Musikindustrie geht gegen Filesharer-Anwalt vor

Jirko Alex
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Zynischer Weise müsste man vermuten, dass die US-Musikindustrie erhebliche Probleme mit der Verteidigung der von ihnen angeklagten Filesharer hat. Tatsächlich beantragte die Recording Industry Association of America (RIAA) nun eine Geldstrafe für einen der bekannteren Anwälte der Gegenseite.

Im Visier befindet sich deshalb Ray Beckerman, Verteidiger der seit über drei Jahren angeklagten Marie Lindor. Diese wurde für das illegale Herunterladen von aktlich festgehaltenen 38 Songs angeklagt, für die sie einen Schadensersatz in Höhe von 750 US-Dollar zahlen soll. Das Verfahren ziehe sich laut RIAA hin, was auch daran liege, dass Beckermann mit seinem „lästigen Verhalten“ die Ermittlungen der US-Musikindustrie behindere. Der Anwalt stellte im Laufe des Prozesses nicht nur die Integrität des Ermittlungsbüros in Frage, das mit der Beschaffung der Daten betraut wurde, er verlangte auch die Offenlegung der Großhandelspreise für einen Musik-Download, um die Unverhältnismäßigkeit der Schadensersatzforderungen zu verdeutlichen. Zudem dokumentiert Beckerman in einem eigenen Blog tausende Fälle von Verfahren der RIAA gegen Privatpersonen. Den Internetauftritt missbrauche er dabei, so die US-Musikindustrie weiter, für seine eigene Kampagne.

Die RIAA forderte daher ein Bußgeld für die Beklagte Marie Lindor und ihren Anwalt. Gleichzeitig beantragte sie jedoch die Einstellung des Verfahrens, da dessen Integrität untergraben worden sein soll. Lindors Anwalt hält die Vorwürfe hingegen für „unseriös und unverantwortlich“ und sieht in ihnen den Versuch, den Prozess noch abzuschließen, ehe man auf den Gerichtskosten sitzen bleibe. Er könnte gute Chancen haben, dass die Richter der Argumentation der RIAA nicht folgen. Vor allem der Angriff auf Beckermans Blog wird als mutig bezeichnet, da die Redefreiheit hiermit angezweifelt wird. Dass zudem gerade die RIAA, die in den letzten Jahren zehntausende Klagen auch gegen Tote, Senioren und Kinder anstrengte, wie ein Kollege Beckermans anmerkte, eine Kampagne beklage, sei zumindest ironisch.