Benchmarks: Intel Atom vs. VIA Isaiah (C8, Nano)

Thomas Hübner
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Mit dem Atom-Prozessor (Codename Silverthorne bzw. Diamondville) stößt Halbleiterriese Intel beim Stromverbrauch in Regionen vor, die bei x86-Chips bislang VIA vorbehalten blieben oder aber von ARM-basierten Architekturen (Xscale, ARM, Cortex) abgedeckt wurden. Es stellt sich die Frage: Was leistet der neue Chip?

Wie Intel die Marktpositionierung gegenüber ARM sieht, hat man mit Benchmarks im Rahmen eines Analystentreffens im März verkündet. An den Geschwindigkeitsvorteilen eines 1,2 oder 1,6 GHz schnellen Intel Atom gibt es dabei im Vergleich zu ARM wenig zu rütteln. Doch der Vergleich hinkt, denn ARM gibt für seinen Cortex-A8 einen Stromverbrauch zwischen 0,45 und 0,59 Milliwatt pro MHz an. Bei einem Takt von 1 GHz entspricht dies einem Stromverbrauch von unter 0,6 Watt. Die für den Einsatz in Mobile Internet Devices (MIDs) konzipierten Atom-Chips mit dem Codenamen Silverthorne verbrauchen jedoch wesentlich mehr Strom, wie die folgende Tabelle zeigt.

Intel Atom-CPUs (Silverthorne) für Centrino Atom (Menlow) im Überblick
Model Takt Hyper-
Threading
TDP
(mit HT)
Average
Power
Idle
Power (C6)
FSB L2-Cache Die-Size Preis
Atom Z500 800 MHz X 0,65 W 160 mW 80 mW 400 MHz 512 kB 7,8x3,1 mm $45
Atom Z510 1,1 GHz X 2,00 W 220 mW 100 mW 400 MHz 512 kB 7,8x3,1 mm $45
Atom Z520 1,33 GHz 2,00 W (2,20 W) 220 mW 100 mW 533 MHz 512 kB 7,8x3,1 mm $65
Atom Z530 1,60 GHz 2,00 W (2,20 W) 220 mW 100 mW 533 MHz 512 kB 7,8x3,1 mm $95
Atom Z540 1,86 GHz 2,40 W (2,64 W) 220 mW 100 mW 533 MHz 512 kB 7,8x3,1 mm $160

Legt man für einen Vergleich mit dem ARM Cortex-A8 Intels Thermal Design Power zugrunde, dann kann nur der Atom Z500 mit dem 1,0 GHz schnellen ARM-Chip mithalten. Während Intel erwartet, dass ein 1,6 GHz Atom Z530 mit HyperThreading doppelt so schnell wie ein 1,0 GHz Cortex-A8 ist, könnte eine Atom mit nur 800 MHz und ohne HyperThreading bei Verbrauch, Performance und Performance/Verbrauch als Verlierer aus dem Rennen gehen. Selbst wenn ein Vergleich auf Basis der Average Power (gemessen in MobileMark 2005 Office Productivity) herangezogen wird, so darf der Stromverbrauch des vom Atom benötigten Poulsbo-Chipsatzes (System Controller Hub UL11L, US15L, US15W) nicht unberücksichtigt bleiben – die Thermal Design Power beträgt immerhin beachtliche 1,6 – 2,3 Watt. Die ARM-Architekturen werden dagegen häufig in SoC-Designs von Samsung, Texas Instruments und anderen verwendet und können daher auf stromhungrige Zusatzchips verzichten. (Im SoC macht der ARM-Core nur einen Teil des Gesamtverbrauchs aus. Ein SoC ist jedoch stromsparender als Multi-Chip-Lösungen.)

Je nach Betrachtungsweise scheint Intels Atom für Centrino Atom entweder zu schnell oder stromhungrig zu sein, auch wenn der Support der x86-Architektur bereits jetzt ein gewichtiges Argument für OEMs ist. Auch Intel weiß um diesen Umstand und möchte daher erst mit dem Atom-Nachfolger Lincroft/Moorestown 2009/2010 den Handy/Smartphone-Sektor bedienen.

Für den den Einsatz in Netbooks oder Nettops ist der Intel Atom dagegen wie geschaffen: Stromsparend, leistungsfähig und preisgünstig. Der Codename des Atom für dieses Segment lautet Diamondville. Der Chip wird eine TDP von 4 Watt besitzen und mit einem Takt von 1,6 GHz sowie HyperThreading aufwarten können. Das Ganze soll ab Juni für 29 US-Dollar (bei der Abnahme von 1000 Stück) zum Kunden kommen. Intel „wildert“ damit in Bereichen, die bislang VIAs C7-Familie vorbehalten waren. Während alle Prozessoren allgemein als äußerst langsam gelten, hat VIA kürzlich mit dem Isaiah (wahrscheinlich C8) ein äußerst interessantes Out-of-Order-Prozessordesign vorgestellt, welches das beste Rechenleistung-pro-Watt-Verhältnis aller erhältlichen Chips am Markt bieten soll.

