Innenminister will strengeren Datenschutz für US-Riesen

Andreas Frischholz
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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will große „Internetkonzerne mit globaler Marktmacht“ beim Datenschutz nun doch stärker regulieren. Gegenüber dem Spiegel erklärte er, diese müssten „an die Leine genommen werden“ – und spricht sich für die EU-Datenschutzreform aus.

Von Friedrich eine ungewohnte Tonlage, bis dato zeichnete sich der Innenminister bei konkreten Datenschutzgesetzen eher als Bremser aus, der auf Selbstregulierung setzt – so hat er etwa bei der Regulierung von sozialen Netzwerken lediglich einen Verhaltenskodex gefordert. Nun plädiert er auch für strengere Regelungen bei der EU-Datenschutzreform, die er bislang eher skeptisch begleitet hat. Das Ziel sei es, europaweit ein hohes Datenschutzniveau durchzusetzen, das nicht hinter die derzeit in Deutschland geltenden Standards zurückfallen soll, verkündete Friedrich zusammen mit der für die Reform zuständigen EU-Kommissarin Viviane Reding. Beide trafen sich vor einigen Tagen anlässlich eines Treffens des EU-Ministerrats, bei dem man die bis dato bestehenden Meinungsverschiedenheiten beigelegt habe.

Auch bei dem viel diskutierten „Recht auf Vergessen“ ist Friedrich nun auf einer Linie mit Reding. „Es ist für viele eine Horrorvorstellung, ein Bild von sich im Netz zu haben, das man vielleicht nicht mehr herausbekommt“, so Friedrich gegenüber dem Spiegel. Dabei zeigt er sich zuversichtlich, dass die für Europa vorgesehen Standards auch von den großen US-Diensten berücksichtigt werden – mit den „500 Millionen Verbraucher im Rücken“ müssten sich „die Facebooks dieser Welt“ an den europäischen Regelungen orientieren. Diese nehmen das europäische Mammutprojekt auch nicht auf die leichte Schulter und lobbyieren gegen Pläne wie erhöhte Standards bei Privatsphäre-Einstellungen, das genannte „Recht auf Vergessen“ und die Regelung, dass Nutzer explizit bei der Weiterverarbeitungen von Daten zustimmen müssen.

So klagen EU-Abgeordnete nach wie vor über die massive Beeinflussung. Erst in der vergangenen Woche kritisierte die Bremer Datenschutzbeauftragte Imke Sommer, eine so starke Einflussnahme auf ein EU-Projekt seitens Unternehmen aus den USA und Europa habe sie noch nicht erlebt. Der Grünen-Politiker Jan Philipp Albrecht, Berichterstatter zur Datenschutzverordnung im EU-Parlament, begrüßt es indes, dass Friedrich und Reding das Datenschutzniveau nicht senken wollen. Allerdings verweist er auch auf die bislang vom EU-Ministerrat vorgeschlagenen Änderungen, die tendenziell zu einer Aufweichung der Datenschutzverordnung führen würden – und das zulasten der Verbraucher.

EU-Datenschutzreform in der entscheidenden Phase

Aktuell werde vor allem um die Definition von personenbezogenen Daten und die Rechte der Betroffenen gerungen, dementsprechend versuchen Lobbyisten in diesen Bereichen auch am meisten Einfluss zu nehmen, erklärte Albert kürzlich in einem Gespräch mit der Futurezone. Nach wie vor würden aber gute Chancen bestehen, dass die Reform letztlich zu einem Datenschutz „auf hohem Niveau“ führe. „Die Chance ist aber auch da, dass sich Interessen durchsetzen, die das bestehende Datenschutzrecht nicht mehr als adäquat empfinden und es eher absenken wollen“, sagte Albrecht. Dazu zählen etwa die US-Handelskammer „American Chamber of Commerce“, die unter EU-Abgeordneten dafür wirbt, dass Nutzer bei einer Weiterverarbeitung ihrer Daten nicht explizit eine Zustimmung erteilen müssen.

Dass die EU-Abgeordneten nicht nur indirekt beeinflusst werden, sondern teilweise sogar ganze Passagen wortgleich aus Lobby-Papieren von großen US-Anbietern wie Amazon oder eBay übernommen wurden, haben der Journalist Richard Gutjahr und der Student Max Schremm vom Projekt „Facebook vs. Europe“ belegt (PDF-Datei). Infolge dessen haben sie die Crowdsourcing-Plattform Lobbyplag ins Leben gerufen, über die der Text der geplanten Datenschutzverordnung auf potentielle Übereinstimmungen mit Vorschlägen von Lobby-Gruppen untersucht werden kann. Gesetzestexte werden allerdings nicht nur aus den Lobby-Papieren der großen Konzerne kopiert, dasselbe passiert auch auf Seiten der Datenschützer – allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß.

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