Netzneutralität: Petition bringt Debatte nicht voran

Andreas Frischholz
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Im Bundestag drehte sich die Anhörung über die Petition für eine gesetzlich verankerte Netzneutralität erneut um die Frage, wie weit das Gesetz gehen soll. Angesichts der „Managed-Services“-Pläne der Telekom fordert der Petent Johannes Scheller, Provider dürfen keine Inhalte, Dienste oder Anbieter benachteiligen.

Vor dem Ausschuss wiederholte Scheller die Kritik an den Drosselplänen der Telekom. Diese sehen vor, den Traffic von Telekom-Diensten wie IPTV aus dem Entertain-Paket nicht auf die Volumenbegrenzung anzurechnen. Andere Internetunternehmen sollen Gebühren zahlen, damit der Traffic ihrer Dienste nicht unter die Drosselung fällt. Damit ist allerdings „das Prinzip der Netzneutralität akut gefährdet“, sagte Schneller vor dem Ausschuss. Es bestehe die Gefahr eines „Zwei-Klassen-Netzes“.

Die von der Bundesregierung geplante Verordnung bezeichnet er als „zu schwammig und unpräzise“. Diese könnte sogar die Pläne der Telekom legalisieren, obwohl nicht „alle Datenpakete von Nutzern unabhängig von Ihrem Inhalt und Ihrer Herkunft“ gleich behandelt werden. Das Problem ist allerdings, dass diese Definition nirgendwo festgeschrieben ist. Daher fällt es der Telekom leicht zu argumentieren, für die Einhaltung der Netzneutralität müssten lediglich alle Anbieter gleich behandelt werden. Das wird gewährleistet, sofern alle dieselbe Möglichkeit haben, bei der Telekom die kostenpflichtigen Managed Services zu ordern.

Die Bundesregierung verteidigte zudem die Verordnung. FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz verwies auf „Nebeneffekte“, die in der „absoluten Forderung“ nach einem reinen „Best-Effort“-Internet nicht berücksichtigt werden. Das gelte etwa für Echtzeitdienste wie VoIP. Scheller entgegnete dem, die Netzneutralität werde nicht verletzt, wenn der Datenverkehr von Streaming- oder eben VoIP-Diensten etwa durch Traffic-Shaping bevorzugt wird. Der Verstoß erfolge erst dann, wenn nicht mehr technische, sondern wirtschaftliche Kriterien ausschlaggebend sind.

Darüber hinaus plädierte Scheller für eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, die Verordnung reiche nicht aus. Eine Forderung, der sich die Opposition anschließt, während die Bundesregierung ihr Vorgehen verteidigt. Mit einer Verordnung könne man „schnell und flexibel handeln“, sagte der CDU-Abgeordnete Reinhard Brandl. Allerdings ist immer noch unklar, ob die Pläne der Telekom mit der Verordnung unterbunden werden. Eine Vertreterin aus dem Wirtschaftsministerium antwortete auf entsprechende Fragen, die Verordnung beschreibt „eher allgemeine Sachverhalte“, man wolle keine „Lex Telekom“. Für die konkrete Ausgestaltung wäre die Bundesnetzagentur zuständig.

Damit dreht sich die Debatte im Kreis. Die Regulierungsbehörde kann angesichts der widersprüchlichen Verordnung keine zufriedenstellende Antwort geben, zumal nach wie vor konkrete Angaben zu den geplanten Managed Services der Telekom fehlen.

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