Das Demografie-Problem in Deutschland

keshkau

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In diesem Thread möchte ich über Auswirkungen der demografischen Entwicklung in Deutschland diskutieren. Auf welche sozialen, politischen, gesellschaftllichen und wirtschaftlichen Konsequenzen müssen wir uns einstellen? Wie können negative Trends abgeschwächt oder sogar umgedreht werden?

Es scheint mir so, als ob einige hier im Forum die Demografie-Problematik überhaupt noch nicht verstanden haben. Es geht keineswegs darum, dass die Deutschen bzw. die in Deutschland lebenden Menschen mit der Zeit weniger werden, weil die Geburtenraten in den letzten 40 Jahren gesunken sind. Es geht vor allem um die damit zusammenhängende Überalterung der Gesellschaft. Denn die hat ganz gravierende Folgen:

Ich will das zu diskutierende Problem in Kürze darstellen. Um die Bevölkerungszahl konstant zu halten, benötigt man eine Geburtenrate von 2,1. Das bedeutet, dass 10.000 Frauen insgesamt 21.000 Kinder zur Welt bringen müssen (10.500 Mädchen und Jungen). Aus dem Pool der 10.500 Mädchen rekrutieren sich wiederum 10.000 Frauen, die ihrerseits 21.000 bekommen. Die Bevölkerungszahl bleibt gleich hoch, solange sich die Lebenserwartung nicht verändert.

Die Frauen in Deutschland bekommen im Schnitt aber nur ca. 1,3 Kinder. Dieser Trend existiert schon viele Jahre. Man nehme als Rechenbeispiel wieder 10.000 Frauen (bzw. 10.000 Paare). Diese bringen 13.000 Kinder zur Welt, jeweils 6.500 Mädchen und 6.500 Jungen. Da nicht alle Mädchen Kinder haben werden, reduziert sich die Anzahl der Mütter in der 2. Generation z. B. auf 6.200 Frauen. Diese 6.200 haben im Schnitt wieder 1,3 Kinder und bringen 8.060 Kinder zur Welt, jeweils 4.20 Mädchen und Jungen.

Das ist die Situation, in der sich Deutschland heute befindet. Die zweite Kindergeneration nach den geburtenstarken Jahrgängen ist erheblich geschrumpft (vgl. den ersten Link im Anhang). Statt über eine Million Kinder zu Anfang der 60er-Jahre werden heute nur noch gut 600.000 Kinder geboren.

Uns fehlen heute also die Eltern, um noch genügend Kinder in die Welt zu setzen. Dieses Problem, wenn man es denn als eines betrachtet, benötigt mindestens drei Generationen, um behoben zu werden. Dafür müsste die Geburtenrate aber deutlich über 2,1 gesteigert werden, was illusorisch klingen mag.

Das eigentliche Demografie-Problem ist aber nicht die Schrumpfung der Bevölkerungszahl, sondern die gleichzeitige Vergreisung. In dem Thread über „Die Linke im Landtag Bremen…“ habe ich im Beitrag Nr. 72 bereits darauf hingewiesen: http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2006/p4640022.htm

Und jetzt kann man sich ausmalen, was passiert, wenn z. B. die Jahrgänge 1961-1964 mit 67 Jahren in Rente gehen. Dann hat die Rentenversicherung pro Jahr jeweils einen Abgang von mehreren Hunderttausend Menschen bei den Beitragszahlern und gleichzeitig eine Neubelastung von bis zu einer Million Menschen im Jahr, die von nun an Rente beziehen möchten. Und diese Renten sollen von einer geschrumpften Erwerbsbevölkerung bezahlt werden. Aber die werden sich bedanken. Denn später kommen noch die Pflegekosten für die Eltern auf sie zu, die Abzahlung der Staatsschulden und die eigene Altersvorsorge. Das kann man selbst mit allen Unternehmensgewinnen nicht ausgleichen, auch wenn die Linkspartei davon träumen mag.

Deshalb haben wir in Deutschland - meiner Meinung nach - ein ganz gravierendes Demografie-Problem, das durch die steigende Lebenserwartung noch verschärft wird.


Anhang und Quellen:

http://www.single-generation.de/wissenschaft/geburten.htm

http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSF...en-internationaler-vergleich,property=pdf.pdf

http://www.berlin-institut.org/index1.html

Inwiefern Zuwanderung zur Lösung beitragen könnte, wird im nächsten Link hinterfragt. Aber das soll nicht das Thema sein, weil es ohnehin nur kosmetische Wirkungen hätte.

http://www.dbresearch.com/servlet/reweb2.ReWEB?rwkey=u21805168
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie ich in meinem (gesperrten) Beitrag schon ausgeführt hatte ist die Anzahl der Menschen weis Gott nicht das Problem. Migranten z.B. haben eine überdurchschnittliche Geburtenrate. Wenn man es aber durch unser Schulsystem weiter zulässt das diese nicht richtig gefördert werden und in der Bildung weiterhin benachteidigt sind braucht man sich über das immer größer werdene Heer von Empfängern von Sozialleistungen in diesen Kreisen nicht wundern.

Unser Schulsystem bedingt das in erster linie Bildungsnahe Kinder eine Chance auf eine gute Bildung haben. Migranten werden jedoch auf diese unsäglichen Hauptschulen abgeschoben. Das Deutsche Schulsystem ist nachweislich mit einer der Schlechtesten in den westlichen Industrienationen. Anstatt aber die Dreigliedrigkeit abzuschaffen und ein Gesamzschulsystem (was auch immer mehr nachgefragt wird) einzuführen, verschärfen konservative die Kluft zwischen den Bevölkerungsschichten noch.

Außerdem hat mir noch keiner erklährt warum eine abnehmende Bevölkerungszahl und damit potenziell weniger Arbeitnehmer angesichts des Mangels an Arbeit ein Nachteil sein muss. Interessant ist hierbei übrigens das gerade konservative und neoliberale die ja immer so über die Sachzwänge der Globalisierung schwadronieren gerade hier recht Nationalistisch argumentieren. Auch das Argument das in Zukunft Fachkräfte rar werden zieht nicht. Der Staat und die Wirtschaft hat es doch in der Hand hier Fachkräfte auszubilden, im Übrigen siehe oben.

Kann es eher sein das die Neoliberalen Angst haben dass das Herr an billigen Arbeitskräften worauf man nach belieben zurückgreifen kann kleiner wird ? Denn eines ist doch klar, sollten tatsächlich einmal die Arbeitskräfte knapp werden, so währe es sicherlich aus mit der derzeitigen Ausbeutung.
 
