Vodafone gesteht Direktzugänge zur Überwachung ein

Ferdinand Thommes
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Wie der britische Guardian heute berichtet, hat der Telekommunikationskonzern Vodafone erklärt, staatlichen Stellen in einigen Ländern direkten Zugang zu den Metadaten seiner Kunden gewährt zu haben. Auch Gespräche sollen so mitgeschnitten worden sein. Dabei deutet Vodafone an, dies sei gängige Praxis.

Vodafone als einer der weltweit größten Mobilfunkanbieter gesteht damit ein, dass Direktschaltungen den Behörden in einigen der 29 Länder, in denen Vodafone tätig ist, Zugang zum gesamten Kundenetz des Unternehmens erlauben. Einzelheiten hat das Unternehmen in einem ersten, ausführlichen „Law Enforcement Disclosure Report“ veröffentlicht (PDF-Version).

In welchen Ländern solche direkten Zugänge geschaltet sind, behält Vodafone mit Rücksicht auf die Sicherheit der dortigen Mitarbeiter unter Verschluss. Deutschland gehöre jedoch nicht dazu, wie ein Firmensprecher gegenüber heise online verlauten ließ. In Albanien, Ägypten, Ungarn, Indien, Malta, Qatar, Rumänien Südafrika und der Türkei ist es zudem verboten, solche Informationen zu veröffentlichen. In sechs nicht näher bezeichneten Ländern, in denen Vodafone operiert, verpflichtet hingegen das Gesetz zu solchen Direktzugängen oder es erlaubt sie ausdrücklich.

Die Kabel, die den Geheimdiensten den Zugang zu den Kundengesprächen und teilweise sogar die jeweilige Standortbestimmung der Gesprächsteilnehmer ermöglichen, sind laut Vodafone im Rechenzentrum oder in Außenstellen des Unternehmens in verschlossenen Räumen untergebracht. Die Regierungsstellen in bestimmten Ländern sind dem Unternehmen dabei keinerlei Rechenschaft über den Umfang der Überwachungsmaßnahmen schuldig.

Vodafones Datenschutzbeauftragter Stephen Deadman lässt durchblicken, dass Vodafone nicht der einzige Anbieter ist, der diese direkten Zugänge gewährt oder in einigen Ländern gewähren muss. Der Konzern möchte mit der Offenlegung und dem ausführlichen Bericht eine Wende zurück zur Praxis erreichen, bei der Regierungsstellen mit einem gerichtlichen Beschluss Informationen zu bestimmten Kunden begründet anfordern müssen.

Wir rufen dazu auf, den direkten Zugang als Werkzeug von Regierungsagenturen für den Zugriff auf die Kommunikationsdaten der Menschen zu stoppen. Ohne Gerichtsbeschluss gibt es keinerlei Transparenz nach Außen. Erhalten wir dagegen einen solchen Beschluss, können wir uns dagegen wehren, wenn wir ihn für nicht rechtmäßig erachten. Gerichtsbeschlüsse sind eine wichtige Einschränkung der Machtausübung in diesem Bereich“, so Deadman. Vodafone fordert die Stilllegung der Direktzugänge und die Änderung der Gesetze, die sie vorschreiben oder erlauben. Die Regierungen sollten ihre Agenturen und Dienste dazu auffordern, von solchen Direktleitungen Abstand zu nehmen.

Abseits von Direktzugängen, die im Einzelfall keinen Vollstreckungsbeschluss bedürfen, listet der Bericht Zahlen zu Auskunftsersuchen nach Metadaten in Europa für die Länder Albanien, Belgien, die Tschechische Republik, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Malta, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Spanien, die Türkei und Großbritannien auf. Die Statistiken, die Vodafone veröffentlichen darf, registrieren Fallzahlen von zwei Vollstreckungsbeschlüssen in Belgien bis hin zu über 600.000 für Italien. Auf Malta deutet das Verhältnis von Anfragen zu Einwohnern mit 3.700 Anfragen bei 420.000 Einwohnern auf die höchste Abfragedichte hin. Zu Deutschland darf Vodafone keine Angaben machen und verweist auf Veröffentlichungen von Regierungsstellen.