Zu allem Übel hat Intel mit den eigenen Aussagen im Grafikkartenbereich (Raytracing ist die Zukunft, Larrabee, größter Grafikkartenhersteller) Nvidia merklich verärgert – beim letzten Nvidia-Analystentreffen war in den ersten Stunden allein Intel das Thema (der aufgezeichnete Webcast ist absolut hörenswert). Infolgedessen sind Nvidia und VIA eine Kooperation eingegangen, bei der der Grafikchip-Experte den passenden Chipsatz für den C8-Prozessor liefern soll. Man hat es sich dabei nicht nehmen lassen, darauf hinzuweisen, was der für Diamondville vorgesehene 945GC-Chipsatz alles nicht kann. Und dafür, dass er wenig kann, verbraucht er mit 20 Watt TDP noch ordentlich Strom. Für weitere Information über Netbooks (mit 945GSE-Chipsatz) und Nettops sei an dieser Stelle auf die Bildgalerien am Ende der Meldung verwiesen.

Bei all der Freude über Intels Atom und den VIA C8 zählen am Ende aber nur Benchmarks. Nach unseren SuperPI-Benchmarks des Intel Atom „Silverthorne“ mit 1,6 GHz konnte Eee PC News einen „Diamondville“ mit CrystalMark vermessen. Im Vergleich zu SuperPI gehört CrystalMark zu den Benchmarks, die von Multicores oder Multithreading beachtlich profitieren. Für die Messungen kam ein Engineering Sample von „Little Falls“ zum Einsatz. Das Mainboard samt verlöteten Intel-Atom-Prozessor mit 1,6 GHz ist nichts anderes als der Nachfolger von „Little Valley“ (D210GLY). Der 1,6 GHz schnelle Intel Atom 230 wird mit einem 1,6-GHz-VIA-Isaiah verglichen, dessen Performancedaten anscheinend auf linear skalierten Messungen eines 1,0 GHz-Modells basieren, deren Leistungsdaten der Webseite vor einer Woche zugespielt wurden. Sofern eine lineare Interpolation durchgeführt wurde, ist diese bei den von CrystalMark durchgeführten synthetischen Benchmarks absolut zulässig. Das folgende Diagramm zeigt die von Eee PC News entnommenen Leistungsdaten.

CrystalMark 2004R3 (Eeepcnews.de)
  • ALU:
    • 1,6 GHz VIA C8 (Isaiah)
      7.619
    • 1,6 GHz Celeron-M (Merom-L?)
      6.080
    • 1,6 GHz Intel Atom (Diamondville-SC)
      5.472
    • VIA 1,6 C7 (Esther)
      2.890
  • FPU:
    • 1,6 GHz Celeron-M (Merom-L?)
      7.309
    • 1,6 GHz VIA C8 (Isaiah)
      4.762
    • 1,6 GHz Intel Atom (Diamondville-SC)
      4.601
    • VIA 1,6 C7 (Esther)
      2.664
Einheit: Punkte

Die Werte sind dabei aus mehrerlei Hinsicht interessant. So ist es VIA mit dem Isaiah gelungen, ein äußerst konkurrenzfähiges Design zu entwerfen, das die Performance im Bereich arithmetisch-logischer Operation im Vergleich zum C7 mehr als verdoppeln kann. Darüber hinaus steigt auch die Floating-Point-Geschwindigkeit beachtlich, ohne den Stromverbrauch in die Höhe zu treiben. So soll sich der 1,6 GHz schnelle C8 mit 3,6 Watt begnügen. Andererseits können die Ergebnisse des Diamondville nur auf den ersten Blick überzeugen. Während die Kontrahenten im FPU-Test recht eng beieinander liegen, ist die Performance des Isaiah im ALU-Test 40 Prozent höher.

Doch die Messungen verraten indirekt noch mehr: Diamondville unterstützt HyperThreading – der Single-Core-Chip kann also zwei Threads gleichzeitig verarbeiten, um die Funktionseinheiten effektiver auszulasten und Speicherlatenzen zu verstecken. Üblicherweise zeigen synthetische Benchmarks, zu denen auch CrystalMark gehört, unter Einsatz von Multithreading eine (bei normalen Applikationen unrealistische) Leistungssteigerung von beinahe 100 Prozent. Sofern diese Erfahrungswerte auch auf Diamondville übertragbar sind und HyperThreading im Test aktiv war, ist eine Single-Thread-Performance abzuschätzen. Diese dürfte in etwa bei 2800 bzw. 2400 Punkten für ALU und FPU liegen. Intels neue 2fach-skalare In-Order-Prozessorarchitektur wäre damit nicht leistungsfähiger als die eines VIA C7. Die Leistungsdaten würden wiederum unsere SuperPI-Ergebnisse bestätigen, wonach selbst ein mit 900 MHz getakteter Celeron schneller als ein 1,6 GHz Intel Atom ist.

Die Leistung des Intel Atom wäre folgerichtig maßgeblich vom Workload abhängig, während VIAs C8 auch bei Single-Thread überzeugen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Leistungsmessungen von Eeepcnews.de authentisch sind. Ein 2,4 GHz schneller Core 2 Quad Q6600 erreicht in beiden CrystalMark-Tests übrigens knapp 40.000 Punkte.

Zusätzlich zur Single-Core-Version wird Intel im dritten Quartal dieses Jahres eine Dual-Core-Version (Diamondville-DC) präsentieren, die mit Hilfe von HyperThreading vier Threads gleichzeitig ausführen könnte. Derzeit ist unbekannt, ob der Halbleiterriese auch bei dieser Version HyperThreading aktivieren wird oder es bei zwei Threads belässt. Auch bei VIA hat die Entwicklung eines Dual-Core-C8 nach eigenen Aussagen bereits begonnen.

Intels Plattformen für Netbooks und Nettops (2008)

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