Hi,

da ich mich vor meinem Studium mit dem Thema Demographie-Wandel ausführlich im Soziologie-Unterricht über 2 Semester hinweg beschäftigt habe,
möchte ich hier meine Sicht der Dinge darstellen. Möglichst kurz umrissen.

A)
Das ist die offizielle Sicht, die einem recht einleuchtend erscheint:

Im Kern geht es beim Thema Demographie-Wandel um die verschobene Alterstrukturpyramide, die früher eben wie eine Pyramide aussah, wobei
die breite Bodengruppe die jungen Menschen einer Gesellschaft und
die schmale Spitze eben die ältere Bevölkerung darstellt. In den letzten Jahrzehnten
verjüngt sich eben die Bodengruppe und der Mittelteil, während die Spitze sich verbreitert.

Die daraus entstehenden Probleme:

1.
Die große Anzahl der älteren Menschen, die das Sozialsystem in Anspruch nehmen
steht einer immer kleineren Anzahl an jungen Menschen, die ins Sozialsystem einzahlen.

2.
Das Pflegesystem wird übefordert: Nicht genug Pflegepersonal, hohe Ausgaben bei den Krankenkassen usw.


B)
Hier die kritische Sicht auf die Dinge:

1. Die Überalterung der Gesellschaft wird zum Problem erklärt, dabei ist eine Gesellschaft
mit einem hohen Altenanteil ein Errungenschaft des sozialen und medizinischen Fortschritts
und somit als positiv anzusehen. Als Beispiel hierfür: Japan als Gesellschaft mit dem höchsten Anteil
an alten Menschen aller Nationen sieht den (dort noch stärkeren) demographischen Wandel nicht als Problem,
sondern eben als Errungenschaft, auf die man stolz sein kann. Die verschobene Alterspyramide ist kein Problem,
sondern eine Art "Evolutionsstufe" einer Gesellschaft.

2. Ebenso wie die Arbeitslosen werden ältere Menschen hier als Feindbild herangezogen,
um die Solidarität der Bevölkerung zu stören und die Gesellschaft zu spalten
mit dem Ziel: Punkt 3

3. Systematisches Zerstören des Vertrauens der Bevölkerung in das soziale System und
Forcierung von Reformen zu Ungunsten der Bevölkerung. Durch Spaltung der Gesellschaft
in Punkt 2 erwirkt man einen Anteil der Bevölkerung als Wählergruppe zur Unterstützung dieser Reformen.
Junge werden gegen Alte aufgehetzt, damit die Jungen die Alten in Reformen überstimmen.
Folge: Siehe Gesundheitsreform:
Bürger: Höhere Kosten, höhere Beiträge zur Krankenkasse, weniger kostenlose Rezepte
Krankenkassen: Beitragserhöhung, Profiteur
Pharma-Industrie: Profiteur und Gewinner

4.Systematisches Zerstören des Vertrauens der Bevölkerung in das soziale System mit dem Ziel
Leistungen des Sozialsystems in wirtschaftliche Dienstleistungen umzuwandeln zu Lasten des Bürgers.

Beispiel: Rente als Teil des sozialen Systems wird zur Privatvorsorge-Leistung
erklärt, um z.B. die Riesterrente zu promoten. Allianzgruppe als Lobby war an der
Ausarbeitung der Pläne zur privaten Altervorsorge wie eben Riesterrente beteiligt.

Ziel: Auch wenn nur 10% der ehemals staatlichen Leistungen zu Versicherungsverträgen
der privaten Altervorsorge umgemünzt werden können, winken den Versicherern
Milliarden Eurobeträge im zweistelligen Bereich. Ein neuer Geschäftszweig mit schier
grenzenlosen Wachstumsprognosen entsteht.

Fazit:
Eine Errungenschaft wird zum Problem erklärt, daraus folgende Reformen gehen zu Ungunsten des Bürgers,
zu Gunsten der Wirtschaft und der Lobbyisten in der Politik.

Welche der beiden Version man bevorzugt, ist wie die Entscheidung zwischen der blauen
und roten Pille in Matrix, entweder der einfachen Täuschung weiterglauben oder die unbequeme Wahrheit "schlucken".
Aber das ist jedem überlassen, Argumente habe ich für beide Seiten geliefert.

Ich persönlich bin eher für das Letztere.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Demographie-Problem ist keins, wenn man nur richtig damit umgeht.

Von "Aufhetzung" gegen Alte Menschen zu sprechen halte ich doch eher für Abwegig.
Es nun einmal zwingend erforderlich, dass man das ganze nüchtern betrachtet. Dazu gehören dann nun einmal trockene Statistiken die z.B. Aussagen, dass ein "alter" Mensch unsere Gesundheitskassen um ein vielfaches mehr belastet, als es ein "junger" Mensch tut.
Diese Erkenntnis ist in erster Linie auch keine weltbewegende.

Ich halte nichts davon die Geburtenrate "künstlich" in die Höhe zu treiben nur um dem demographischen Wandel entgegen zu wirken. Denn ich halte diesen Wandel für einen Mechanismus der "Selbstregulierung".

Ein Mechanismus übrigens, der in einem Großen Teil der Welt leider nicht funktioniert. Alle Welt macht sich Gedanken über CO2. Doch was 9 Milliarden menschliche Erdbewohner für diesen Planeten und das Leben eines jeden Einzelnen bedeuten, dass hat sich anscheinend noch niemand überlegt.

Also um zum Punkt zu kommen:

Der Demographische Wandel ist ein natürliches Phänomen. Aufgabe der Politik muss es sein sich Gedanken zu machen, wie man mit diesem Phänomen umgeht.
Hier sind die ersten richtigen Schritte gemacht worden:

- Anpassung des Renteneintrittsalters an die gestiegene Lebenserwartung

- Zuschüsse zu privaten / kapitalgedecken Rentenversicherungen

Eine umlagefinanzierte Rentenversicherung wird im Jahr 2050 sicher nicht mehr praktikabel sein, sie ist es ja heute schon nicht mehr.

Das Größe Problem haben übrigens die Menschen die jetzt gerade am Berufsanfang stehen (und nicht die Rentner von heute die ja immer so fleißig meckern). Denn die müssen heute für das umlagefinanzierte Rentensystem blechen und zusätzlich noch für sich selbst vorsorgen ...

