HP Reverb G2 im Test: Testergebnisse

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David Pertzborn
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Bildqualität

Auf dem Papier hat die HP Reverb G2 mit der Vive Pro 2 einen starken Kontrahenten bekommen. Sie hat nicht nur die höchste Auflösung, sondern wirbt auch noch mit dem größten Field of View. Und die Kombination aus beidem setzt die HP Reverb G2 deutlich unter Druck, insbesondere da die Darstellungsqualität bis dahin das Alleinstellungsmerkmal der Reverb-Headsets war.

Bei der Auflösung ein geteilter erster Platz

Auch in der Praxis muss sich die HP Reverb G2 den ersten Platz in Sachen Auflösung jetzt mit der HTC Vive Pro 2 teilen. In allen typischen Spielesituationen ist das Fliegengitter bei beiden Modellen komplett verschwunden. Nur wenn auf einfarbigen Hintergründen explizit danach gesucht wird, können noch grobe Andeutungen erahnt werden.

Die nachfolgende Bilderreihe, die jeweils direkt durch die rechte Linse der VR-Headsets erstellt wurde, versucht dies darzustellen. Die Auflösung war jeweils auf die laut SteamVR native Auflösung der Headsets gestellt. Als Spiel kam Half Life: Alyx mit sehr hohen Einstellungen zum Einsatz. Dazu gilt es anzumerken: Erstens sind die Aufnahmen der Vive Pro 2 noch vor einem Update entstanden, das die Bildschärfe verbessert, das System steht der Redaktion aber nicht mehr zur Verfügung. Zweitens geben die Bilder auf Grund der unzuverlässigen Aufnahmemethode die Randunschärfe und die Farbdarstellung nicht korrekt wieder.

Field of View und Sweetspot

Neben dem Controllertracking, dazu später mehr Details, ist das Field of View die größte Schwäche der HP Reverb G2. Und im Gegensatz zum Tracking ist dieses Problem bei allen Anwendungen immer wahrnehmbar und oft störend. Im Test führt es zu weniger Immersion im Vergleich zur Valve Index. Die HP Reverb G2 fühlt sich beim Aufsetzen wie ein VR-Headset an. Bei der Valve Index gibt es hingegen immer wieder den Eindruck, eine andere Welt zu betreten. Ein Problem, das die HTC Vive Pro 2 teilt – in dem Fall jedoch vor allem durch das ungewöhnliche Format des Sichtfelds.

Wahrgenommenes und technisch mögliches Sichtfeld
HP Reverb G2 Valve Index HTC Vive Pro 2
Gemessen Software Gemessen Software Gemessen Software
Horizontal 100° 99,0° 105,5° 108,0° 111,0° 117,0°
Vertikal 70° 91,0° 91° 109,0 70° 96,5°
Diagonal (nur Software) 107,5° 114,5° 113,5°

In der Tabelle entspricht der erste Wert jeweils dem selbst im ROV Test FOV & Resolution gemessenen (gemittelt, zwischen links/rechts, oben/unten) und der zweite dem, den die Software des Headsets angibt (ausgelesen mit hmdq). Alle Probanden wurden mit den mitgelieferten Gesichtspolstern benutzt und die Linsen so nahe wie möglich ans Gesicht geschoben.

Der Sweetspot löst Debatten aus

Unter dem Begriff Sweetspot werden in der VR-Community zwei Dinge abgehandelt. Einerseits wie einfach es ist, die Brille so vor den Augen zu positionieren, dass das bestmögliche Bild entsteht. Andererseits wie viel von diesem Bild dann wirklich scharf dargestellt wird und wie schnell die Bildqualität zum Rand hin abnimmt.

Im Test kann die Reverb G2 in beiden Bereichen ein zufriedenstellendes Ergebnis abliefern. Wie die Valve Index ist die HP Reverb G2 in diesen Kategorien der Vive Pro 2 überlegen – zumindest in den Augen des Testers. Hier muss jedoch deutlich gemacht werden, dass diese Ergebnisse wirklich nur auf den Kopf und die Augen des Redakteurs zutreffen. Eine leicht andere Kopfform oder eine andere Gesichtsgeometrie kann hier zu deutlichen Abweichungen führen. Daher der Hinweis an dieser Stelle, dass die meisten internationalen Tests im Netz die HP Reverb G2 hinter der Vive Pro 2 und der Valve Index sehen.

Hier gilt, dass nur Ausprobieren hilft. Vor allem da die mechanische IPD-Regelung der Reverb G2 nur einen relativ kleinen Bereich umfasst und der Abstand zwischen Linsen und Augen nicht wie bei der Valve Index eingestellt werden kann. In der Community führte diese sehr individuelle Wahrnehmung im Laufe des letzten Jahres zu weit mehr als einer hitzigen Diskussion.

