Österreich: VfGH hebt Vorratsdatenspeicherung auf

Maximilian Schlafer
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Der österreichische Verfassungsgerichtshof VfGH hat am heutigen Tage jene Gesetze als verfassungswidrig aufgehoben, die die Republik Österreich zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung 2006/24/EG erlassen hat.

Die Richter des VfGH – die die Rechtssache ungewöhnlich schnell entschieden hatten – begründeten ihre Feststellung damit, dass die besagten Gesetze Artikel 8 EMRK verletzen. Dieser schützt unter anderem das Recht auf Privat- und Familienleben, woraus sich auch ein Grundrecht auf Datenschutz ergibt. In dieses wurde durch die Regelungen der Vorratsdatenspeicherung unverhältnismäßig eingegriffen. Denn zwar könne Vorratsdatenspeicherung selbst verfassungskonform sein, wenn sie dem Datenschutz und der EMRK entspreche. In Österreich war das aber nicht der Fall.

Konkret sind das Telekommunikationsgesetz (13 Paragraphen), das Sicherheitspolizeigesetz (zwei Paragraphen) und die Strafprozessordnung (ein Paragraph) betroffen. Aus diesen wurden entweder Wortfolgen gestrichen oder gleich die ganze Bestimmung aufgehoben, da diese Bestimmungen in ihrer Gesamtheit grundrechtlich unverhältnismäßig sind.

Als Gründe werden unpräzise Formulierungen, viel zu geringer Fokus auf die als Begründung vorgebrachte Bekämpfung schwerer Kriminalität und ein Mangel an Sanktionen für etwaige Fälle von Missbrauch der gesammelten Daten genannt.

Der VfGH hat keine Reparaturfrist für die Gesetze vorgesehen. Gegen seine Erkenntnisse sind keine Rechtsmittel mehr möglich. Die Aufhebung tritt daher am Ende jenes Tages in Kraft, an dem die Entscheidung vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde. Dieser ist verpflichtet, die Kundmachung unverzüglich vorzunehmen.

Eine Zusammenfassung der Entscheidung findet sich hier (PDF).

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    … ist die erste Anlaufstelle für alles, was Recht ist auf ComputerBase. Paragraphen haben es ihm angetan.
Quelle: Verfassungsgerichtshof Österreich

Ergänzungen aus der Community

  • Ice-Lord 27.06.2014 14:46
    Das ist sicher eine Gute Sache aber hat der EUGH das Gesetz nicht selbst schon
    gekippt?

    Damit wäre diese Entscheidung obsolet.

    Der Symbolische Triumpf bleibt aber natürlich.

    Immer mehr Gesetze in Letzter Zeit gehen einfach zu weit!

    Und sind dazu noch scheinheilig, da sie offensichtlich nicht zur
    bekämpfung des "eigentlichen" Problems ausgelegt sind.
  • CSchweinzer 27.06.2014 15:07
    Der öVfGH hatte dem EuGH Fragen aus Anlass bei ihm anhängiger Beschwerden vorgelegt, weil eine europarechtliche Grundlage für die österreichischen gesetzlichen Regeln bestand.
    Der EuGH hat diese europarechtlichen Grundlagen als gegen die Grundrechtscharta verstoßend angesehen, weil sie nicht differenziert genug waren.
    Der öVfGH hatte auf Basis dieser Rechtsansicht zu prüfen, ob die österreichischen gesetzlichen Regeln am gleichen Manko leiden, was er wenig überraschend nunmehr bejaht hat.
    Die Entscheidung des EuGH hatte nämlich keine unmittelbare Auswirkung auf bestehende Gesetze in Österreich. Der EuGH kann österreichische Gesetze nicht aufheben.