Ein anderes Problem, welches sich vor allem aus der immer steigenden Zahl der medizinischen Möglichkeiten ableitet, sind die Gesundheitskosten.
Hier muss ab einem gewissen Punkt mal ein Schlussstrich gemacht werden. Wir sollten vielleicht irgendwann aufhören jeden Strohhalm zu nutzen der uns ein paar weitere Tage auf Erden schenkt... Hört sich blöd an ...

Ein weiterer wichtiger Schritt wäre hier eine komplette Privatisierung der Krankenversicherungen. Natürlich muss der Staat dann die Standards definieren und zudem noch festlegen in wie fern der bisherige Leistungsanteil des Arbeitgebers auch weiterhin erhalten bleibt.
Doch ich bin der festen überzeugung, dass ein komplett privatisierter Versicherungsmarkt in diesem Bereich die Kosten für medizinische Versorgung (welche in Deutschland unverhältnismäßig stark gestiegen sind) erheblich senken würde.
 
Man kann es rückblickend als Errungenschaft ansehen, da man es geschafft hat die medizinische und gesellschaftliche Situation zu verbessern, dass die Menschen nun so alt werden können. Aber das nur als Errungenschaft hinzustellen hilft niemandem, denn welche Vorteile ergeben sich daraus? Hauptsächlich das der Dienstleitungs/Pflegesektor wächst bzw. mehr Hilfskraft (in einigen Jahren Roboter etc.) konsumiert wird. Weiterhin ist Wissen und Erfahrung über Grundtechnologien, jedoch weniger über aktuelle Sachen, eine Basis der Gesellschaft, allerdings ist dieses bei wenigen an die man es weitergeben kann auch gefährdet.

Und natürlich mögen die Kritikpunkte gerechtfertigt sein, aber dadurch das bspw. die Rente entstaatlicht wird, ziehen doch auch die Bürger einen Vorteil durch höhere Auszahlungen bei gleicher Einzahlung, oder?
 
extasy schrieb:
Migranten z.B. haben eine überdurchschnittliche Geburtenrate.

Der Anteil der Menschen in Deutschland, die einen sog. Migrationshintergrund haben (man könnte verkürzt sagen, diejenigen ohne deutsche Großeltern) machen in etwa 12 bis 14 Prozent aus. Ein Teil von ihnen hat einen deutschen Pass, weshalb statistisch nur knapp 7,5 Mio. Ausländer übrigbleiben (etwa 9 % der Bevölkerung).Viele der Migranten haben ihre Wurzeln in Italien oder in Spanien, wo die Geburtenraten auch nicht so prickelnd sind. Es ist daher nur eine vergleichsweise kleine Gruppe, die überdurchschnittlich viele Kinder zur Welt bringt (aber auch nicht so wahnsinnig viele). – Deshalb muss die Flaute von allen in Angriff genommen werden. Und das sind zum Großteil nun einmal die Deutschen selbst.

Die Zuwanderung wird ohnehin noch zunehmen, dafür sorgt schon der Wohlstand in Deutschland. Auch wird der Anteil der Migranten ansteigen. Aber das löst unser Demografie-Problem nicht grundlegend, weshalb wir diesen Aspekt weitgehend ausblenden können. Um das zu leisten, müssten schon 20 bis 30 Mio. Menschen ins Land strömen, was ich für abwegig halte.

extasy schrieb:
Außerdem hat mir noch keiner erklärt warum eine abnehmende Bevölkerungszahl und damit potenziell weniger Arbeitnehmer angesichts des Mangels an Arbeit ein Nachteil sein muss.

Das kann ich Dir erklären. Es hängt damit zusammen, dass in den nächsten Jahrzehnten eine Menge Fachkräfte aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand gehen werden. Gleichzeitig lässt aber die Qualität des Nachwuchses nach. Ich kenne Berichte von Leuten, die für große Firmen die Vorauswahl der Bewerber um Ausbildungsplätze durchführen. Dort werden Diktate geschrieben, wo manchmal bis zu 30 Fehler pro Seite gemacht werden. Oder die Schüler sind nicht in der Lage, simple Aufgaben in Mathe zu lösen, die aus dem Stoff der 8. Klasse stammen. Mit solchen Arbeitnehmern ist natürlich kein Staat zu machen, wenn man auf der anderen Seite weiterhin Spitzentechnologien produzieren will.

extasy schrieb:
die Wirtschaft hat es doch in der Hand hier Fachkräfte auszubilden

Das würden sie wohl auch gerne machen. Aber das Niveau der Schulabsolventen lässt das oft nicht zu. Die Gründe dafür sind vielfältig.

extasy schrieb:
Kann es eher sein das die Neoliberalen Angst haben dass das Herr an billigen Arbeitskräften worauf man nach belieben zurückgreifen kann kleiner wird ?

Einen Mangel an billigen Arbeitskräften hat man in der Vergangenheit erfolgreich mit Anwerbung aus dem Ausland bekämpft. Verschärfen wird sich lediglich das Problem, das wir schon heute haben: Es fehlen Spezialisten. Viele Unternehmen können ihre freien Stellen nicht besetzen, weil es an geeigneten Bewerbern fehlt. Einen Postzusteller kann man immer auftreiben. Eine SAP-Fachkraft oder einen Bilanzbuchhalter aber nicht.

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Was Takama anspricht, halte ich für wichtig. Selbstverständlich ist es ein Privileg, wenn Menschen lange leben dürfen. Es profitieren z. B. auch die Enkelkinder davon, wenn sie noch lange etwas von ihren Großeltern haben. Diese Großeltern übernehmen ja oft noch erzieherische bzw. betreuende Funktionen, etwa bei allein erziehenden Müttern, die berufstätig sind.

Die Japaner haben kulturell bedingt einen enormen Respekt vor dem Alter bzw. vor alten Leuten. Das ist mit Deutschland gar nicht zu vergleichen. Aber auch dort überlegt man sich, wie man der Pflegeproblematik Herr werden soll. Aus Mangel an Pflegepersonal weicht man schon mal auf Pet-Roboter aus, die für Unterhaltung und Abwechslung sorgen sollen.

http://www.welt.de/wissenschaft/article95983/Endstation_Pflegeroboter-Heim.html
 
Zuletzt bearbeitet:
@keshkau
Ja aber genau das Problem der mangelhaften Qualität der Schulbildung habe ich doch angesprochen. Wenn man weiterhin an unser überkommenes Schulsystem festhält braucht man sich über die mangelnde Qualität nicht zu wundern.

