ELENA mit 35 Mio Datensätzen und vielen Kritikern

Jirko Alex
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Mit dem Elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) will die Bundesregierung die Bürokratie in Behörden abbauen, die mit einkommensrelevanten Daten versorgt werden müssen. Die Datenbank, die seit dem 1. Januar dieses Jahres gefüttert wird, umfasst bereits 35 Millionen Datensätze, obwohl noch nicht alle Bedenken ausgeräumt sind.

ELENA wurde spätestens im März des vergangenen Jahres auf den Weg gebracht, als der Bundesrat der Erstellung der zentralen Datensicherung zustimmte. Geplant ist die Übermittlung eines Datensatzes für jeden Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber, der unter anderem Informationen zur Rentenversicherungsnummer, dem Namen und Wohnort, dem Einkommen sowie den Fehl- und Arbeitszeiten enthält. Mit diesem Datensatz soll es sozialen Ämtern wie der Agentur für Arbeit, Kindergeldstellen oder Justizbehörden einfacher möglich sein, über Anträge zu entscheiden, die soziale Hilfestellungen zum Inhalt haben. Die für diese Entscheidung nötigen Datensätze sind nämlich in der Zentralen Speicherstelle (ZSS) gespeichert, die vom Bund Deutscher Rentenversicherungen (DRV) unterhalten wird, und müssen nicht mehr in Papierform vorgebracht werden.

Für den Zugriff auf die Daten wird ein aufwändiger Verschlüsselungsmechanismus genutzt, der unter anderem auf eine Diversifizierung des an sich eindeutig zuordenbaren Datensatzes setzt. So werden zwar alle Daten an die ZSS übermittelt, dort wird der Datensatz jedoch von der Rentenversicherungsnummer getrennt, die wiederum von den Registratur Fachverfahren (RFV), betrieben von der Informationstechnischen Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG), verwaltet wird. Der Datensatz allein ist damit keiner Person zuordenbar, die RFV hingegen kann zwar den Personenbezug herstellen, die Daten aber nicht lesen. Darüber hinaus soll eine Mehrfachverschlüsselung für höchste Datensicherheit sorgen. Behörden soll es nur dann möglich sein, auf die für sie relevanten Daten zuzugreifen, wenn der Betroffene selbst dem mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zustimmt.

ELENA-Verfahren
ELENA-Verfahren

Ab 2012 sollen alle Entscheidungen über Sozialleistungen nur noch mithilfe von ELENA getroffen werden. Bis dahin ist eine zweijährige Sammlung der Datensätze vorgesehen, die insgesamt für je vier Jahre gespeichert werden sollen. Bis 2012 muss sich allerdings auch ein jeder potenzielle Empfänger von Sozialleistungen – also jeder Arbeitnehmer – mit einer Chipkarte ausrüsten, die eine qualifizierte elektronische Signatur zur eindeutigen Identifikation enthalten kann. Dies kann etwa ein neuer elektronischer Personalausweis oder auch eine EC-Karte sein. Ziel des Verfahrens ist es, Unternehmen und Behörden zu entlasten und Arbeitnehmern eine schnellere Bearbeitung ihrer Fälle zu ermöglichen.

Es gibt jedoch auch datenschutzrechtliche Bedenken. So ist die Teilnahme an dem Elektronischen Entgeltnachweis verpflichtend. Der Aufbau einer zentralen Speicherstelle für personenbezogene Daten, die zudem trotz der Verschlüsselungs- und Diversifizierungsvorgänge zu einem personenbezogenen Profil verbunden werden könnten, widerspricht darüber hinaus verfassungsrechtlichen Bedenken wie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Mehr noch gibt es Bedenken hinsichtlich der Objektivität der gesammelten Daten, die allesamt vom Arbeitgeber übermittelt werden. Dieser kann etwa im Kündigungsfall auch Freitext-Felder ausfüllen, die das vertragswidrige Verhalten beschreiben. Der Arbeitnehmer müsste sich in einem solchen Fall nachträglich gegen die Einträge wehren, kann diese selbst aber nicht einsehen.

Darüber hinaus wird der Regierung vorgeworfen, mit ELENA hauptsächlich die Etablierung elektronischer Signaturverfahren voranzutreiben. Ein entsprechendes Gesetz wurde bereits 1997 verabschiedet, seit dem haben sich aber kaum entsprechende Verfahren im Alltag durchgesetzt. Es fehlt bisher an der kritischen Masse, die dabei hilft, digitale Signaturverfahren durchzusetzen. Mit der Verpflichtung der arbeitenden Bundesbürger zur ELENA-Teilnahme und dem Besitz einer qualifizierten elektronischen Signatur wird das Problem durch Zwang gelöst. International spielt Deutschland damit eine Vorreiterrolle und könnte sich so eine Führungsposition bei der Etablierung von eigenen Daten- und Verfahrensstandards sichern. Bereits jetzt gibt es laut Bundeswirtschaftsministerium ausländische Regierungen, die sich für das System interessieren.

Gegen das ELENA-Verfahren lief bereits eine Online-Petition, die es auf über 27.000 Mitzeichner brachte. Auch eine Verfassungsbeschwerde unter der Organisation des Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V. (FoeBuD) wird aktuell auf den Weg gebracht und kann per Briefteilnahme unterstützt werden. Bisher beteiligten sich knapp 18.000 Unterstützer an der Aktion.