Linux: Kernel 4.2 mit neuem AMDGPU- und VirtIO-Grafiktreiber

Ferdinand Thommes
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Linux: Kernel 4.2 mit neuem AMDGPU- und VirtIO-Grafiktreiber

Linus Torvalds hat zehn Wochen nach Kernel 4.1 nun Version 4.2 offiziell freigegeben. Sie bringt neben zwei neuen Grafiktreibern auch Änderungen bei den Dateisystemen und bei UEFI mit. Kernel 4.2 liegt mit 13.555 Änderungen knapp hinter 3.15. Den Ausschlag gab hier der neue AMDGPU-Treiber.

Er stellt auch die herausragende Neuerung dieser Kernel-Version dar. Im April von AMD veröffentlicht, zieht die Unterstützung nun in den Kernel ein. Damit werden nicht nur einige neuere Grafikchips unterstützt, sondern der neue Treiber stellt künftig auch die Basis für den proprietären Catalyst-Treiber von AMD dar, sodass dieser auf ein eigenes Kernel-Modul verzichten kann. Somit können künftig Distributionen mit sehr aktuellen Kernel-Versionen früher auf einen funktionierenden Catalyst-Treiber hoffen.

AMDGPU unterstützt die GPUs der Volcanic-Islands-Baureihe. Dazu zählen neben den Chips auf der Radeon R9 285 auch die Kerne der Notebook-APU Carrizo. Erst mit Kernel 4.3 wird die Grafikkartenserie Radeon R9 Fury vom neuen Treiber unterstützt. Bis dorthin soll auch bei allen Volcanic-Islands-GPUs die volle Taktzahl erreicht werden.

Der zweite neue Grafiktreiber ist für die Virtualisierung von Bedeutung. Der bei Red Hat entwickelte VirtIO-GPU-Treiber erhält einen KMS-Treiber und soll die Grafik-Leistung von virtuellen Maschinen wie KVM, Qemu oder Xen verbessern. VirtIO GPU beherrscht derzeit nur 2D, die Unterstützung für 3D soll unter dem Stichwort Virgil 3D bald nachgereicht werden und einem 3D-Treiber im Gastsystem erlauben, über VirtIO-GPU auf 3D-Treiber des Hosts zuzugreifen. Entwickler David Arlie muss dafür auf eine neue Version von Mesa 11 warten, die noch in diesem Jahr erscheinen soll.

Eine wesentliche Verbesserung ist auch für den BIOS-Ersatz UEFI in den Kernel 4.2 eingeflossen. Damit ist es künftig möglich, neue UEFI-Versionen per Mausklick während der Aktualisierung der Distribution einzuspielen. Besonders unter Linux war die Aktualisierung von BIOS/UEFI bisher meist ein aufwendiges Unterfangen, das Windows oder DOS voraussetzte. Mit der im April standardisierten UEFI-Version 2.5 und den jetzt in den Kernel eingeflossenen Patches wird die ebenfalls von Red Hat entwickelte Lösung UEFI Capsules, die die EFI System Resource Table (ESRT) entsprechend anpasst, bei Fedora 23 zum Test bereitstehen. Das setzt aber Mainboards voraus, die UEFI 2.5 bereits unterstützen. Ob sich ältere Mainboards mit Version 2.5 nachrüsten lassen, wie im Februar in Aussicht gestellt, ist derzeit unklar.

Auch bei den Dateisystemen gab es Verbesserungen. Nachdem mit Kernel 4.1 EXT4 eine native Option zur Verschlüsselung erhielt, folgt nun das Dateisystem F2FS. Das hauptsächlich für Flash-Datenträger konzipierte Dateisystem kann nun einzelne Verzeichnisse verschlüsseln.

Nach der Veröffentlichung von Kernel 4.2 ist nun das normalerweise zweiwöchige Zeitfenster zur Einreichung von Patches für Kernel 4.3 geöffnet. Hier soll die Unterstützung für das EXT3-Dateisystem entfernt werden. EXT3 soll künftig über den EXT4-Code angesprochen werden, was zu einer Vereinfachung der Pflege der EXT-Dateisysteme im Kernel führt.

Wie immer wird die Webseite Kernelnewbies im Laufe des Tages die gesamten Änderungen von Kernel 4.2 verständlich aufbereiten. Der Quellcode für Kernel 4.2 kann von Kernel.org heruntergeladen werden.