ATi Radeon HD 2900 XT im Test: Platzhirsch oder kleiner Bruder der GeForce 8800?

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Wolfgang Andermahr
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AF kontrolliert

Die Begeisterung war groß, als der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass nVidias G80-GPU eine beinahe vollständige winkelunabhängige anisotrope Filterung beinhaltet, die darüber hinaus noch sehr präzise arbeitet und nur in wenigen Fällen ein unangenehmes Flimmern erzeugt. Quasi ein kleiner Quantensprung, wenn man die Texturfilterung vom Vorgänger G7x betrachtet. Auch gegen ATis R5x0 war man bestens gerüstet und konnte dessen Qualität übertrumpfen. Doch reicht es, um den R600 zu schlagen? Soviel schon mal vorweg: Eine winkelabhängige Texturfilterung, wie der R5x0 noch anbietet, gibt es auf dem R600 glücklicherweise nicht mehr. Hier hat nVidia mit dem G80 wohl genug Druck machen können, um diese Unart dem Konkurrenten austreiben zu können.

R580
R600
G80

Fangen wir mit dem AF-Tester an – hier wollen wir gleich zu Beginn anmerken, dass der ATi-Treiber den AF-Tester, beziehungsweise eingefärbte MipMaps, erkennt und automatisch auf eine voll trilineare Filterung schaltet. In anderen 3D-Anwendungen kommt dagegen ein qualitativ minimal schlechterer bilinearer Filter zum Einsatz. Bei der herkömmlichen trilinearen Filterung fällt sofort ein leicht anderes Ergebnis als beim R5x0 ins Auge. Ein Gespräch mit Raja Koduri, dem Senior Architekten von ATi, gibt dabei Aufklärung: ATi hat beim R600 die Präzision des anisotropen Filters überarbeitet und ebenso wohl das LOD-System. Somit möchte man dem Flimmern etwas Einhalt gebieten und zudem hat man einen Bug entfernt, der in einigen Spielen die Texturen mehr flimmern ließ als vorgesehen. Beim Vergleich mit nVidias G80-Chip wird direkt deutlich, dass es schwer für den R600 werden wird mit der GeForce-8000-Serie mitzuhalten. Was die Winkelunabhängigkeit betrifft, ist nVidia den Kanadiern weiterhin überlegen.

Interessanter ist ein Blick auf den vier-fachen anisotropen Filter. Man erkennt erneut die bessere Genauigkeit und das veränderte LOD-System auf dem R600 gegenüber dem R5x0. Die „AF-Blume“ vom R600 wirkt zum Beispiel weniger ausgefranst als die des Vorgängers. Gegen nVidias Implementierung des vier-fachen AF hat aber der R600 keine Chance – zumindest was die Präzision und die Winkelunabhängigkeit betrifft. Dies ändert sich auch bei dem maximalen AF-Grad nicht, wobei die Differenzen dort noch deutlicher ausfallen. Ob nVidia dadurch einen Vorteil in Spielen schlagen kann, werden wir nachher untersuchen. Besser erkennen kann man nun die verbesserte Präzision des R600. Die LOD-Blume sieht nun einheitlicher aus. Die Screenshots von dem R600 wurden allesamt mit der Optimierungsstufe A.I. Standard geschossen. Die A.I.-Einstellung ändert nichts an der AF-Blume.

Im Filtertester vom 3DMark fällt bei vier-fachem Anti-Aliasing die bessere Präzision des Texturfilters vom R600 auf. Einige Abschnitte werden besser gefiltert, die beim R5x0 nur halbherzig bearbeitet worden sind. Im Vergleich G80 gegen R600 erkennt man bei der ATi-Grafikkarte, dass die Texturen, trotz desselben AF-Grades, nach hinten hin mehr gefiltert werden als auf der GeForce 8800. Dies kann man mit dem etwas anderen LOD-System begründen. Dabei wollen wir aber Vorsicht walten lassen, bei der Aussage, was das bessere Ergebnis ist. Bekannterweise neigen Grafikkarten bei einem negativeren LOD eher zum Flimmern. Dies sieht auf Standbildern besser aus, in Bewegung ist aber das Gegenteil der Fall.

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Bei der höchsten AF-Stufe ist das Bild auf einem R600 wieder minimal besser als auf dem R5x0, gerade groß fällt die Differenz aber nicht aus, wobei wir hier in Spielen ein etwas besseres Ergebnis erwarten. Eine sichtbare Differenz gibt es beim Vergleich gegen den G80. Während die Glättung in den letzten Texture Stages diesmal ziemlich gleichwertig ist, erkennt man beim G80 sofort die bessere Winkelunabhängigkeit. Da der erzeugte Tunnel im 3DMark ein Worst-Case-Szenario bezüglich der Winkelunabhängigkeit ist, deckt der nVidia G80 gnadenlos die Schwächen von ATis R600-GPU in dieser Disziplin auf. Schaltet man den G80 auf „High Quality“, sprich man deaktiviert alle „Optimierungen“ des anisotropen Filters und tut dies ebenfalls bei ATis R600, so erkennt man sofort, dass bei der nVidia-Karte nun kein bilinearer, sondern ein trilinearer Filter genutzt wird. Man kann die Abstufungen der Texture Stages nun nicht mehr erkennen. Geringer fällt der Unterschied auf dem R600 bei A.I. Disabled auf, da der bilineare Filter traditionell auf einer ATi-GPU etwas besser zu funktionieren scheint; zumindest ist die Bugwelle weniger gut sichtbar.