@Takama
Hut ab, super beschrieben wie diese Endsolidarisierung hier in unserer Gesellschaft abläuft. Anstatt dieses System an sich zu hinterfragen sind die Leute damit beschäftigt sich untereinander zu bekämpfen. Junge gegen Alte, Arbeitsbesitzer gegen Arbeitslose usw. Das ist ja gerade das Perfide des Kapitalismus das man zwischen die Massen der abhängig Beschäftigten einen Keil treibt um diese von der Ungerechtigkeit des Kapitalismus abzulenken und besser zu manipulieren. Auch soll das Vertrauen an das staatliche sozial und sicherungssysteme erschüttert und in Frage gestellt werden. Wohl wissend das ein abhängig Beschäftigter immer von saatlichen Sozialsystemen abhängig sein wird. Hier hilft dann die Illusion das es ja im Kapitalismus "jeder" schaffen kann Millionär zu werden. Die Tatsache sieht aber anders aus, HartzIV ist wohl viel warscheinlicher als der Millionengewinn.

Eines ist jedoch klar, wenn sich die Massen einig währen hätte der Kapitalismus keine Chance. Der Arbeiter kann gut ohne den Kapitalisten auskommen, der Kapitalist aber nicht ohne den Arbeiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
extasy schrieb:
Ja aber genau das Problem der mangelhaften Qualität der Schulbildung habe ich doch angesprochen.

Ich bin darauf nicht im Detail eingegangen, weil die Diskussion sonst auf eine Sozial-Debatte, eine Ausländer-Debatte oder – vermutlich passender – auf eine Armuts-Debatte hinauslaufen könnte, die sich schnell verselbstständigen könnte. Dann droht dem Thread das gleiche Schicksal wie Deinem. http://www.ghettokids.org/verein.html Die Schule kann da z. T. gar nicht mehr viel ausrichten.

Man berücksichtige, dass 40 Prozent der Akademikerinnen keine Kinder bekommen und dass die Geburtenrate in sozial schwachen Familien überproportional hoch ist. Am fehlenden Geld kann es demnach kaum liegen. Es sind eher der Trend zur Individualisierung und der Wunsch nach persönlicher Freizeit (ohne zu viel Verantwortung), die sich in den niedrigen Geburtenraten niederschlagen.

@Takama
Kann man die Generationen wirklich so einfach gegeneinander ausspielen? Wenn jemand im mittleren Alter ist, dann hat er oft sowohl Eltern als auch eigene Kinder. Und die Familienbande ist bekanntlich weiterhin hoch im Kurs. Da grenzt es doch an Schizophrenie, wenn jemand einerseits auf den Alten im Land herumhackt und anschließend seine Mutter im Altenheim besucht, oder nicht?
 
Zuletzt bearbeitet:
@extasy
Noch schlimmer als der Kapitalismus ist allerdings der Kommunismus, der Wohlstand, Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit in der globalisierten Welt, die auf Geld und Konsum ausgerichtet ist, zerstört. Ein Schuss Kapitalismus ist ganz gut für die heutigen wirtschafts- und fortschrittsorientierten Staaten.
@topic
Der demografische Wandel und die zunehmende Islamisierung ist allerdings ein Problem für Deutschland. Unsere Kultur, Religion und Geschichte werden zunehmend dezimiert und müssen der Globalisierung weichen.
Die Überalterung wird zur Folge haben, dass wir wohl in absehbarer Zeit, wie in Amerika, auf soziale Absicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit verzichten müssen und zunehmend jeder auf sich allein gestellt werden sein wird. Dann heisst es wieder "Survival of the fittest".

Eins steht fest: Nichts währt ewiglich. Deutschland wird schlechte Zeiten und auch wieder gute erleben. Ich denke unsere Generation hat noch das Glück in relativ guten Zeiten hier zu existieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da war doch neulich was im Fersehen...derzeit sind 4/5 der Kindergartenkinder mit Migrationshintergrund.
Ab 2050 gibt es in Deutschland und Österreich mehr Leute mit Migrationshintergrund als ohne solchen.
Migrationhintergund = Eltern oder Großeltern stammen aus Arabischen oder jedenfalls nicht West-Mitteleuropäischen Ländern.

Das ist eine Tatsache.

Hat aber mit dem Demografieproblem NICHTS zu tun.
Das hat nur etwas damit zu tun, daß unsere Systeme auf Wachstum aufgebaut sind.
Die Skandinavier haben das schon umgebaut.
Ältere Gesellschaft? Na und? Heist es dort.

Die Sache ist ja die, daß mehr Kinder geboren werden als Leute wegsterben.
Aber die sterben auch einmal.
Und dann werden wir eben weniger, was ja gut ist, wenn das System darauf eingerichtet ist.
 
@ObServer88
na wenn das deine Zukunftsvision ist das alle auf sich alleine gestellt sind liege ich ja garnicht so falsch mit meiner These das es in Zukunft einen wie auch immer gearteten "Sozialismus" geben wird oder aber die Menschheit in den Untergang geht. Denn das währe ja wohl über lang der Untergang wenn das Faustrecht regieren sollte in der Zukunft. Denke dabei an die vielen Endzeitfilme in den 80ern.;)

Na schöne Zukunft mit dem Kapitalismus, aber dahin wird dieser ganz sicher hinführen wenn sich nichts grundlegendes ändert.
 
keshkau schrieb:
Ich bin darauf nicht im Detail eingegangen, weil die Diskussion sonst auf eine Sozial-Debatte, eine Ausländer-Debatte oder – vermutlich passender – auf eine Armuts-Debatte hinauslaufen könnte, die sich schnell verselbstständigen könnte. Dann droht dem Thread das gleiche Schicksal wie Deinem. http://www.ghettokids.org/verein.html Die Schule kann da z. T. gar nicht mehr viel ausrichten.

Man berücksichtige, dass 40 Prozent der Akademikerinnen keine Kinder bekommen und dass die Geburtenrate in sozial schwachen Familien überproportional hoch ist. Am fehlenden Geld kann es demnach kaum liegen. Es sind eher der Trend zur Individualisierung und der Wunsch nach persönlicher Freizeit (ohne zu viel Verantwortung), die sich in den niedrigen Geburtenraten niederschlagen.

@Takama
Kann man die Generationen wirklich so einfach gegeneinander ausspielen? Wenn jemand im mittleren Alter ist, dann hat er oft sowohl Eltern als auch eigene Kinder. Und die Familienbande ist bekanntlich weiterhin hoch im Kurs. Da grenzt es doch an Schizophrenie, wenn jemand einerseits auf den Alten im Land herumhackt und anschließend seine Mutter im Altenheim besucht, oder nicht?



