FIFA 10 (PC) im Test: Ein rotwürdiges Foul am Spieler

Sasan Abdi
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FIFA 10 (PC) im Test: Ein rotwürdiges Foul am Spieler

FIFA 10 auf einen Blick

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Electronic Arts bei der Konzeption von Sportspielen eine zweigleisige Strategie fährt: Während sich Konsolen-Besitzer über ständig verbesserte FIFA- und NHL-Jahresneuauflagen freuen dürfen und selbst das in Europa eher randständige Football-Spektakel Madden NFL den Weg auf die Wii findet, blicken PC-Spieler spätestens seit zwei Jahren ständig in die Röhre. Denn statt überarbeiteter Titel schrumpfte die Auswahl an derlei Spielen zuletzt immer weiter zusammen und auch der verbliebene Computer-Dribbler wird immer wieder mit billigen Neuaufgüssen beleidigt, die in ihrer Ausgestaltung fast schon an die Zeit um die Jahrtausendwende erinnern.

Traurigerweise kann man davon ausgehen, dass hinter dieser Strategie des beständigen „Absterben lassen“ des PC-Segments von EA Sports eine betriebswirtschaftliche Logik steckt, die nicht ohne weiteres weggewischt werden kann. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen Sportspiele nebenbei am heimischen Fernseher spielen wollen und in denen die Entwicklung von Videospielen teure Ressourcen verschlingt, muss sich ein Publisher durchaus zweimal überlegen, wie viel in welches Produkt investiert werden soll. Dass diese Überlegungen im Ergebnis ein PC-Spiel wie FIFA 10 bedingen, gehört dabei zu den traurigeren Dingen in der großen weiten Videospiele-Welt.

Doch auf welcher Basis gelangt man zu der Einsicht, dass EA dem PC-Spieler mit FIFA 10 mal wieder einen eben solchen Titel vor die Füße haut? Bereits das erste Spiel im neuen FIFA hält den größten Schock für die Freizeit-Stürmer bereit: Der im Vorgänger vergleichsweise ansehnliche Rasen ist einer hellgrünen Fläche gewichen, die insbesondere bei Spielen am Tag stark an einen überblendeten, strukturlosen Kunstrasen aus der Halle erinnert – da hilft auch die Einstellung von „3D-Rasen“ nichts. Und überhaupt macht die gesamte visuelle Aufbereitung von FIFA 10 – abgesehen von den gut animierten Spielergesichtern in den Cutscenes und den leicht überarbeiteten Menüs – den Eindruck, als würde der Käufer des Spiels noch über eine Voodoo-Karte und einen Pentium II Prozessor verfügen. Die in diesem Test gezeigten Screenshots, die auf maximalen Einstellungen aufgenommen wurden, belegen dies eindrücklich.

Zu den wenigen Stärken von FIFA 10 gehört der leicht überarbeitete Manager-Modus

Gleiches gilt im Übrigen für die Bewegungsabläufe: Diese sahen bei FIFA 09 deutlich realistischer aus. Gerade beim Sprinten fällt auf, wie einförmig, fast roboterhaft die Stars über den heiligen Kunstrasen stürmen; zu Zeiten der Voodoo war Motion Capturing wohl noch nicht so verbreitet. Abgesehen von wenigen Ausnahmen darf man in FIFA 10 auch keine neuen Zwischen-Animationen erwarten, denn hier findet man überwiegend die Kost aus dem Vorgänger. Gleiches gilt im übrigen für die Soundkulisse – Kommentar inklusive. Dementsprechend muss man sich auch nicht wundern, dass es sich bei dem Publikum weiterhin um 2D-Aufsteller in der Qualität von animierten GIF-Objekten handelt. Garniert wird das Ganze mit diversen Grafikfehlern wie durchgängig weißen Werbebanden.

2D-Publikum in GIF-Manier
2D-Publikum in GIF-Manier

Vor diesem Hintergrund entpuppen sich die positiven Aspekte, die FIFA 10 mit sich bringt, insgesamt gering. Natürlich gehören hierzu die aktualisierte Mannschaftskader – in dieser Hinsicht verfügt EA nach wie vor über einen starken Trumpf. Und auch der leicht überarbeitete Manager-Modus kann Neueinsteigern einige heitere Momente bescheren. Im Spiel selber gibt es eigentlich nur einen Punkt, der gelobt werden kann: Zwar geht sich FIFA 10 insgesamt gefühlt etwas behäbiger an als der Vorgänger (es empfiehlt sich, das Spieltempo in den Optionen von vornherein zu erhöhen); dafür hat sich einiges an der Ballphysik geändert, sodass das präzise Schlagen von Flanken sowie der finale Schuss aufs Tor nicht mehr ganz so kinderleicht von der Hand gehen wie noch im Vorgänger. Hier gewinnt FIFA 10 an Authentizität, was dem Spielspaß zuträglich ist.

Fazit

Eigentlich sollte man mit Superlativen sparsam umgehen. Doch nach gut vier Tagen mit FIFA 10 soll an dieser Stelle abschließend die Behauptung gewagt werden, dass die Serie für den PC nunmehr den bisherigen Tiefpunkt erreicht hat. Sieht man von einigen wenigen Verbesserungen ab, so kann man ohne weiteres zu dem Schluss gelangen, dass FIFA 09 gerade visuell einige Sachen besser macht als sein Nachfolger. Insofern spricht bei einem vollen Preis eigentlich nicht viel dafür, zur neuen Variante zu greifen. Hier findet sich als einziges wirkliches Argument die weiterhin starke Komplett-Lizenz, die alle Original-Ligen, -Mannschaften und –Spielernamen enthält. Wer die Möglichkeit hat, sollte aber unbedingt zur Konsolen-Variante greifen, die wieder einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht hat.

Immerhin: Die Gesichtsdetails in FIFA 10 gehen in Ordnung
Immerhin: Die Gesichtsdetails in FIFA 10 gehen in Ordnung

Mit Blick auf die Problematik der Sportspielreihen von EA für den PC bleibt abschließend nur noch ein Appell an die Verantwortlichen: Beendet das Siechtum! Nachdem von Basketball bis Football alle Titel für den PC verschwunden sind, fristet nur noch FIFA ein trauriges Dasein auf der verschmähten Plattform. Anstatt die Kundschaft alljährlich mit stetig schwächer werdenden Neuauflagen zu frustrieren, wäre eine Konzentration auf Xbox 360 und PlayStation 3 nur konsequent.

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