Dragon Age 2 im Test: Tausche mehr Action gegen weniger Rolle

 5/5
Sasan Abdi
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Fazit

Die Kernfrage dieses Tests lautete, ob „Dragon Age 2“ die riesigen Fußstapfen des Vorgängers gebührend zu füllen vermag. Die Antwortet lautet am Ende der Betrachtung leider: „Nein“.

Hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine kontroverse Feststellung, die vielerorts für Skepsis oder gar Verstörung sorgen dürfte und deswegen einer Erklärung bedarf.

Diese hat ihren Ursprung zunächst bei der Qualität von „Dragon Age Origins“. Wie im Vorwort bereits angedeutet, handelt es sich hierbei nach unserer Ansicht um einen der besten Titel der vergangenen Jahre. Die Messlatte, die zur Bewertung des Nachfolgers angelegt wurde, war dementsprechend groß – keine gute Ausgangsbedingung, wenn man bedenkt, dass BioWare DA 2 mit der heißen Nadel strickte und dem Titel nach nur einem Jahr Entwicklungszeit den Goldstatus verlieh.

Eben dies merkt man dem neuen „Dragon Age“ dann aber auch an. Die Vielfalt bei den Schauplätzen hält sich genauso in Grenzen wie die ziemlich minimalistische visuelle Überarbeitung.

Dragon Age 2 im Test

All das wäre aber locker zu verkraften, wenn nicht ein konzeptionell fragwürdiger Paradigmenwechsel zu beklagen wäre. Im Prinzip ist „Dragon Age“ mit dem zweiten Teil genau das passiert, was sich schon im Verhältnis von „Mass Effect“ zu „Mass Effect 2“ und damit bei BioWares Weltraum-Epos beobachten ließ: Eine Verschiebung des Schwerpunktes, weg von Rollenspiel- hin zu Action-Anteilen.

Dies ist insofern tragisch, als dass das gesamte Spielerlebnis in Mitleidenschaft gezogen wird: Ein Spiel wie „Dragon Age“ stammt nun einmal maßgeblich aus der Rollenspiel-Ecke, sodass eine derart umfassende Beschneidung von dahingehenden Kernelementen – Stichworte: Talent- und Kampfsystem – nicht ohne Folgen für die Spielmechanik und damit für das Spielerlebnis bleiben kann. Aus diesem Grund stellt sich noch stärker als beim ohnehin eher actionlastigen „Mass Effect 2“ die essentielle Frage, aus welchem Grund dieses „Mehr an Action“ sein muss.

Trotz dieser fundamentalen Kritik kommt man allerdings abschließend insbesondere aufgrund der gelungenen Story-Fortsetzung und den vielen aus dem ersten Teil übernommenen und ausgebauten positiven Aspekte aber nicht umhin, „Dragon Age 2“ eine Empfehlung auszusprechen. Denn auch wenn es sich hierbei beim Vergleich mit dem Vorgänger keinesfalls um ein gleichermaßen fantastisches Epos handelt, wird man dennoch mit einem Spiel bedient, das zur Speerspitze des derzeitigen Angebots zu zählen ist. Dies gilt umso mehr für all jene, die auf mehr Action und „Einfachheit“ Wert legen. Für traditionellere Rollenspieler heißt es derweil: Zähneknirschen und für den dritten Teil auf eine Rolle rückwärts hoffen!

Persönliches Fazit von Volker Rißka

Wieso!? Warum hat sich BioWare zu diesem Schritt entschlossen, ein Rollenspiel auf den Markt zu bringen, das diesen Namen kaum mehr verdient? Ich weiß es nicht. Wie heißt es doch manchmal: Es wird etwas zu Tode optimiert. Genau das liegt aus meiner Sicht bei Dragon Age 2 vor. BioWare hat eines der besten Rollenspiele in der jüngeren Geschichte genommen und zu einem 0815-Mainstream-Produkt gemacht. Im Vergleich zum Vorgänger wird es weg vom Rollenspiel hin zu einem stupiden Action-Spiel „weiterentwickelt“, dem der Tiefgang völlig abhanden kommt. Die letztlich nur noch aufgesetzten Rollenspielelemente sind eine Farce.

Einer der Boss-Gegner der „Tiefen Wege“
Einer der Boss-Gegner der „Tiefen Wege“

Doch dies ist nicht alles. Das Missionsdesign lässt jede Liebe zum (Rollen)Spiel vermissen. Während man sich anfangs in der einen großen Stadt wohlfühlt und hofft, nachdem man die „Tiefen Wege“ mit einigen härteren Gegnern gemeistert hat, geht es richtig los, wird bitter enttäuscht. Man bleibt in der gleichen Stadt, die man schon in- und auswendig kennt, bekommt 20 neue Quests spendiert und läuft sich weiter dort die Hacken wund. Einfallsloser geht es eigentlich kaum noch, was vor allem auch durch die Gebiete, die man besucht, untermauert wird. Da läuft man auch noch zum fünften, sechsten und siebenten Mal außerhalb der Stadt über einen kleinen Gebirgspass am Strand und trifft dort wieder ein Dutzend Gegner, die man beseitigen muss – nach dem achten Mal kann man den Monitor direkt ausschalten, da man den Weg blind findet. Oder es geht mal wieder in eine Höhle. Dort haben sich die Programmierer ganze zwei unterschiedliche Designs einfallen lassen; letztlich läuft man irgendwie also immer durch die gleiche Höhle, egal ob Quest 1, 2 oder 12. Das ist nicht nur langweilig, das lädt direkt zum Spiel Verlassen ein.

Was bleibt am Ende? Leider nur noch Durchschnittskost, die vom Ruf des ersten Teils lebt. Man erreicht nicht in einem Bereich auch nur annähernd das – zugegebenermaßen – sehr hohe Niveau des Vorgängers. Man erwartet ja nicht direkt epische Geschichten wie aus „KotOR“-Zeiten (das auch von BioWare stammt), aber ein wenig mehr Gehalt sollte doch vorhanden sein. Dann macht das „gehe den 100 Meter langen Weg von a nach b“ und „zerlege alle 25 Meter zehn Gegner“ auch zum hundertsten Mal wenigstens noch ein wenig Spaß. Schade. Das war nichts.

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