Eigentlich hast Du deine Frage schon mit deinem Posting völlig beantwortet, der Trend geht weiterhin zur Individualisierung
und damit verbunden zu einer der Auflösung der Familienbande, vergleich hier mal das Bild einer Familie in den 60er mit dem Bild von heute.

Der Trend geht weiterhin zu (Doppel-)Single-Haushalten, kinderlosen Akademikern (ebenso von dir angesprochen), homosexuellen Partnerschaften und Patchwork-Familien.
Und überleg mal, warum die Mutter in deinem Beispiel im Altenheim und nicht im Haus der Kinder lebt ? Ich hoffe es macht bei Dir gerade "KLICK!" :-)
Die Generation-übergreifende Familie ist absolute Ausnahme und Auslaufmodell in der heutigen Gesellschaft.

Ob man die Generationen wirklich so einfach gegeneinander ausspielen kann bezweifele ich, aber
bedenke, daß es eine breite Masse an Menschen gibt, die sich im Gegensatz zu Dir nicht
für Politik und Gesellschaft interessiert und somit für plakative Botschaft wie von mir beschrieben sehr empfänglich ist,
kritisches Denken nicht vorhanden.

Somit erschien es sehr einfach die Gesundheits- und Hartz-Reformen durchzuboxen,
ich glaube, hätten wir in Deutschland den direkten Volksentscheid nach dem Vorbild der Schweiz,
dann wären sowohl Gesundheitsreform als auch Hartzreformen kläglich gescheitert.

Übrigens, stell Dir vor Du bist Hartz-IV Empfänger, lebst unter dem Existenzminimum und dann wirst du auch noch ernsthaft krank.
Dann greifen die Auswirkungen beider Reformen bei einem, der Betroffene ist echt "gearscht".
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Großteil der Deutschen sich das so gewünscht hat.

PS.: Hartz-Reformen sind nach einem verurteilten Wirtschaftskriminellen benannt, das hat schon was Sarkastisches an sich.

Nebenbei: Wenn der demographische Wandel wirklich ein so großes Problem darstellt und es ja so wenig junge Menschen in unserer Gesellschaft gibt,
warum schafft es die Politik nicht einmal für die wenigen jungen Menschen flächendeckend Kinderbetreuung
und ein modernes, den heutigen Ansprüchen angepasstes Bildungssystem auf die Beine zu stellen?

Wenn wir das angebliche Problem "demographischer Wandel" nicht hätten, dann hätten
wir ein noch größeres Problem mit dem Erziehungs- und Bildungssystem.
Warum wird das Problem "demographischer Wandel" mit solch einem Reform-Eifer angegangen,
die Bildungsreform aber seit Jahrzehnten aussteht und uralte Probleme nicht gelöst werden.
Weil zufälligerweise mit dem demographischen Wandel viel Geld seitens der Versicherer zu verdienen ist?
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist nunmal so das sich unsere ganze Gesellschaft doch nur noch am Geld und Konsum orientiert. Denn wer Geld hat, hat anscheinend Macht. Und Menschen sind geil auf Macht, Annerkennung und Überlegenheit. Unsere Gesellschaft steht halt im krassen Gegensatz zu Max Ehrmanns Desiderata ^^
 
@Takama
boah, super wie sachlich und fundiert Du hier unser derzeitiges System entlarvst. Ich neige leider dazu sehe emozional an die Sache zu gehen was natürlich sehr polarisiert und dann die Diskussion ins emozionale abdriften lässt.

Spitze, es sollten mehr von deiner Sorte geben ;)

@ObServer88
na, ich glaube noch daran das sich unsere Gesellschaft noch ändern kann. Nenn es von mir aus naiv, aber wenn man keine Hoffnung hat dann hat man doch schon verlohren, oder ? Ich möchte aufjedenfall nicht soeinem Terminator Typ wie in deinem AVATAR in der Zukunft begegnen :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Rasemann schrieb:
Die Sache ist ja die, daß mehr Kinder geboren werden als Leute wegsterben.

Die Bevölkerungszahl sinkt bereits jetzt (vgl. Schaubild 4 auf Seite 12):
http://www.herwig-birg.de/downloads/dokumente/BVerfG.pdf

Und in Zukunft verschiebt sich die Altersstruktur innerhalb der Bevölkerung dramatisch, wobei insbesondere der Anteil über 65-Jährigen zunehmen wird:
http://www.bmi.bund.de/Internet/Con.../altersstruktur__diagramm,property=poster.jpg

Deutsche Mütter scheinen auch weniger gebärfreudig zu sein als die Mütter mit ausländischen Vorfahren. Zumindest ist mein subjektiver Eindruck, dass der Anteil der Migrantenkinder in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen ist.

Wie stark der Migrationstrend ist, zeigt ein Blick auf die deutsche Fußball-Nationalmannschaft: Kevin Kurányi (geb. in Brasilien), Gerald Asamoah (geb. in Ghana), Lukas Podolski (geb. in Polen), Miroslav Klose (geb. in Polen), Oliver Neuville (geb. in der Schweiz). Die Bevölkerung in Deutschland altert und schrumpft aber trotzdem. Und darum geht es hier.

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@Takama
Politik beschränkt sich nicht darauf, Almosen zu verteilen. Und wenn es erforderlich ist, Opfer einzufordern, dann wird man bei einer auf Nabelschau ausgerichteten Bevölkerung, die wenig politisch interessiert ist, kaum per Volksentscheid zum Erfolg kommen. Beim Thema Rente schon gar nicht. Denn dann dominieren beim Wahlvolk die Nehmerqualitäten: Alles haben wollen und die anderen können ja bezahlen. Das klappt natürlich nicht.

Wenn ich in der Regierung säße und über Fragen der privaten Altersvorsorge nachdenken müsste, würde ich mir ebenfalls Ratschläge aus der Versicherungsbranche holen. Denn das sind schließlich die Unternehmen, die einen Großteil der Verträge abwickeln sollen. Nun kann man argumentieren, dass einige wenige dort das große Geschäft wittern. Aber es handelt sich bei den Versicherungen um Aktiengesellschaften. Also kann jeder mitmischen, der will. Wenn Dein Renten- Aktienfond die DAX-Werte im Portfolio hat, profitierst Du als Versicherungsnehmer auch davon, wenn die Allianz Gewinne einfährt.

Außerdem sehe ich nicht, warum man nicht auch mit der Modernisierung von Schulen oder dem Bau und Unterhalt von Betreuungsplätzen Geld verdienen kann. Da wäre der Effekt für die Wirtschaft sogar noch größer, weil zusätzliches Personal beschäftigt werden muss. Für den Erziehungsbereich gilt das gleichermaßen.
 
