Abmahnkanzlei: Leichte Zweifel an RedTube-Abmahnungen

Andreas Frischholz
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Die Streaming-Abmahnungen gegen RedTube-Nutzer stehen rechtlich womöglich auf tönernen Füßen, räumt mittlerweile auch der Anwalt Thomas Urmann von der Kanzlei Urmann + Collegen (U+C) ein. Zunächst sollen aber die Verfahren gegen abgemahnte, aber nicht zahlungswillige RedTube-Nutzer wie üblich weiterlaufen, so Urmann im Focus.

Sollte aber „mit der Rechtekette etwas nicht in Ordnung“ sein, könne es zu Problemen kommen, die Schadensansprüche gegen betroffenen RedTube-Nutzer vor Gericht durchzusetzen. Keine unbegründeten Zweifel. Zuletzt machten Meldungen die Runde, dass sich die Rechte an den betroffenen RedTube-Filmen nicht im Besitz des Schweizer Unternehmens „The Archive AG“ befinden. Sollte das zutreffen, wäre damit die rechtliche Grundlage für die Abmahnungen hinfällig, die von der Kanzlei U+C im Auftrag von „The Archive AG“ verschickt wurden.

Die unklare Lage könnte einer der Gründe sein, warum U+C bislang noch keine weiteren Schritte gegen die abgemahnten RedTube-Nutzer eingeleitet haben soll. So lautet zumindest die Einschätzung von den Anwälten Christian Solmecke und Johannes von Rüden, die Hunderte der abgemahnten RedTube-Nutzer vertreten. Ihre Mandaten hätten die geforderten Abmahnkosten in Höhe von rund 250 Euro nicht gezahlt, ohne dass es zu juristischen Konsequenzen geführt hätte, berichtet der Focus.

Dass – möglicherweise – zu Unrecht abgemahnte Nutzer Schadensansprüche gegen die Kanzlei U+C geltend machen wollen, bringt Urmann nicht aus der Ruhe. Die abgemahnten RedTube-Nutzer hätten im schlimmsten Fall, so Urmann, „einen Schadenersatzanspruch gegen The Archive“. Seine Kanzlei wäre zudem „durch eine hohe Haftpflichtversicherung geschützt“. Obwohl sich die Streaming-Abmahnungen für die abmahnenden Kanzleien von einem potentiellen und lukrativen Geschäftsmodell zu einem mittelschweren Debakel gewandelt haben, zeigt sich Urman nicht sonderlich beeindruckt. Weder von den zahlreichen Kritikern noch von der Einschätzung der Bundesregierung, die das Betrachten von Streaming-Angeboten zwar grundsätzlich als legal einstuft, doch das letzte Wort dem Europäischen Gerichtshof zuspricht.

Die von der Kanzlei Müller Müller Rößner gestellte Strafanzeige bezeichnet Urmann im Bayrischen Rundfunk (BR) als „völliger, juristischer Unfug“. Gegenüber dem BR begründet der Anwalt Carl Christian Müller die Strafanzeige: „Aus unserer Sicht stellt es eine Nötigungshandlung dar, wenn ein Rechtsanwalt gegenüber rechtsunkundigen Verbrauchern einen rechtlichen Sachverhalt behauptet, der so glasklar nicht gegeben ist.“ Denn das Streamen von RedTube-Videos ist nach Ansicht von Müller keine Urheberrechtsverletzung.

Bei der Kanzlei U+C sieht man das anders. Selbst die einstweilige Verfügung gegen „The Archive AG“, die RedTube vor dem Landgericht Hamburg erwirkt hat – und die es dem Schweizer Unternehmen untersagt, weitere RedTube-Nutzer abzumahnen –, ist für Urmann kein Grund, vorschnell die weiße Fahne zu hissen: „Hier ist der Tenor so schmal vom Landgericht Hamburg formuliert, dass man mit geringsten Änderungen, wenn man wollte, weitere Abmahnungen versenden könnte“, sagte Urmann gegenüber dem BR. Im Gespräch mit der Mittelbayrischen Zeitung (MZ) bekräftigte er, dass weitere Nutzer von Porno-Plattformen mit juristischen Mitteln wie etwa Abmahnungen belangt werden könnten. Details werden zwar nicht genannt, doch die MZ zitiert Urmann mit der vagen Andeutung, in der kommenden Woche „wird es wieder stressig“.