Bundesregierung will Störerhaftung bei WLAN nicht einschränken

Ferdinand Thommes
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Die Bundesregierung hat jetzt auf eine von der SPD im Oktober 2012 betriebene Bundesratsinitiative zur Frage der WLAN-Störerhaftung geantwortet. Es geht darum, wie weit Privathaushalte oder kleine Geschäfte ihren WLAN-Anschluss absichern müssen. Geht es nach der Bundesregierung, bleibt alles, wie es ist.

Das bedeutet, für Schäden, die durch Kunden von WLAN-Hotspots etwa in Cafes oder durch den schlecht abgesicherten Zugang zum privaten WLAN entstehen, haftet der Betreiber zumindest mit Schadenersatz. Wie die Bundesregierung dem Bundesrat mitteilte, sei eine Beschränkung des Haftungsrisikos für WLAN-Betreiber nicht erforderlich. Die Regierung hofft hier offensichtlich auf eine höchstrichterliche Entscheidung. Im Mai 2010 erging ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), dass einem Kläger Recht gab, der sein Copyright an einem Musikstück verletzt sah, welches über einen nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschluss in eine Tauschbörse gelangt war. Der Beklagte konnte jedoch nachweisen, in der fraglichen Zeit im Urlaub gewesen zu sein.

Das Gericht urteilte, alle Anschlussinhaber müssten ihren WLAN-Anschluss durch „angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr schützen, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden“. Es könne ihnen jedoch nicht zugemutet werden, „ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen“. Wer also heute mit WEP anstatt mit WPA2 absichert, ist im Schadensfall zumindest schadenersatzpflichtig im Sinne der Störerhaftung. Das Gericht beschränkte gleichzeitig die Abmahnkosten in solchen Fällen auf 100 Euro.

Für Freifunker und Hotspot-Betreiber belässt es die Bundesregierung damit bei der Rechtsunsicherheit, was bereits viele Cafes, die nicht ständig mit der Gefahr von Abmahnungen leben wollten, zur Aufgabe von freien Hotspots bewegt hat. Der digitale Graben, den die Regierung eigentlich zuschütten möchte, wird dadurch eher tiefer. Die Regierung geht davon aus, dass die Richter am BGH die Haftung zugunsten der WLAN-Betreiber entscheiden werden, falls ein Betroffener das Kostenrisiko trägt und einen solchen Fall bis vor den BGH bringt.

Darauf will das Land Berlin nicht warten und möchte, abgestimmt mit anderen Bundesländern, einen eigenen Gesetzentwurf des Bundesrats prüfen. Der Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning kritisierte die Haltung der Regierung in dieser Sache als „verantwortungslos“. Darüber hinaus existiert ein Gesetzentwurf (PDF) der Digitalen Gesellschaft, der von der Partei Die Linke eingebracht wurde. Dieser Entwurf zielt hauptsächlich darauf ab, dass mit der beibehaltenen Störerhaftung der Zugang zum Internet für einkommensschwache Menschen und insbesondere für Kinder aus solchen Familien unnötig erschwert sei, was ihre Chancen auf Bildung mindere.