Zuletzt bearbeitet:
drastische sicht meinerseits:

solange jeder einzelne unbedingt sich selbst verwirklichen bzw karriere machen will, ändert sich nichts an der demographischen entwicklung. frauen wollen karriere machen, da ist für kinder keine zeit. männer wollen sich nicht an "emanzipierte" (das wäre ein eigenes thema ^^) frauen binden bzw. lieber alles mal durchgenommen haben ... logisch, dass da keine familien draus entstehen.

als hauptproblem allgemein sehe ich die DINKs: double income no kids. hauptsache geld (und zwar nicht nur genug zum leben, sondern mehr, damit man "spass" haben kann -> tendenzen zum hedonismus latent vorhanden). es ist nunmal so, dass viele leute arbeiten - und damit arbeitsplätze blockieren - die es nicht _müssten_. neben den blockierten arbeitsplätzen kommt da noch dazu, dass keine zeit mehr für evtl. vorhandene kinder ist, welche dann sich selbst überlassen werden (müssen) oder in irgendwelche tagesstätten abgeschoben werden -> keine tiefe beziehung zu den eltern -> verwahrlosung (mehr oder weniger), welche zur katastrophalen bildungssituation und auch jugendkriminalität führt.

der mensch ist von haus aus egoistisch veranlagt - und das ist auch gut so. allerdings ist zuviel egoismus tödlich für einen sozialstaat.

die staatliche seite weiss nicht so recht, was sie machen soll und doktort an symptomen herum, die sich gegenseitig hochschaukeln: mehr kinder/jugendeinrichtungen -> es wird leichter, kinder zu bekommen, aber die erziehung leidet. mehr gleichberechtigung (omg ... wo bleiben da die pflichten? ;)) bei der arbeitsplatzvergabe -> karriere, dadurch keine zeit/lust auf kinder.

warum wohl ist die geburtenrate bei den immigranten höher? weil da noch eine (bei uns verteufelte) art aufgabentrennung besteht. der mann arbeitet, die frau bekommt und erzieht die kinder. dadurch entsteht auch ein zusammenhalt, was dazu führt, dass - sobald die kinder alt genug sind - diese mitverdienen, was der familie zugute kommt. so wie es auch bei uns mal war.

irgendwann erkennen die menschen auch, dass man nicht immer alles bekommen kann. bei vielen (gerade frauen -> biologische uhr) kommt diese erkenntnis dann allerdings zu spät.

heiraten ist uncool. kinder sind scheisse. wer nur 100 euro im monat zur verfügung hat (nach abzug aller kosten) ist ebenfalls nicht 1337. wer eine gesunde allgemeinbildung hat und weiter denken kann als von der tapete bis zur wand wird als streber oder klugscheisser abgestempelt. kinderkriegen ist unterdrückung der frauen. bei _einer_ frau bleiben ist dumm, da man sonst den rest nicht popp0rn kann usw. ... kein wunder, dass hier alles den bach runtergeht.
 
In der Propaganda für Strukturreformen spielt das angebliche demographische Problem eine zentrale Rolle.

Es wird in der öffentlichen Debatte so getan, als würde die relativ geringe Geburtenrate und das Ansteigen des Altersdurchschnitts, zwangsläufig dazu führen, dass die bisherigen Systeme nicht mehr funktionieren, dass zum Beispiel das Umlageverfahren nicht mehr funktioniert und durch das Kapitaldeckungsverfahren ergänzt werden muss. Gerade bei der Debatte zur Gesundheitsreform spielt der Anstieg der Lebenserwartung diese zentrale Rolle.
Es ist erstaunlich, welcher Zauber mit diesem Thema in Deutschland betrieben wird. Das Thema eignet sich gut dazu, die Methoden der Gehirnwäsche und die agierenden Verflechtungen nachzuzeichnen. Ich will das stichwortartig tun:
Es wird behauptet, die Alterung unserer Gesellschaft habe zur Finanzschwäche der sozialen Sicherungssysteme geführt und zwinge zur Systemumstellung. Tatsächlich haben wir heute eine glänzende Relation von arbeitsfähiger Gesellschaft und Rentnergeneration. Es gibt fast 53 Millionen arbeitsfähige Menschen in Deutschland und nur 15 Millionen über 65 Jahren. Unser Problem ist, dass nur noch circa 26 Millionen Menschen in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen arbeiten. 1990 waren es noch 30 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Dieser Niedergang wurde durch die Subvention von Minijobs beschleunigt.
Auch hieran sieht man: Wir haben zu aller erst das erwähnte Beschäftigungsproblem und nicht ein demographisches Problem. Diese einleuchtende Erkenntnis passt den Lobbys nicht. Denn sie ernst zu nehmen, würde nicht Strukturreformen sondern vor allem eine aktive Beschäftigungspolitik verlangen.
Die zu erwartende Alterung wird gerade in der gesundheitspolitischen Debatte maßlos übertrieben. Zwischen 1900 und 2000 ist die Lebenserwartung um dreißig Jahre gestiegen, schätzungsweise wird sie bis 2050 noch um weitere sechs bis acht Jahre zunehmen. Dieser Vergleich zeigt schon, wie undramatisch die Veränderungen sind. Außerdem ändert sich die Altersstruktur einer Gesellschaft nicht abrupt sondern in kleinen Schritten. Warum sich die Medizin und Gesundheitspolitik auf diese Änderungen nicht einstellen können soll, ohne das System umzukrempeln, verstehe ich nicht.
In der demographischen Debatte wird mit allen Tricks gearbeitet, mit maßlosen Übertreibungen und mit Lügen. Hier ein paar Hinweise auf einige Lügengeschichten:
Es wurde uns auf der Basis einer Studie des so genannten Berlin Instituts erzählt, Deutschland habe mit 1,36 Kindern pro Frau die niedrigste Geburtenrate der Welt und zur Zeit auch die niedrigste seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Richtig hingegen ist, dass die Geburtenrate noch in 10 anderen Ländern der EU unter der deutschen und bei fünf anderen Ländern ungefähr gleichauf liegt, weltweit sowieso.
Richtig ist, dass nicht heute sondern sinnigerweise nach der Wende von Schmidt zu Kohl Mitte der 80ger die Geburtenrate auf 1,28 und damit auf den niedrigsten bisherigen Wert seit 1945 absackte.

