Linux-Wissen: Überblick über moderne Desktop-Umgebungen

Ferdinand Thommes
254 Kommentare
Linux-Wissen: Überblick über moderne Desktop-Umgebungen
Bild: markus spiske | CC BY 2.0

Linux-Einsteiger kritisieren oft die Vielfalt der Distributionen und Desktop-Umgebungen, weil sie sich in dem Dschungel nicht zurecht finden. Dieser mehrteilige Workshop will etwas Licht ins Dunkel bringen. Welche Desktop-Umgebungen, im Weiteren kurz Desktops genannt, gibt es und welcher eignet sich für wen.

Ein Desktop stellt im Gegensatz zur Kommandozeile die grafische Benutzerschnittstelle moderner PCs dar. Unter Linux setzt sich eine Arbeitsumgebung aus dem Kernel, Kernel-nahen GNU-Werkzeugen, einem X-Server, wie dem von X.org oder demnächst Wayland, und dem darauf aufsetzenden Desktop zusammen. Letztere werden mit Toolkits erstellt. Davon gibt es verschiedene. Heutzutage dominieren mit GTK+ und Qt zwei große, die nicht nur eine jeweils andere Design-Philosophie vertreten, sondern bei den eingeschworenen Anwendern zur Lebenseinstellung werden.

Ein Toolkit ist eine Sammlung von Gestaltungselementen, die für das spezifische Aussehen und den Wiedererkennungswert eines Desktops verantwortlich zeichnet. Das Toolkit stellt Funktionen und Designelemente zu Aussehen und Funktion von Fenstertiteln, Bedienelementen von Fenstern, Menüdesign, Mauszeigern und weiteren Anwendungen zur Verfügung, die im Endeffekt für ein einheitliches Aussehen des Desktops sorgen. Die Toolkits bringen auch jeweils ihre eigenen Programmierumgebungen mit. Im Unterschied zu den grafischen Toolkits gibt es auch X1-Toolkits wie etwa Xt oder Tk.

Aufbau eines Linux-Systems
Aufbau eines Linux-Systems (Bild: ScotXW, CC BY-SA 3.0)

Die beiden beherrschenden Desktops sind derzeit das mit Qt realisierte KDE und GNOME 3, das auf GTK+ zurückgreift. Alteingesessen sind auch Xfce und LXDE. Seit einiger Zeit gesellen sich zwei GNOME-Ableger dazu. MATE versucht, die Anhänger des nicht mehr entwickelten GNOME 2 zu bedienen, während das von Linux Mint entwickelte Cinnamon die GNOME Shell nachbilden möchte. Enlightenment ist auch bereits seit 1998 am Markt und bringt sein eigenes Toolkit, die Enlightenment Foundation Libraries, mit.

Sind Toolkits, wie oben beschrieben, oft ein Stück weit fast ein Persönlichkeitsmerkmal, gibt es auch ein Zusammengehen verschiedener Toolkits. So entsteht derzeit aus LXDE und Razor-Qt das neue LXQt, das das Beste aus Qt und GTK+ vereinen will.

Bevor in den folgenden Ausgaben dieses Desktop-Workshops näher auf die einzelnen Umgebungen eingegangen wird, soll schon einmal kurz eine Abgrenzung stattfinden. Eine der Fragen, die viele Neueinsteiger bei Linux quält, ist: Nach welchen Kriterien soll ich einen Desktop aussuchen? Sinnvoll kann das nur zuerst nach den Hardwareanforderungen, dann erst nach Aussehen oder anderen Kriterien entschieden werden.

Wer moderne Hardware mit vier oder mehr Gigabyte Hauptspeicher sein Eigen nennt, hat die volle Auswahl. KDE, Gnome und Cinnamon sind am leistungshungrigsten und können mit besagten vier Gigabyte RAM die Desktops voll ausreizen und flüssig darstellen. Hinzu kommt bei diesen Dreien eine Unterstützung mit 3D, um alle Desktopeffekte darstellen zu können und einen einwandfreien Betrieb sicherzustellen. MATE dagegen, das auf das ältere GNOME 2 setzt, benötigt keinen 3D-Treiber, um seine Stärken auszuspielen. Zudem benötigt es insgesamt weniger Systemressourcen, wie auch LXDE oder LXQt, und in gewissem Maße auch Xfce. Diese geben sich mit einem Gigabyte RAM zufrieden, freuen sich aber über mehr.

Neben den Desktop-Umgebungen gibt es noch die darunter angesiedelte Gattung der Fenstermanager. Diese sind noch bescheidener in ihren Ansprüchen, bieten aber auch weniger. Für viele Anwender kann das jedoch genau das sein, was sie suchen. Fenstermanager gibt es zu Hunderten, sie sind lediglich für die Verwaltung der Fenster mit Titelleiste und den Rahmen sowie wie Funktionen wie Minimieren, Vergrößern und Schließen zuständig. Einige Mischformen bringen aber auch zum Beispiel ein eigenes Panel mit. Mit Fenstermanagern befasst sich der letzte Teil dieses Workshops.

25 Jahre ComputerBase! Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.