten, die Personen in kuriosen oder peinlichen Situationen zeigen. Die "Opfer" können sich direkt bei Google melden. Google ist verpflichtet, wenn es sich dabei wirklich um Bilder handelt, die die betreffende Person diskreditieren könnten, den Administrator aufzufordern, die Bilder vom Netz zu nehmen. Tut er es nicht, wird die Seite von der Google-Suche blockiert. Auch hier die Frage: Warum hat Google das nicht international zum Standard von SV gemacht? Schließlich soll es bei dem dienst ja um nichts anderes gehen, das Leben zu vereinfachen und etwas komfortabler zu gestalten und nicht darum andere in Verlegenheit zu bringen oder sie gar zu verletzen. Für mich ist das eine berechtigte Frage. Oder kommt in diesem Zusammenhang doch das Motto von Eric Schmidt zum Vorschein.
Und kommen wir nun zu einem weiteren Punkt. Google hat jedem das Recht eingeräumt, die Fassade seines Wohnhauses unkenntlich machen zu lassen. Scheinbar hat man den den Protest ernst genommen und sich dabei auf das eigene Credo "Don´t be evil" besonnen. Auch wenn man dazu rechtlich nicht unbedingt dazu verpflichtet gewesen wäre (obwohl ich immer noch denke, dass die Aufnahmehöhe rechtlich ein Problem darstellen könnte). Soweit so gut. Nun lässt es Google allerdings zu, dass gleich nach dem Start in Deutschland die Bilder über Panoramio hochgeladen und verlinkt werden. Von einem Konzern, der die Proteste und die Menschen wirklich ernst nimmt, erwarte ich zumindestens dass er bereit ist, in irgendeiner Form zu prüfen, ob das überhaupt im Sinne des Betroffenen ist. Aber dadurch, dass Google hier scheinbar gar keinen Handlungsbedarf sieht, polarisiert man letztendlich weiter. Auch hier hätte ich von Google ein anderes Problembewusstsein erwartet.
Graf-von-Rotz schrieb:
Richtig , was einem so nicht peinlich war in aller öffentlichkeit zu tun sollte auch keine Reue bei größerem Publikum hervorrufen (ansonsten hätte man es eben besser gelassen!). .......
Es ist richtig, dass man die Konsequenzen tragen muss für sein öffentliches Handeln. Allerdings ist an dieser Stelle die Öffentlichkeit eine ganz andere, als wenn man normal morgens zum Bäcker geht. Die Anzahl des möglichen Publikums ist um ein vielfaches größer. Sollte SV nicht einen ganz anderen Zweck haben? Den hat es mit Sicherheit immer noch aber mit zum Teil zwar nicht gewollten aber billigend in Kauf genommenen Begleiterscheinungen. Oder warum hat man die Lösung, die in Japan gefunden wurde, nicht auch auf die anderen Länder, in denen SV bereits gestartet ist, übertragen?
