„Killerspiele“: staatliche Prüfstelle gefordert

Jirko Alex
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Fast immer, könnte man meinen, wenn eine Diskussion im Sande verläuft, findet sich jemand, der mit neuen Parolen auf der geschwenkten Fahne für mehr Betrieb sorgen will. Diesmal an der Reihe: Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Dieser forderte jüngst die Umsetzung einer rein staatlichen Prüfstelle für Computerspiele. So habe die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) seiner Einschätzung nach versagt, was sich darin äußere, dass selbst brutalste Computerspiele mitunter eine Altersfreigabe von 16 Jahren erhielten. Ein Beispiel blieb Uwe Schünemann in dem entsprechenden Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung zwar schuldig, sein Pressesprecher verwies auf Nachfrage jedoch auf das in letzter Zeit oft genannte „GTA: San Andreas“. In diesem existieren Kettensägen, es gäbe „brutalste Tötungsszenen“, aber freigegeben ist das Spiel ab 16.

In der Tat kann der Spieler in dem Computer- und Konsolenspiel eine Kettensäge als Mordinstrument nutzen. Brutalste Tötungsszenen mit dieser kann sich aber auch Hersteller Take2 nicht erklären:

„Es gibt in dem Spiel eine Kettensäge und wenn man mit ihr Menschen berührt, fallen sie um. Brutalste Tötungsszenen sind nicht möglich, man kann keine Gliedmaßen absägen oder so etwas.“

Jochen Färber, Pressesprecher Take2

Dennoch fordert Schünemann einen Zusammenschluss der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Zudem sollen nicht nur Pastoren und Sozialarbeiter einen prüfenden Blick auf die Spiele werfen, sondern auch Kriminologen, die seiner Meinung nach bisher zu Unrecht außen vor gelassen wurden. In diesem Zusammenhang erwähnt Niedersachsens Innenminister die Feststellung, dass „die überwiegende Zahl der Amokläufer, die wir in den letzten Jahren hatten, [...] solche Spiele betrieben [hat].“ Und auch, wenn nicht jeder, „der Killerspiele auf dem Computer hat“, zum Amokläufer wird, so bestehe hier ein Zusammenhang.

Dass dieser Zusammenhang wissenschaftlich nicht belegt ist und diese stereotype Ursache-Wirkung-Kette gleichwohl auf andere Faktoren übertragen werden kann, schien Uwe Schünemann unterdessen schon vor fast einem Jahr egal zu sein. Schon damals forderte er in einem Gespräch mit Spiegel Online ein Verbot der medienwirksam „Killerspiele“ genannten Videospiele:

„Wir dürfen nicht warten, bis spektakuläre Einzelfälle von jugendlichen Amokläufern – wie 2002 in Erfurt – zu Opfern führen, sondern müssen präventiv handeln.“

Schünemann im Spiegelinterview vom 19. 06. 2006

Beruhigend, dass nicht alle Organe der Regierung einen präventiven Schnellschuss gutheißen wollen und so beispielsweise der Gesetzesentwurf aus Bayern vor fast zwei Monaten durch den Bundesrat abgelehnt wurde, um auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu warten.