Chaos Computer Club: Hacker wollen unverschlüsselte Kommunikation verbieten

Andreas Frischholz
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Chaos Computer Club: Hacker wollen unverschlüsselte Kommunikation verbieten
Bild: Sébastien Launay | CC BY 2.0

Backdoors in Verschlüsselungssoftware war zuletzt eine der Maßnahmen, die der britische Premier David Cameron, US-Präsident Barack Obama und zuletzt auch der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gefordert haben. Nun hält der Chaos Computer Club (CCC) dagegen und fordert ein Verbot unverschlüsselter Kommunikation.

Die Hacker kritisieren den Vorstoß von Sicherheitsbehörden als Aktionismus, der technisch nicht durchdacht sei. „Wenig überraschend gibt es kaum konkrete Aussagen, wie das Krypto-Verbot umgesetzt werden soll“, heißt es in der Mitteilung. Nach Ansicht des CCC steht vermutlich das Key-Escrow auf der politischen Agenda. Das bedeutet, dass Anbieter einen geheimen Schlüssel an zentraler Stelle hinterlegen müssen, damit etwa Sicherheitsbehörden bei Bedarf darauf zugreifen können.

Damit bezieht sich der CCC unter anderem auf das Positionspapier des europäischen Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove, das von der Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht wurde (PDF-Datei). De Kerchove fordert von der EU-Kommission ein Gesetz, das Internetdienste und Telekommunikationsanbieter verpflichtet, den Behörden auch die Krypto-Schlüssel zu übermitteln, wenn jene auf die Kommunikation der Nutzer zugreifen wollen. Denn das sei selbst bei einer „rechtmäßigen Überwachung“ mittlerweile „technisch schwierig oder sogar unmöglich“, da Anbieter infolge der Snowden-Enthüllungen zunehmend auf dezentrale Verschlüsselungsverfahren setzen.

Lukratives Angriffsziel für Geheimdienste und Cyber-Kriminelle

Angesichts einer solchen Lösung warnt der CCC allerdings vor dem Missbrauchspotential. Denn diese zentralen Stellen wären ein lukratives Angriffsziel für Geheimdienste und Cyber-Kriminelle. „Auch eine Forderung nach einer Verpflichtung der Anbieter, Hintertüren einzubauen, wäre so kurzsichtig wie kontraproduktiv“, so der CCC. Zumal eine der zentralen Erkenntnisse aus den NSA-Enthüllungen sei, dass Verschlüsselung das Mittel zur digitalen Selbstverteidigung ist. „Nach den öffentlich gewordenen Spionage-Programmen von Echelon bis zu den Snowden-Leaks, ist es offensichtlich, dass die Macht, Verschlüsselung zu brechen, für wirtschaftliche und militärische Interessen missbraucht wird“, sagte CCC-Sprecher Jan Girlich.

Daher fordert der CCC nun ein striktes Verbot von unverschlüsselter Kommunikation. Sowohl die Provider als auch Banken oder Finanzämter sollten verpflichtet werden, sämtliche Daten zu verschlüsseln – und ein Verstoß müsse mit „empfindlichen Strafen belegt werden“. So wollen die Hacker erreichen, dass effektive Kryptographie „zum obligatorischen Standard in der Kommunikation über das Internet“ wird.

Darüber hinaus wird ein Kurswechsel von der Regierung gefordert. Diese sollte „sämtliche Pläne zur Totalüberwachung des Internets über Bord werfen“. Die dafür veranschlagten Gelder sollten stattdessen in „den Bau offener, sicherer Systeme“ und eine bessere technische Ausbildung investiert werden.