Und an dieser Stelle sollte man vielleicht noch einmal erwähnen, dass die Bewertung von SV eben nicht so einfach ist, wie viele sich das vorstellen. Das gilt allerdings für beide Seiten. Wir haben es bei Streetview durch Flächendeckung, Automatisierung, Aufnahmehöhe und Verknüpfung mit potenziell personenbeziehbaren Geodaten sowie der Marktmacht von Google mit einer neuen Qualität der Datenerhebung und -verknüpfung zu tun. Dies ist zwar ersteinmal durch die Panoramafreiheit gedeckt, aber dantenschutzrechtlich nicht unbedingt unproblematisch. Hier handelt es sich zwar nur um eine Momentaufnahme, aber auch daraus ergeben sich Probleme, nicht nur datenschutzrechtlich. Denn diese Momentaufnahme eines eher flüchtigen Augenblicks (den der Betrachter, der es live miterlebt in der regel bereits nach wenigen minuten wieder vergessen hat), hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Und eben dieser bleibende Eindruck von Google nicht aktualisiert wird, muss nicht Deckungsgleich mit der Realität sein bzw kann sie erheblich verfäschen. Ein Beispiel dazu. Ich räume gerade meine Wohnung aus, weil ich sie z.B. grundlegend renovieren möchte. Das Iinventar wird auch erneuert. Also wird ersteinmal alles vor das Haus gestellt, damit es von der Müllabfuhr abgeholt werden kann. Die Momentaufnahme zeigt ein Haus vor dem sich der Müll stapelt. Unreflektiert entsteht schnell ein negativer Eindruck. Gut dieses Bild ist dann bei SV zu sehen. Einige zeit später möchte ich das Haus aber verkaufen. Dann wäre man ja schon fast gezwungen, das Haus erneut zu fotografieren und die Bilder hochzuladen. Vor SV hätte ich mir gar keine Gedanken darüber machen müssen. Das sind Detailfragen, zugegeben, aber sie zeigen das Problrem auf, dass obwohl die Bilder zurzeit durch die Panoramafreiheit gedeckt sind, entsteht durch die flächendeckende Erfassung, der monopolähnlichen Stellung von Google (die eine viel größere Verbreitung als z.B. Sigtwalk garantiert) doch eine ganz andere Qualität, die sich mit der geltenden Rechtssprechung erst gar nicht erfassen lässt.
Diese Aspekte und die zum teil datenschutzrechtlichen Bedenken sollte man nicht kleinreden. Andererseits sollte man die Panoramafreiheit nicht außer acht lassen.
Zugespitzt lässt sich sagen, dass die Gegner ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung in den Vordergrund stellen, aber die Panoramafreiheit außer acht lassen. Die Befürworter berufen sich auf die Panoramafreiheit ignorieren aber weitgehend datenschutzrechtliche Fragen und Bedenken. Stempeln Gegner als fortschrittsfeindlich und paranoid ab. So wird das aber nichts. Eine zielführende Diskussion ist nicht möglich, wenn es nur darum geht Partikularinteressen zu wahren. Was an der Stelle fehlt, ist eine breite und sachbezogene Diskussion über Datenschutz und Panoramafreiheit. Beides muss sich nicht ausschließen. Wie das Beispiel Japan zeigt, gibt es durchaus Lösungen die nicht polarisieren sondern eher versöhnen und einen gesellschaftlichen Konsens schaffen. Aber darüber hinaus kommt man schnell zu Fragen, die eher systemkritischer Natur sind und aufzeigen wie unzureichend und veraltet unsere geltende Gesetzeslage hinsichtlich der Entwicklung ist, die das Web 2.0 sowie die staatliche und private Datensammelwut mit sich bringen. Aber das wäre ein sehr weitreichendes Thema und eine ziemlich anstrengende Diskussion.
Für dienste wie SV sollte es eine klare gesetzliche regelung geben, die Datenschutz und Panoramafreiheit gleichermaßen berücksichtigt. Die oben genannten Lösungen aus Japan wären meiner Meinung nach ein guter Anfang. Obwohl ich mir noch ein Zentralregister wünschen würde, bei dem die Widersprüche und Änderungswünsche gesammelt werden und man einem Konzern nicht unnötig mehr Daten liefert. Darüber hinaus sollte es die Möglichkeit geben, das unkenntlich gemachte Haus wieder "sichtbar" zu machen. Denn im Falle eines Umzuges sollte zumindestens der Nachmieter / Käufer, Mie möglichkeit haben, dass ihr Haus bei SV zu sehen ist. Auch das gehört zur informationellen Selbstbestimmung. Zu Diskutieren wäre auch die Frage wie man mit Mehrfamilienhäusern umzugehen hat. Eine gesetzliche Regelung, die nicht nur restriktiv ist, würde nicht nur Rechtssicherheit für alle Beteiligte schaffen, sondern auch einen gesellschaftlichen Konsens.