München spart mit Linux über 10 Millionen Euro

Ferdinand Thommes
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Nach dem Rückschlag für freie Software durch die Rückmigration zu Microsoft Office in Freiburg im Breisgau hat nun das „LiMux-Projekt“ in der IT-Ausschusssitzung des Münchner Stadtrats Vergleichszahlen vorgelegt und reklamiert über 10 Millionen Euro Einsparungen gegenüber einer reinen Microsoft-Lösung.

Ende des Jahres 2003 näherte sich das Ende des Supportzeitraums für Windows NT 4 durch Microsoft. Die Stadt München musste entscheiden, welche Software unter welchem Betriebssystem auf den rund 15.000 IT-Arbeitsplätzen in der Stadtverwaltung zukünftig Dienst tun soll. Ein Besuch von Microsoft CEO Steve Ballmer beim Bürgermeister der Stadt verhinderte nicht, dass man sich, basierend auf einem Vorgutachten, für die Bevorzugung freier Software entschied. 2005 gewannen zwei Firmen, die die Migration zu Debian planten, die europaweite Ausschreibung für das Projekt LiMux.

Heute sind rund 11.000 Arbeitsplätze auf das eigens für München angepasste LiMux umgestellt und insgesamt 15.000 Desktops mit einer freien Office-Suite ausgestattet. Das Office-Programm OpenOffice erforderte sehr viele Anpassungen, die im Rahmen des Projekts WollMux umgesetzt wurden. Hierbei wurden unter anderem Anpassungen für Briefkopfsystem und Formularsystem, dem Textbausteinsystem, dem Vorlagensystem sowie der Druckfunktion vorgenommen und die für MS-Office erstellten Makros konvertiert. Dabei haben die Entwickler rund 900 einzelne und weitgehend schlecht dokumentierte Makros auf 100 Makro-Fachanwendungen und 38 Webanwendungen reduziert.

Nun stellt das Projekt, einer Anfrage der Fraktion der Freien Wähler vom April 2012 folgend, die bisherigen Kosten für die Umstellung auf LiMux mit einer technisch vergleichbaren Lösung in Form zweier Szenarien gegenüber: Windows mit Microsoft Office und Windows mit OpenOffice. Gegenüber der reinen Microsoft-Lösung gibt das Papier eine Einsparung von über 10 Millionen Euro an. Das Szenario mit Windows als Grundlage für OpenOffice hätte immerhin noch rund 7,1 Millionen Euro eingespart, wobei sich die Differenz alleine aus den eingesparten Lizenzkosten ergibt.

Das Vergleichspapier geht von identischen Ausgangsbedingungen aus, was Parameter wie Umfang, Dauer, die verwendete Technik oder externe Unterstützung angeht. Grundlage für die Berechnung war ein zum Jahreswechsel 2011/12 aktuelles System mit Windows 7.

Die Kosten sind aufgegliedert in solche abhängig vom Betriebssystem und solche, die unabhängig vom OS angefallen wären. Im ersten Szenario wären für Windows mit MS Office bislang etwa 11,6 Millionen Euro zu zahlen gewesen, wobei rund 2,6 Millionen Euro auf Lizenzen sowie die Aktualisierung von Windows und 4,2 Millionen Euro auf MS Office entfallen wären. Weitere 5 Millionen Euro werden für Hardware-Upgrades beim Umstieg auf Windows 7 eingerechnet. Das zweite Szenario mit OpenOffice auf einer Windows-Plattform hätte dagegen durch die gesparten Lizenzgebühren rund 7,4 Millionen Euro an Kosten verursacht.

Das LiMux-Projekt hat in diesem Szenario bisher lediglich Kosten von rund 702.000 Euro verursacht, wovon rund 500.000 Euro in die Umstellung von Fachanwendungen und Makros flossen, die mit Excel erstellt worden waren und nun in webbasierte Anwendungen portiert wurden. An Lizenzkosten für proprietäre Software fielen etwa 71.000 Euro an.

Die vom Betriebssystem unabhängigen Kosten für Personal und Schulung der Angestellten sind für alle angenommenen Szenarien mit 22 Millionen Euro identisch ausgewiesen. In der Gesamtrechnung ergibt das für Windows und MS Office Kosten von mehr als 34 Millionen Euro, Windows mit Open Office hätte knapp 30 Millionen Euro gekostet. Das LiMux-Szenario beläuft sich hingegen auf rund 23 Millionen Euro.

Im Rats-Informations-System der Stadt steht das 18-seitige Zahlenwerk als PDF unter dem Titel „Beschlussentwurf“ zum Download bereit. Das Papier enthält auch nähere Informationen zur Organisation und Projektierung des LiMux-Projekts, da auch dies ein Punkt der Anfrage war. Einen Projektzwischenbericht über den Stand des LiMux-Projekts kann man ebenfalls als PDF herunterladen.