Corsair vs. Silverstone im Test: Zwei SFX-Platinum-Netzteile, einmal passiv gekühlt

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Nico Schleippmann
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Technik im Detail analysiert

Nach dem Lösen der Schrauben und dem Öffnen des Netzteils fällt der Blick auf die Elektronik. Wie immer gilt: Nicht nachmachen – Lebensgefahr!

Der technische Aufbau des Corsair SF450 Platinum ist mit dem SF450 mit 80Plus-Gold-Zertifizierung identisch. Demnach wird dieselbe Plattform von Great Wall genutzt. Bauelemente wurden aber ausgetauscht, weshalb sich das Platinendesign an manchen Stellen unterscheidet. Silverstone setzt hingegen auf eine neue Plattform von Enhance, die ebenso ein (quasi) kabelloses Design aufweist und über dieselben Schaltungstechniken verfügt.

Technische Daten SF450 Platinum Nightjar NJ450-SXL
Primärseite
EMV-Filter 2 X-, 4 Y-Kondensatoren, 2 CM-Drosseln 4 X-, 2 Y-Kondensatoren, 2 CM-Drosseln, Ferrit
Sicherungen Feinsicherung, MOV
Brückengleichrichter ? 2 GBU15J
Aktive PFC 1 MOSFET (Infineon IPZ60R099C7), 1 Diode (CREE C3D04060A) 2 MOSFETs (Infineon IPL60R104C7), 1 Diode (CREE C3D08060G)
Einschaltstrombegrenzer NTC + Relais NTC
Zwischenkreiskondensator Nippon Chemi-Con (KMW-Serie) 390 µF, 420 V, 105 °C Hitachi (HU-Serie) 390 µF, 450 V, 105 °C
Standby-IC Infineon ICE5QR1680AG Controller mit diskretem MOSFET
Konvertertopologie LLC-Halbbrücke
Schalter 2 ST STP24N60DM2 2 Infineon IPD50R140CP
Sekundärseite
Wandlung Minor-Rails (5 V und 3,3 V) DC-DC
Gleichrichter +12 V 2 MOSFETs (Infineon BSC014N04LS) 8 MOSFETs (Infineon BSC014N04LS)
DC-DC-Schalter 5 V und 3,3 V je 2 NXP PSMN2R0-30YLE je 1 Infineon BSC050N03LS und 2 Infineon BSC018NE2LS
Filterkondensatoren +12 V 6 Feststoff-Elkos 470 µF Feststoff-Elkos 2 Unicon 2.500 µF (UPL-Serie, 125 °C), 2 FP 1.500 µF und 2 330 µF
Filterkondensatoren 5 V 2 Feststoff-Elkos 820 µF 2 Feststoff-Elkos 330 µF
Filterkondensatoren 3,3 V 2 Feststoff-Elkos 820 µF 2 Feststoff-Elkos 330 µF
Filterkondensatoren 5 VSB 1 Rubycon-Elko (YXJ-Serie) 2.200 µF Feststoff-Elkos 1 1.200 µF und 1 470 µF
Supervisor-IC Infinno IN1S4291-SCG Siti PS223
Lüfter
Modellbezeichnung Corsair NR092L
Technische Daten 92 mm, Rifle-Gleitlager

Beide Netzteile weisen einen umfangreichen Eingangsfilter auf, der außerdem über wichtige Sicherungen verfügt. Anschließend folgen ein beziehungsweise beim Silverstone Nightjar NJ450-SXL zwei Brückengleichrichter. Dieses Leistungshalbleiter-Bauelement sowie alle weiteren wurden im NJ450-SXL massiv überdimensioniert, damit nicht nur der Wirkungsgrad verbessert wird, sondern auch die Belastung jedes einzelnen Bauelements abnimmt, was deren Kühlung vereinfacht. Mit höheren Betriebstemperaturen können die Bauteile nur noch einen Bruchteil ihrer Leistung abgeben, was mit dem Derating berücksichtigt wird.

Höhere Effizienz und kleinerer Einschaltstrom mit Klicken

Möglicherweise aus Platzmangel muss das NJ450-SXL auf ein Relais verzichten, mit dem der NTC-Widerstand zur Einschaltstrombegrenzung kurzgeschlossen wird. Diese Einsparung geht auf Kosten der Effizienz und führt zu einem höheren Einschaltstrom, weil der NTC-Widerstand einen kleineren Wert besitzen muss. Nach der PFC wird Energie in einem Elko zwischengespeichert, die mit 390 Mikrofarad beide dieselbe Nennkapazität besitzen.

