Project Natick: Microsofts Vision von Rechenzentren im Ozean

Michael Günsch
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Project Natick: Microsofts Vision von Rechenzentren im Ozean
Bild: Microsoft

Hinter dem Internet und seinen vielfältigen Diensten stehen riesige Datenzentren, deren Ausmaße und Leistung stetig wachsen. Statt auf dem Land riesige Flächen mit Server-Farmen zu pflastern, verfolgen Forscher von Microsoft eine andere Idee: Das Rechenzentrum wird im Ozean versenkt.

Das zunächst seltsam anmutende Konzept der Unterwasser-Rechenzentren verfolgt das Project Natick von Microsoft. Die Idee existiert schon lange nicht mehr nur auf dem Papier, denn bereits im August 2015 wurde eine erste Server-Kapsel im Meer an der kalifornischen Pazifikküste versenkt – den Prototyp benannten die Forscher Leona Philbot, nach einem Charakter aus der Videospielreihe Halo.

Der Prototyp Leona Philbot hinter dem Microsoft-Team
Der Prototyp Leona Philbot hinter dem Microsoft-Team (Bild: Microsoft)

Beflügelt wird die Vision von den potentiellen Vorteilen gegenüber den bisherigen Lösungen an Land. So dient der Ozean selbst als Kühlmittel für die Server, die eine hohe Abwärme produzieren. Außerdem bietet der Wasserstrom eine Möglichkeit zur Stromerzeugung. Küstenregionen könnten zudem durch kürzere Leitungswege von niedrigeren Latenzen profitieren. Die Verbindung zu oftmals weit abgelegenen Server-Farmen an Land wäre überflüssig. Ferner versprechen sich die Forscher durch ein modulares Konzept eine schnellere Inbetriebnahme, sollte ein Aufstocken der Server-Kapazität nötig sein.

Wie die New York Times berichtet, wurde die zunächst für 105 Tage geplante Testphase erfolgreich abgeschlossen. Die Stahlkapsel mit rund rund 2,4 Metern im Durchmesser sei dabei in einer Tiefe von 30 Fuß (etwa 9 Meter) unter dem Meeresspiegel platziert worden. Über eine Vielzahl verschiedener Sensoren wurden unter anderem Druck, Bewegung und Luftfeuchte kontrolliert. Beanstandungen habe es keine gegeben, sodass die Experimente über den anvisierten Zeitraum hinaus fortgeführt wurden. Auch auf die Umwelt soll sich das Projekt nicht negativ ausgewirkt haben: Die Emissionen von Wärme und Geräuschen seien sehr gering.

Bei all den potentiellen Vorzügen der Unterwassertechnik stellt das Konzept eine große Herausforderung an die Stabilität der Server dar. Denn Wartungsarbeiten gestalten sich entsprechend schwierig. Anvisiert wird eine Lebensdauer von 20 Jahren für ein Unterwasser-Rechenzentrum, wobei die Hardware alle fünf Jahre ausgetauscht werden soll. Nach Ende der Dienstzeit könnten die Kapseln gehoben und recycelt werden.

Laut dem Zeitungsbericht arbeitet die Forschergruppe bereits an einem Unterwassersystem mit der dreifachen Größe. Dabei soll ein Entwickler von Systemen zur Erzeugung von Strom mittels Meeresströmung herangezogen werden. Für das kommende Jahr werde eine neue Testphase erwartet. Der Prototyp Leona Philbot sei zwischenzeitlich „teils mit Seepocken überzogen“ zu Microsoft zurückgekehrt.

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