Gefälschte Benchmarks eines „Bulldozer“-Prototypen

Update Michael Günsch
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Nachdem Ende Juni eine tschechische Webseite erste Benchmarks eines „Bulldozer“-Samples in einem SLI-Verbund publiziert hatte, folgen nun weitere Hinweise auf die Performance von AMDs neuer CPU-Architektur. Diesmal stammen sie von den türkischen Kollegen von Donanimhaber.

In ihrem Artikel beschreiben sie, wie sich ihr „Bulldozer“-Sample mit acht Kernen beziehungsweise vier Modulen in diversen Benchmarks schlägt und belegen die Ergebnisse mit entsprechenden Screenshots. Dabei handelt es sich angeblich um eine CPU im noch nicht für die Markteinführung bestimmten B1-Stepping, das laut diversen Gerüchten auch noch nicht die optimale Leistung liefert und zum Launch voraussichtlich durch das B2-Stepping ersetzt wird. Der in den Tests verwendete Prototyp mit einem Standardtakt von 3,2 GHz soll dank des neuen Turbo-Modus' (Turbo Core 2.0) bei Auslastung von allen acht Kernen auf 3,6 GHz und bei der Hälfte der Kerne auf 4,2 GHz beschleunigt werden. Als Mainboard diente das Gigabyte GA-990FXA-UD5 und für die Grafik war eine Nvidia GeForce GTX 580 zuständig.

Wie den Screenshots zu entnehmen ist, erzielte man mit dem Engineering-Sample unter anderem folgende Resultate:

  • 3DMark 11: 6.265 Punkte (P-Setting)
  • Fritz Chess Benchmark: 14.197 Kilo nodes pro Sekunde
  • PCMark 7: 3.045 Punkte
  • Cinebench R10 (64 Bit): 24.434 Punkte (Multi-Threaded)
  • Super Pi (1M): 19,5 Sekunden
  • x264-Benchmark: 136,29 FPS (Pass 1, Durchschnitt), 45,4 FPS (Pass 2, Durchschnitt)

Obgleich die Ergebnisse offenbar mit einem Vorserienchip in nicht finalem Stepping erzielt wurden und sie sich aufgrund der unterschiedlichen Testsysteme nicht direkt mit unseren Tests vergleichen lassen, liefern die Benchmarks zumindest ein grobes Bild von der voraussichtlichen (theoretischen) Leistung von AMDs FX-CPUs mit acht Kernen. Anhand der Ergebnisse aus 3DMark 11, Cinebench R10 und x264 würde sich das Sample gleich den ersten oder zweiten Platz in unseren Test-Rankings sichern und damit der Intel-Konkurrenz gehörig Paroli bieten, sofern man den nicht sinnvollen direkten Vergleich beider Testkonfigurationen zu Grunde legt. Insgesamt deutet sich demnach an, dass man Intels derzeit schnellstem „Sandy Bridge“ Core i7-2600K die Stirn bieten und ihn sogar knapp schlagen könnte, wenngleich in manchen Tests der Intel Core i7-980/990X nach wie vor die Referenz darstellt.

Einzig bei Super Pi schneidet die AMD-CPU beinahe schon traditionell eher schlecht ab und ist vergleichbaren Intel-CPUs deutlich unterlegen. Ob dies unter anderem bereits ein Hinweis darauf ist, dass die Single-Thread-Leistung von AMDs „Bulldozer“ nur wenig besser ausfallen wird als bei den Vorgängern, bleibt wie auch alles andere zunächst natürlich reine Spekulation. Die hohen Taktraten durch den Turbomodus dürften „Bulldozer“ in dieser Disziplin weiterhelfen, während die höhere Anzahl an (Integer-)Kernen bei Multi-Threaded-Anwendungen für einen Leistungsvorsprung sorgen könnte, was sich bereits in einigen Benchmarks widerspiegelt.

Geht man davon aus, dass die finalen „Bulldozer“-CPUs im B2-Stepping noch eine höhere Leistung besitzen könnten, dann würde AMD zumindest gegenüber den aktuellen Konkurrenzprodukten von Intel sehr gut aufgestellt sein. Die schnelleren und schon alleine aufgrund der technischen Daten beeindruckenden „Sandy Bridge-E“-CPUs von Intel werden voraussichtlich erst Anfang des nächsten Jahres erscheinen. Sofern AMD die Desktop-Prozessoren der FX-Serie Ende August oder im September 2011 auf den Markt bringt, könnte man bis 2012 das High-End-Segment des Endkundenmarkts vielleicht Seite an Seite mit Intel bestreiten. Jedoch ist davon auszugehen, dass Intel in diesem Falle mit schnelleren „Sandy Bridge“ kontern wird um erneut Druck ausüben und vielleicht die Performance-Krone bis zum Erscheinen von „Sandy Bridge-E“ halten zu können. Bis zum Erscheinen und ersten ausführlichen Tests von AMDs finalen FX-CPUs sind dies allerdings nur Spekulationen.

Wir danken unseren Lesern
für die zahlreichen Hinweise zu dieser News!

Update

Wie Donanimhaber in einem Statement als Update des oben beschriebenen Artikels verlauten lässt, ist man offenbar Opfer eines üblen Täuschungsmanövers geworden. Man räumt nun ein, dass die Testergebnisse des „Bulldozer“-Samples vom in der Szene bekannten User und Redakteur Obrovsky (OBR) stammen. Doch viel entscheidender ist, dass es sich bei den Resultaten um Fälschungen handeln soll. Per Blog-Eintrag amüsiert sich OBR auf der eigenen Seite nun köstlich darüber, dass seine an Donanimhaber übermittelten und gefälschten Benchmarks rund um die Welt von zahlreichen IT-Webseiten aufgegriffen wurden zu denen leider auch wir zählen. Ein Screenshot belegt zudem, dass die von Donanimhaber mit einem Wasserzeichen versehenen Bilder ursprünglich von ihm stammten. Weiterhin berichtet er, dass AMDs „Bulldozer“-Flaggschiff für den Desktop eher auf dem Leistungsniveau von Intels „Sandy Bridge“ bei deaktiviertem Hyper-Threading liegen soll. Somit sei der kommende FX-8150 eher als direkter Konkurrent des Core i5-2500K anzusehen und nicht des Core i7-2600K.

Screenshot als Beweis
Screenshot als Beweis

Diese und weitere Angaben von OBR zur Leistung von „Bulldozer“ wollen wir an dieser Stelle aber nicht weiter erwähnen und schon gar nicht analysieren. Aufgrund der verursachten Massentäuschung und der Art und Weise, wie OBR mit den Hoffnungen der AMD-Fangemeinde zu spielen scheint, sollte vor allem auch bei seinen Artikeln gelten, was er am Ende seines Blog-Eintrags schreibt: Man sollte nicht alles glauben, was im Internet steht!

Donanimhaber versichert aber, dass abgesehen von dem besagten Artikel zu den „Fake-Benchmarks“ alle bis heute von der türkischen Webseite veröffentlichten „Bulldozer“-News auf echten offiziellen AMD-Dokumenten beruhten. In der Vergangenheit hatte sich die Authentizität der Informationen auch in der Regel bestätigt. Nichtsdestotrotz ist man selbst bei eigentlich vertrauenswürdigen Internetseiten nicht vor falschen Angaben gefeit, wie sich nun zeigte. Was die Leistung von AMDs „Bulldozer“-Architektur anbelangt, tappen wir also weiterhin im Dunkeln.

Wir danken unserem Leser pcseeker
für den Hinweis zum Update!