Auf die Sekundärseite wird Energie über einen LLC-Resonanzwandler transportiert, der primärseitig aus einer Halbbrücke und sekundärseitig aus einem Synchrongleichrichter besteht. Der Wandler für die 5-VSB-Schiene besteht beim SF450 Platinum aus einem Power-Management-IC, der besonders platzsparend ist. Im NJ450-SXL wurde erneut auf eine leistungsstärkere Variante mit einem Kontroll-IC plus separatem MOSFET gesetzt. Die Gleichrichtung der 12-Volt-Schiene erfolgt bei beiden Netzteilen über niederohmige Infineon-MOSFETs. Während beim SF450 Platinum aber die Minimalbestückung von zwei statt sechs Bauteilen zum Einsatz kommt, ist im Nightjar NJ450-SXL die Vollbestückung von gleich acht dieser Halbleiter vorzufinden. Bei hoher Last verhilft die Parallelbeschaltung zu einem kleinen Durchlasswiderstand und somit einer besseren Effizienz. Bei Schwachlast ist die großzügige Bestückung aber von Nachteil, weil bei jedem Schaltvorgang Verluste anfallen, die sich mit der Anzahl an Bauteilen aufsummiert. Die DC-DC-Wandlung der 3,3- und 5-Volt-Schiene findet platzsparend auf einer extra Platine statt.

Feststoff-Elkos als Ausgangsfilter

Für die Haupt-Ausgangsschienen – also +12 Volt, 5 Volt und 3,3 Volt – wird auf eine ausschließliche Filterung per Feststoff-Elektrolytkondensatoren gesetzt. Gegenüber Elkos mit flüssigem Elektrolyt altern diese Kondensatoren bei hohen Temperaturen langsamer, weshalb dieser Typ trotz kleinerer Kapazitätsdichte bei einem (Semi-)Passiv-Kühlkonzept bevorzugt wird. Nur auf der dauerhaft aktiven 5-VSB-Schiene setzt Corsair auf einen Flüssig-Elko, wohingegen Silverstone auch hier Feststoff-Elkos verbaut.

Die Kühlkonzepte beider Netzteile wurden sinnvoll umgesetzt. Im SF450 Platinum werden über einen Kühlkörper alle primärseitigen Leistungshalbleiter zusammen gekühlt. Die Synchrongleichrichter werden im Wesentlichen über das Netzteilgehäuse gekühlt. Ein NTC-Widerstand neben einem Synchrongleichrichter erfasst die Bauteiltemperatur, wonach der Lüfter gesteuert wird.

Ausgeklügeltes thermisches Design des Nightjar NJ450-SXL

Das Gehäuse des Nightjar NJ450-SXL setzt sich aus Aluminiumplatten mit Rippenstruktur zusammen. Obwohl diese bereits gute Wärmeleit-Eigenschaften für eine möglichst homogene Wärmeabführung aufweisen, wurden die Hitzequellen auf die einzelnen Gehäuseteile verteilt: An die Hinterseite der Brückengleichrichter, an ein Seitenteil die Halbbrücken-MOSFETs, an das andere die DC-DC-MOSFETs sowie an die Unterseite die MOSFETs der aktiven PFC und des Synchrongleichrichters. Auch an die Oberseite wird Wärme über Aluminiumkühlkörper und den Haupt-Elko geleitet.

Einwandfreie technische Umsetzungen

Lötqualität und Verarbeitung beider Netzteile sind auf sehr hohem Niveau. Beide Platinen weisen auf Ober- und Unterseite Kupferbahnen auf, nur Corsair bestückt auch die Oberseite mit Bauteilen, um alle Bauteile in das kleine Volumen integrieren zu können. Zusätzlichen Platz nimmt im SF450 Platinum außerdem der 92-mm-Lüfter ein, der aber nur 12 mm in der Tiefe misst und damit halb so schmal gegenüber einem Standard-PC-Lüfter ist. Im Vergleich zum bereits getesteten SF450 mit 80Plus-Gold-Zertifizierung wurde die Lüftersteuerung überarbeitet. Diese verfügt nun über einen Mikrocontroller, der gegenüber einer Analogschaltung unerwünschte Starts und Stopps des Lüfters vermeidet, die ansonsten zu unangenehmen Geräuschen führen können.