Damit gibt es bei der HP Reverb G2, wenn alles richtig sitzt und die Abstände passen, ein schärferes Bild als bei der Valve Index und einen besseren Sweetspot als bei der Vive Pro 2 – in beiden Bedeutungen des Worts. Außerdem kann die Reverb G2 mit den wenigsten Artefakten wie Godrays oder Glare punkten. Dafür müssen beim Schwarzwert Abstriche gemacht werden: Schwarze Hintergründe wirken meistens eher grau, was aber nur in manchen Szenarien wirklich auffällt. Trotzdem: Andere Headsets machen das (etwas) besser.

Soundqualität

Nach dem sehr ausführlichen Abschnitt zur Bildqualität kann die Bewertung der Audio-Lösung deutlich schneller abgehandelt werden. Die HP Reverb G2 und die Valve Index sind der HTC Vive Pro 2 klar überlegen. Die Kopfhörer der HP Reverb setzen auf die frei schwebende Lösung der Valve Index und können klanglich überzeugen.

Tracking

Und direkt noch ein schnelles Kapitel hinterher: Das Inside-out-Tracking der HP Reverb G2 ist immer noch fehleranfällig und hinkt der Konkurrenz hinterher. Die Index und die Vive Pro 2 setzen auf das bekannte Lighthouse-Tracking oder auch SteamVR Tracking. Dies ist aktuell immer noch die beste Lösung sowohl für das Headset als auch für das Controllertracking.

Die Reverb G2 hingegen scheitert vor allem beim Controllertracking. Hier gilt wie schon bei der ersten Reverb: Bei HP sind es die Situationen ohne Aussetzer, die gesucht werden müssen.

Schon im Einrichtungsprozess driften die virtuellen Controller langsam davon, sobald sie nicht mehr direkt im Blickfeld der Brille sind, und dafür reichen schon locker hängende Arme. Zusätzlich gab es im Test einen toten Winkel direkt vor der Brust, wo die Controller intuitiv oft gehalten werden, wenn es um Menüführung und Ähnliches geht.

Schnelle Spiele, bei denen es um Präzision geht (etwa Beat Saber), machen damit tatsächlich weniger Spaß. Dass das auch mit Inside-out-Tracking besser geht, zeigen Oculus Rift S (Test) und Oculus Quest (2). Gerade die Oculus Quest beweist, dass mit gleicher Kamerazahl eigentlich ein gutes Ergebnis möglich ist. Hier muss HP also vermutlich vor allem bei den Algorithmen im Hintergrund ansetzen. Immerhin das Headsettracking funktioniert praktisch fehlerfrei, solange der Kopf nicht zu nahe an Wänden oder am Boden ist.

Ergonomie und Ease of Use

Nach den technischen Details, sprich harten Fakten, geht es jetzt noch um zwei subjektivere Themen. Im ersten davon, der Ergonomie, kann die Reverb G2 voll überzeugen. Kein anderes Headset hat dem Tester bisher so gut einfach gepasst. Nur bei HP gibt es für den Redakteur das Gefühl, dass das Headset einfach wie ein gut eingelaufener Turnschuh sitzt. Lediglich mit Sehhilfe wird die Reverb G2 unbequem. Hier kann die Vive Pro 2 als einziges Headset, in das die Brille nicht nur irgendwie reinpasst, punkten. Einen dicken Minuspunkt kassiert die HP Reverb G2 für die Controller. Diese liegen schlecht in der Hand, fühlen sich billig an, haben schwammige Trigger und sind zu frontlastig.

Die Nutzbarkeit ist jetzt okay

Seit dem neuen Kabel funktioniert die HP Reverb 2 wie gedacht und es sind eher Kleinigkeiten, die die Nutzererfahrung trüben. Im Gegensatz zur Valve Index müssen aber immer zwei Plattformen im Hintergrund laufen, wenn SteamVR-Titel genutzt werden, und manche Einstellungen doppeln sich zwischen dem Windows Mixed Reality Portal und SteamVR. Erschwerend kommt hinzu, dass die Software von Microsoft insgesamt weniger ausgereift und intuitiv wirkt als SteamVR und im Test praktisch keine Vorteile bringt.

Ein tatsächlich nerviges Verhalten ist die Angewohnheit von Windows, das Mixed Reality Portal spontan immer wieder zu starten, solange die Reverb G2 angeschlossen bleibt. Ein Verhalten, das mit SteamVR und der Valve Index so nicht auftritt. Als Notlösung bleibt hier, die Stromversorgung zum Headset zu trennen, was aber dann nervt, wenn einfach mal schnell eine Runde gespielt werden will.