Die Theorie ist ja schön und gut, doch was hilft das einem, wenn in der Praxis etwas anderes herumkommt? Viele mögen nun sagen, dass dann die Theorie falsch ist, doch warten wir einfach mal ab, wie es im Duell ATi R600 gegen nVidia G80 in Half-Life 2 aussieht. Eins verraten wir jetzt schon: Die von uns aufgestellten Thesen sind richtig. Bei einfachem anisotropen Filter kann man, was die Texturfilterung betrifft, keinen wirklichen Unterschied bei der Begutachtung von R5x0 und R600 ausmachen. Auch beim direkten Vergleich mit dem G80 fällt es schwer, einen Sieger zu küren. Schauen wir uns deswegen den vier-fachen anisotropen Filter an.

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G80

Die Differenzen sind gering, aber sie sind da. Das Bild vom R600 wirkt in wenigen Teilen unschärfer, weswegen wir schlussfolgern, dass das störende Texturflimmern etwas gemindert worden ist. Spätere Videovergleiche bestätigen dies. Wieder eine gute Figur hinterlässt der G80 von nVidia. Das Bild sieht ruhiger aus, jedoch erkennt man den bilinearen Filter in der Standardeinstellung des Treibers. Um dies zu verhindern, deaktiviert man die „trilineare Optimierung“ des Treibers. Wie schon im 3DMark, so auch in Half-Life 2: Je mehr die Texturfilterung gefordert wird, umso eher werden die Veränderungen erkenntlich.

Bei dem 16-fachen anisotropen Filter sieht das Bild des R600 in weiten Teilen ruhiger als das Ergebnis vom R5x0 aus. Ansonsten sind allerdings keine Differenzen zu erkennen. Beinahe ohne Fehl und Tadel arbeitet die Texturfilterung der nVidia-GPU bei der Standardeinstellung im Treiber. Zwar fällt erneut der bilineare Filter unangenehm auf, dafür wirkt das restliche Bild wie aus einem Guss. Deaktiviert man nun die Optimierungen, so gibt es kein Halten für den G80 mehr. Kein Flimmern ist erkennbar und die trilineare Filterung arbeitet einwandfrei. Dagegen kommt auch das ATi-Ergebnis auf dem R600 mit deaktiviertem A.I. nicht an. Die trilineare Filterung bereitet keine Probleme, das Bild sieht aber weiterhin unruhiger aus.

Man kann das Texturflimmern auf Bildern erahnen, wirklich sehen tut man diesen Effekt aber nur in Bewegung. Deswegen haben wir mehrere Videos von Half-Life 2 und einem „Moiré-Tester“, der ein regelrechter Härtefall ist, angefertigt. Anbieten können wir die Videos aufgrund der Größe leider nicht. In Bewegung erkennt man die Verbesserungen bezüglich des Texturflimmerns auf dem R600 im Vergleich zum Vorgänger. Das gesamte Bild wirkt etwas ruhiger, wobei die Unterschiede nicht allzu groß ausfallen. Bei A.I. Off fallen die Bugwellen bei den Übergängen der MipMaps weg, der Flimmeranteil bleibt aber immer noch bestehen. Gefallen hat uns der bilineare Filter, der nur selten negativ auffällt. Um gegen den hervorragenden anisotropen Filter der nVidia G80-GPU bestehen zu können, reichen die Verbesserungen in der R600-GPU aber nicht aus.

In der Standardeinstellung des Treibers haben beide GPUs sowohl ihre Vor- als auch Nachteile. Während der R600 eine sehr gute bilineare Filterung hat, die nicht viel schlechter als der trilineare Filter arbeitet, hat der Texturfilter immer noch mit flimmernden Texturen zu kämpfen. Dies wurde zwar gegenüber dem R5x0 verbessert, an die superbe Qualität des nVidia G80 kommt man so aber nicht heran. In den beiden Einstellungen sehen wir den Texturfilter der beiden Grafikkarten als gleichwertig an. Natürlich, die eine Person findet eher das Flimmern schlimmer, während die andere die Bugwellen für das größte Problem erachtet. Allen recht machen kann man es nicht, weil die Texturfilter der beiden Konkurrenten dafür zu verschieden arbeiten. Dennoch denken wir, dass wir mit der Default-Einstellung bei einem G8x und Catalyst A.I. Standard bei dem R600 einen fairen Kompromiss gefunden haben, der keinen Hersteller benachteiligt.

Deaktiviert man nun auf beiden Grafikkarten sämtliche Optimierungen des anisotropen Filters, dreht der G8x regelrechte Kreise um die Konkurrenz. Während die Texturen auf dem G8x nur selten flimmern, keine Bugwellen mehr sichtbar sind und gleichzeitig bis in den letzten Winkel mit allen eingestellten Samples gefiltert werden, bekommt man von ATis R600 bei A.I. Off nicht eine so gute Qualität geboten. Die etwas schlechtere Winkelunabhängigkeit fällt prinzipiell kaum auf, der trilineare Filter ist ebenfalls sehr gut, die Texturen sind aber weiterhin unruhig. Während nVidia dieses Problem mit dem G8x beinahe ausgelöscht hat, hat ATi das Flimmern zwar angepackt, aber ist schlussendlich nicht weit genug gegangen. Bei der anisotropen Filterung hat der nVidia G80 die Nase also vorn.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.