EU-Parlament will Swift-Abkommen stoppen

Andreas Frischholz
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Das EU-Parlament hat infolge der NSA-Enthüllungen mehrheitlich beschlossen, dass die EU-Kommission das Swift-Abkommen mit den USA vorerst auszusetzen soll, bis man die Vorwürfe vollständig aufgeklärt hat. Ein Ende des Abkommens ist mit der Abstimmung nicht besiegelt, das letzte Wort haben die EU-Kommission und die EU-Staaten.

Das Abkommen regelt, unter welchen Bedingungen Bankdaten zwischen der EU und den USA im Rahmen der Terrorismus-Bekämpfung ausgetauscht werden. Doch die von Edward Snowden enthüllten Dokumente haben gezeigt, dass US-Behörden nicht nur über das Abkommen auf europäische Finanztransaktionsdaten aus dem Swift-Netzwerk zugreifen, sondern dieses mit verschiedenen Methoden direkt anzapfen. Die EU-Abgeordneten bedauern, dass die Vorwürfe von keinem Mitgliedstaat untersucht wurden. Von der EU-Kommission fordern sie nun, eine „umfassende technische Vor-Ort-Untersuchung“ durch Europol zu veranlassen.

Kritisiert wird in dem Beschluss die Begründung des Swift-Abkommens. Es reiche nicht aus, alle „Sicherheitsmaßnahmen durch den allgemeinen Hinweis auf die Bekämpfung von Terrorismus und schweren Verbrechen“ zu rechtfertigen. Datenschutz spiele bei solchen Abkommen mit den USA eine zentrale Rolle, um rechtlich verbindliche Standards zum Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten. Allerdings ist diese Haltung selbst im EU-Parlament umstritten, wie die Abstimmung gezeigt hat. Initiiert wurde der Beschluss von Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken, die den Beschluss mit 280 Stimmen bei 254 Gegenstimmen aus den Reihen der konservativen EVP-Fraktion durchgesetzt hatten.

Dem Ergebnis entsprechend wurde die Abstimmung bewertet. Für Birgit Sippel, Innenexpertin der SPD im EU-Parlament, ist es ein Zeichen an die USA. „Wir brauchen die USA in vielen Bereichen als Partner, aber wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen“, sagte Sippel im Interview mit Spiegel Online. Anders sieht es Manfred Weber (CSU), Fraktionsvize der konservativen EVP. Er sagte gegenüber Spiegel Online, dass man die USA aufgrund der Berichte „nicht vorverurteilen“ dürfe. Das EU-Parlament habe „auf reiner Spekulationsgrundlage entschieden“. Nach Informationen von Spiegel Online soll allerdings Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf die deutschen EU-Abgeordneten der Unionsparteien Druck ausgeübt haben, damit diese gegen die Aussetzung des Swift-Abkommens stimmen.

Formal hat das EU-Parlament ohnehin nicht das Recht, ein internationales Abkommen zu beenden. Allerdings muss die EU-Kommission tätig werden, wenn „das Parlament seine Unterstützung für ein bestimmtes Abkommen zurückzieht“. Ausgehend von der Reaktion der EU-Kommission auf den Beschluss will das EU-Parlament entscheiden, wie es bei künftigen Verhandlungen über internationale Abkommen reagiert.

In einem ersten Statement gibt sich die zuständige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström aber unbeeindruckt und bleibt auf der bekannten Linie. Demnach hätten Vertreter der US-Behörden in persönlichen Gesprächen versichert, die US-Behörden würden die Auflagen des Abkommens einhalten. Selbst das direkte Anzapfen des Swift-Netzwerks stelle keinen Verstoß dar. Für die EU-Innenkommissarin gebe es daher keinen Grund, das Swift-Abkommen in Frage zu stellen. Bis zu einer abschließenden Bewertung warte Malmström aber noch auf weitere Unterlagen von den US-Behörden, über die auch das EU-Parlament vollständig informiert werden soll.

Mit dem Beschluss des EU-Parlaments muss sich aber nicht nur die EU-Kommission, sondern auch die EU-Staaten mit dem Swift-Abkommen auseinandersetzen. Womöglich geschieht das bereits beim EU-Gipfel am Wochenende. Dann müssten „die Staats- und Regierungschefs Haltung dazu beziehen, was das Parlament beschlossen hat“, sagte Jan-Philipp Albrecht von den Grünen. Und die Regierungen zeigen sich zunehmend verärgert über das Ausmaß der NSA-Aktivitäten, vor allem nachdem bekannt wurde, mit welchen Methoden die französischen Vertretungen in Washington und bei den Vereinten Nationen ausspioniert werden. Selbst die Bundesregierung zeigt sich verärgert, weil die NSA offenbar das Handy von Bundeskanzlerin Merkel überwacht hat.

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