Trotz dieser Faktenlage und trotz der Tatsache, dass schon auf der Frontpage der einschlägigen Seite des Berlin Instituts einer der Finanziers der Studie genannt war, die Deutsche Krankenversicherung AG, wurden die falschen Ziffern in unzähligen Sendungen des Hörfunks und des Fernsehens und Artikeln der Printmedien weiterverbreitet.
In den letzten Jahren ist uns immer wieder erzählt worden, die Akademikerinnen blieben zu 40% kinderlos.
Richtig ist, dass man die statistische Erhebung im Microzensus unterlassen hat. Schätzungsweise liegt die Akademikerinnen-Kinderlosigkeit bei ungefähr 20%. Die penetrante Vermittlung der falschen Zahlen war jedoch eine wichtige Vorbereitung zur Einführung des Elterngeldes. Ein weiterer Beleg für den engen Zusammenhang von öffentlicher Meinungsbildung und politischer Entscheidungsfindung.
Auch die Robert Bosch-Stiftung beschäftigt sich mit Demographie. Eine von ihr finanzierte Kommission unter dem Vorsitz von Kurt Biedenkopf und unter Beteiligung des laut Bild-Zeitung besten Ökonom Deutschlands Hans-Werner Sinn und der Hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmann hat nicht nur die abstruse Behauptung aufgestellt, jedes Kind bringe uns im Laufe seines Lebens 77000 € netto, die Kommission hat sich auch zur so genannten klassischen Bevölkerungspyramide geäußert.

Weiten Kreisen unseres Volkes und gerade auch dem gutausgebildeten Bürgertum ist vermittelt worden, die Bevölkerungspyramide mit einem breiten Fuß und sich kontinuierlich wie eine Pyramide verjüngender Spitze sei etwas Erstrebenswertes. So ist es in dem Bericht der so genannten Biedenkopf Kommission der Robert Bosch-Stiftung dokumentiert, die Ende des Jahres 2005 veröffentlicht wurde.

Als medizinisch versierte Zeitgenossinnen/en leuchtet Ihnen bei kurzem Nachdenken ein, dass eine solche Pyramidenform nur bei hoher Säuglings-, hoher Kinder- und hoher Erwachsenensterblichkeit zu Stande kommen kann.
Aber Millionen Deutsche glauben die gängige Version der Interpretation. Sie sind Opfer unsere Eliten. Diese sind zwar Mittelmaß in der Sache aber eben Meister in der Kunst der Verführung.
Das demographische Problem wird vor allem von der Versicherungswirtschaft zum großen Thema gemacht. Sie hat ein großes Interesse an der Dramatisierung. Wenn es ihr zum Beispiel gelingt, nur 10% der bisherigen Beiträge der gesetzlichen Rente in Prämien für Privatvorsorge um zu lenken, dann bringt das einen Umsatzzuwachs von rund 15 Milliarden €. Ein weiteres ertragreiches Geschäftsfeld ist die Verschiebung von gesetzlichen Krankenkassen zu den privaten.

Es geht um Milliarden. Jedenfalls meinen die Akteure, die dabei erzielten Gewinne würden reichen, um eine Heerschar von Wissenschaftlern, Medien und Politikern zu Einflussagenten der Finanzindustrie zu machen. Die Professoren Raffelhüschen und Rürup gehören dazu, wie schon die Homepage von MLP mit der Ankündigung ihrer Vorträge zeigt.
Außer Raffelhüschen sind noch Hans-Werner Sinn, Meinhard Miegel, Axel Börsch-Supan, und das Mitglied des Sachverständigenrates Beatrice Weder di Mauro in Diensten der Versicherungswirtschaft, von Banken und von Finanzdienstleistern. Wenn Sie auf PKV Ratgeber.de klicken, dann erfahren Sie einiges über einen Expertenbeirat im Dienste der „Informationsoffensive“ der PKV:

Expertenbeirat
Die Continentale ist als Initiator allein verantwortlich für die Inhalte der Informations-
offensive. Dabei hat sie sich jedoch der Unterstützung namhafter Experten versichert: Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke, Prof. Dr. Bernd Hof, Dr. Peter Ollick, Prof. Dr. J.-Matthias Graf von der Schulenburg, Arno Surminski und Prof. Dr. Jürgen Wasem. Mit Ihnen zusammen werden u.a. Inhalte, Ausrichtung des PKV-Forums und der verschiedenen Expertenbroschüren erarbeitet und abgestimmt.


