Software-Patente in Europa kommen

Steffen Weber
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In einer gestrigen Sitzung des Ministerrats der Europäischen Union wurde der Weg für Software-Patente geebnet. Obwohl die Volksvertreter Deutschlands bei den Demonstrationen vergangene Woche bekannt gaben, gegen Software-Patente zu stimmen, haben sie sich letztendlich nicht an ihr Wort gehalten und den Vorschlag abgenickt.

Als nächstes muss dieser Beschluss noch einmal vom Europäischen Parlament, welches im Juni neu gewählt wird, bestätigt werden. Es wird allerdings nicht davon ausgegangen, dass dieses den Beschluss des Ministerrats noch kippt. Angeblich machte sich Deutschland zumindest dafür stark, dass Entwickler freier Software nicht allzu sehr von Software-Patenten betroffen sind. Was das konkret bedeutet, scheint derzeit noch nicht klar zu sein. Man hat anscheinend unter anderem durchgesetzt, dass eine Erfindung neben dem technischen Beitrag zudem tatsächlich „neu“ sein muss - eine Formulierung, die dehnbar wie Kaugummi ist.

Während EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein die Entscheidung begrüßte, da sie angeblich Investitionen in Forschung fördere und somit Fortschritt sicher stelle, findet sich im Heise Newsticker auch eine Stellungnahme des Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII):

Im Konzert mit der deutschen Delegation ist es Bolkestein gelungen, einen Scheinkompromiss auszuhandeln, der eine knappe qualifizierte Mehrheit auf die Seite des irischen Dokumentes ziehen konnte. Was ein „technischer Beitrag“ sei, werde weder definiert noch erklärt; nach wie vor dürfe dieser technische Beitrag ganz aus untechnischen Merkmalen bestehen. Bei dem von der Bundesregierung in Brüssel durchgesetzten Dokument handelt es sich um einen Vorschlag zur grenzenlosen Patentierbarkeit und Patentdurchsetzbarkeit, der in seiner Radikalität den ursprünglichen Vorschlag der Kommission in den Schatten stellt.

Welche Folgen das uns aller Voraussicht nach bald erwartende Patent-Gesetz haben könnte, verdeutlicht ein älteres Zitat von Bill Gates, welches wir vom 3DCenter, das in einem aktuellen Artikel ausführlich auf die Probleme von Software-Patenten eingeht, zugespielt bekommen haben :

Die Lösung ... ist Patenttausch ... und so viele Dinge zu patentieren, wie wir nur können. Eine zukünftige Einsteiger-Firma ohne jegliche Patente wird gezwungen sein, jeden Preis zu zahlen, den die Großen für die Nutzung ihrer Patente haben wollen. Dieser Preis könnte sehr hoch sein: Bestehende Firmen haben ein Interesse daran, zukünftige Mitbewerber vom Markt auszuschließen.