Was wir angesichts dieser betrüblichen Fakten wirklich nicht mehr glauben sollten: dass es bei uns noch eine unabhängige Wissenschaft gibt.
Es gab immer abhängige Professoren, das weiß ich sehr wohl, und die Mediziner wissen es sowieso. Aber einen so schamlosen Gebrauch der wissenschaftlichen Reputation zur Mehrung des privaten Nutzens hatte ich bis dahin nicht für möglich gehalten. Und das auch noch zum Zwecke der Zerstörung wichtiger sozialen Errungenschaften.
Die Wissenschaft kann jedoch so unbehelligt als Zeuge für den Reformbedarf nur deshalb aufgerufen werden, weil die anderen Partner dieses Spiel mitspielen.
Wenn die Politik zum Beispiel mit Hinweis auf die Abhängigkeit Bert Rürups von finanziellen Interessen davon absähe, ihn als Berater und Mittler für die Gesundheitsreform anzurufen und aufzurufen, oder wenn sie ihn gar als Vorsitzenden des so genannten unabhängigen Sachverständigenrates wegen Interessenverflechtung abberufen würde, dann wäre es um seinen Ruf geschehen.
Diesen Schritt unternimmt die Politik aber nicht. Leider lässt dies darauf schließen, dass die einflussreichen Politiker mit den gleichen Interessen verflochten sind.
Auch die Medien spielen dieses Spiel mit. Sie laden die genannten Herren nach wie vor in ihre Talkshows ein. Völlig unberührt von den Erkenntnissen über die Interessengeflechte. Die großen Medien werden ihrer Aufgabe als kritische Begleiter nicht mehr gerecht. Das ist eine entscheidende Veränderung gegenüber früher. Den Ausfall des „Spiegel“ als Organ der Aufklärung, das Wegbrechen von „Panorama“ zum Beispiel, die teilweise Anpassung der öffentlich-rechtlichen Sender an die kommerziellen - das sind gravierende Veränderungen.
Die Lügengeschichte vom Reformbedarf wird systematisch ausgedacht, erzählt und verbreitet. Politik und Publizistik, Wirtschaft und Wissenschaft, Beratungsunternehmen und PublicRelations-Agenturen spielen dabei geregelt und verabredet zusammen. Zentrale Rollen in diesem Netzwerk haben die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und vor allem die Bertelsmann Stiftung übernommen. Die Bertelsmann Stiftung hat ihr Netz wie eine Krake über unser Land gelegt. Sie beeinflusst die Politik massiv – und zwar nicht nur in der Gesellschaftspolitik sondern auch pro militärischer Lösungsversuche von Konflikten - und dies ohne demokratische Legitimation.
Wer auf diese Netzwerke hinweist, stößt auf den Vorwurf, ein Verschwörungstheoretiker zu sein. Der Vorwurf ist seltsam realitätsfern. Die Realität ist nämlich um vieles schlimmer als es sich der phantasievollste Verschwörungstheoretiker ausdenken könnte.
Achten Sie einmal darauf, wie oft Ihnen, wenn Sie diese Vorgänge genauso wie etwa die gezielte Manipulation zur Vorbereitung von Kriegseinsätzen erwähnen, entgegengehalten wird, sie seien ein Verschwörungstheoretiker. Was mussten sich die Gegner des Golf- und des Irak Krieges nicht alles an Verschwörungstheorie-Vorwürfen anhören.
Wenn man trotz dieser düsteren Analyse auf Abhilfe zu sinnen gedenkt, dann denkt man in unseren Kreisen unwillkürlich an das, was man kritisches Bürgertum nennen könnte.
Gibt es das noch?
Bei meinen Analysen bin ich immer wieder einem sonderbaren Befund begegnet: In der Reformdebatte wird sichtbar, dass die eigentlichen Eliten, also die gutausgebildeten Zeitgenossen, mindestens so sehr Opfer von Manipulation und Irreführung werden wie das weniger gebildete Volk. Das hat etwas damit zu tun, dass das Bildungsbürgertum eher geneigt ist, sich eine Meinung zu bilden - über Lohnnebenkosten, über Demographie, über das Normalarbeitsverhältnis, über die Produktivität und dass uns die Arbeit ausgeht, angeblich. Die große Mehrheit unseres Volkes maßt sich in der Regel darüber kein Urteil an. Die gebildeten Bürger schon.
Da aber die Reformdebatte schwergewichtig um wirtschaftliche Zusammenhänge kreist und die bildungsbürgerlichen Gruppen wenig in wirtschaftlichen Zusammenhängen zu denken vermögen und dafür auch nicht ausgebildet wurden, sind sie in der Regel darauf angewiesen, sich an meinungsführenden Personen und Gruppen zu orientieren. Da die Medien, an denen sie sich normalerweise orientieren, zunehmend von den heutigen Reformern geprägt sind, übernehmen auch Menschen, die sich für kritisch halten, mehr und mehr die gängige Version der Wirtschafts- und Gesellschaftsbetrachtung. Mit wenigen Ausnahmen.
Es bleibt uns dennoch nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass in der Arbeitnehmerschaft und innerhalb des Bürgertums wieder Gruppen und Personen heranwachsen, die Lust am Zweifeln haben, sich jedenfalls ungern etwas vormachen lassen.

aus den nachdenkseiten

Dazu noch dieses lesenswerte PDF.
 
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Es gibt ja Leute, die durchaus Kinder hätten, wenn es weniger Umstände machen würde. Da geht es nicht zuletzt um ganztägige Betreuungsmöglichkeiten. Woanders klappt das schließlich auch, dass die Kinder morgens mit den Eltern das Haus verlassen und am Abend nach Hause kommen. Die Hausaufgaben sind dann schon erledigt und der Schulsport kam auch nicht zu kurz. Ein völlig anderes Konzept als die Kinder nach der Schule allein vor dem PC abhängen zu lassen und mittags mit Fertiggerichten aus der Kühltruhe abzuspeisen.

Ich denke, dass Kinder in unserer Gesellschaft schlichtweg keine ausreichende Lobby haben. In Finnland bleibt eine Schule auf dem Land so lange in Betrieb, wie Kinder vorhanden sind. In Deutschland wird bei sinkender Schülerzahl gleich überlegt, ob man die Schule nicht besser schließt und die Kinder woanders unterrichtet. Die abgebrannten Gemeinden haben heute nicht mehr die Muße, ihre Prioritäten zu überdenken.

Ein Kindergarten, der bereits mittags wieder schließt ist keine große Hilfe für Berufstätige. Hier sehe ich auch die großen Firmen in der Pflicht, für Betreuungsplätze zu sorgen, was ja schon langsam in die Gänge kommt. Denn gut ausgebildete Frauen anzuwerben ist nicht so einfach. Da können Betreuungsplätze ein gutes Argument liefern. In Gewerbegebieten können sich auch Firmen zusammenschließen und überbetriebliche Betreuung anbieten.


franeklevy schrieb:
Richtig ist, dass man die statistische Erhebung im Microzensus unterlassen hat. Schätzungsweise liegt die Akademikerinnen-Kinderlosigkeit bei ungefähr 20%.

Worauf stützt sich die Halbierung der Quote? Edit: Wie ich aus dem Link in # 20 erfahren habe (S. 39-42), trifft die Quote von 20 % nur auf verheiratete (!) Akademikerinnen zu. Ansonsten gilt: "45 Prozent der westdeutschen Frauen mit Hochschulabschluss sind mit 35 Jahren kinderlos," - "Im Alter von 45 trifft dies aber nur auf 32 Prozent zu."


franeklevy schrieb:
Da aber die Reformdebatte schwergewichtig um wirtschaftliche Zusammenhänge kreist und die bildungsbürgerlichen Gruppen wenig in wirtschaftlichen Zusammenhängen zu denken vermögen und dafür auch nicht ausgebildet wurden, sind sie in der Regel darauf angewiesen, sich an meinungsführenden Personen und Gruppen zu orientieren.

Als gäbe es in dieser Gruppe nur Kunsthistoriker, Germanisten und Philosophen. Oder wird den BWLern und VWLern generell die Fähigkeit abgesprochen, sich selbst eine Meinung zu bilden und die vorgebrachten Argumente – von welcher Seite auch immer – kritisch zu prüfen?
 
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Sehr gute Beiträge, die letzten 2 ganz besonders.

Mir als jungem Vater(2 1/2) stößt vorallem eins sauer auf: Daß ein Kindergartenplatz 180 Euro kostet.
Pro Monat, nicht im Jahr.
In Schweden ist es völlig normal, daß die Kinder ab 6 Monaten in staatliche Betreuung kommen - GRATIS.
Es wäre ja nicht so, daß ich in Österreich weniger Steuern und Abgaben habe als in Schweden.
 
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